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Kreuzimpfung? "Kombi scheint effizient zu sein"

Dr. Robert Spiegel steht einer Kreuzimpfung grundsätzlich positiv gegenüber, verweist aber auf das nationale Impfgremium.
Dr. Robert Spiegel steht einer Kreuzimpfung grundsätzlich positiv gegenüber, verweist aber auf das nationale Impfgremium.
Joachim Mangard (VOL.AT) joachim.mangard@russmedia.com
Vektor- und mRNA-Impfstoffe kombinieren? Dr. Robert Spiegel stand VOL.AT Rede und Antwort. Trotz positiven Trends mahnt der Dornbirner Impfkoordinator zur Vorsicht und vor zu vielen Lockerungen.

VOL.AT: Rund 50 Prozent der Angemeldeten in Vorarlberg haben zumindest eine Erst-Impfung erhalten. Wie lautet ihr erstes Fazit als Impfkoordinator des Dornbirner Zentrums?

Dr. Robert Spiegel: Insgesamt – auf Erst und Zweitimpfung gerechnet – brauchen wir 500.000 bis 600.000 Impfungen in Vorarlberg. Derzeit sind rund 240.000 Erst- und Zweitimpfungen gemacht, als sind wir noch nicht einmal in der Halbzeit. Die Erfahrungen mit den Zentren sind sehr gut. Sie sind effizient, haben praktisch keine Wartezeiten und sind aufgrund ihrer Planung mit Anmeldung, Impf-, Warte- und Notfallbereich sehr sicher. Sobald wir eine kritische Grenze der Durchimpfung durchbrochen haben, sollten die niedergelassenen Ärzte übernehmen können.

VOL.AT: In Deutschland wird eine Kreuz-Impfung bereits durchgeführt, das österreichische Impfgremium wartet noch ab. Wie stehen sie zu einer Kombination von Vektor- und mRNA-Impfstoffen?

Dr. Robert Spiegel: Medizinisch gesehen sollte das kein Problem sein, aber wir halten uns sehr genau an die Empfehlungen des nationalen Impfgremiums. Um Vor- und Nachteile zu beurteilen, fehlen noch ausreichende Studien, die Kombination scheint jedoch effizient zu sein.

VOL.AT: Aktuell wird auch debattiert, ob Genesene mit einer einzelnen Impfung schon Immunität erlangen. Wie stehen Sie dem gegenüber? Reicht eine Impfung nach überstandener Infektion?

Dr. Robert Spiegel: Auch hier fehlen die Erfahrungen und Langzeitdaten. Genesen und einmal  geimpft scheint ausreichend Schutz vor einer schweren Zweiterkrankung zu geben. Inwieweit das Potenzial einer Ansteckung in diesen Fällen für ein Wiederaufflammen der Infektionskette gegeben ist, wissen wir noch nicht. Ebenso ist noch nicht entschieden, ob diese Konstellation im Sinne einer Green Card international anerkannt wird. Wir raten im Augenblick, vor allem Personen, die eine Reisetätigkeit planen, sich trotzdem zweimal impfen zu lassen.

VOL.AT: Impfmutationen wie die indische Variante rücken aktuell wieder in den Fokus, auch wegen einer Ausbreitung in Großbritannien. Wie beurteilen Sie die Gefahr für Vorarlberg?

Dr. Robert Spiegel: Die indische Variante scheint mit den derzeit zugelassenen Impfungen in Europa gut beherrschbar. Es werden im Laufe der Zeit noch viele Mutationen auftauchen.  Dies ist auch der Grund, die Impfungen weltweit auszurollen und die Bemühungen der COVAX (Initiative, die einen weltweit gleichmäßigen und gerechten Zugang zu Covid-19-Impfstoffen gewährleisten will, Anm. d. Red.) massiv zu unterstützen.

VOL.AT: Geplante weitere Öffnungsschritte sorgen erneut für Schlagzeilen. Wie beurteilen Sie weitere Maßnahmen wie eine verminderte Maskenpflicht, Öffnungen im Vereinswesen, verlängerte Sperrstundenregelungen oder Treffen mit mehreren Personen?

Dr. Robert Spiegel: Ich habe großes Verständnis, dass die Beschränkungen zeitnahe gelockert werden müssen, da die Belastbarkeitsgrenze vieler Menschen erreicht ist. Medizinisch gesehen halte ich eine vorsichtige Vorgangsweise für sinnvoll, also genügend Abstand im Freien, Masken in geschlossenen Räumen, weiterhin genaue Diagnostik im Sinne von Tests und konsequentes Tracing. Eine Rückkehr der "Vor-Corona-Normalität" erscheint mir diesen Sommer noch deutlich zu früh. Zudem halte ich die Vorgangsweise, Anlass-bezogen, z.B. bei Veranstaltungen, Schnelltests anzubieten oder im privaten Kreis zu vereinbaren, für sehr praktikabel.

VOL.AT: Der grüne Pass wird ebenfalls heftig diskutiert. Glauben Sie, dass sich eine Art "passive" Impfpflicht durchsetzen wird? Wie stehen Sie zu einer Impfpflicht für Gesundheitsberufe oder pädagogische Einrichtungen?

Dr. Robert Spiegel: Natürlich wird sich die passive Impfpflicht bis auf wenige Ausnahmen durchsetzen. Wenn es uns aber gelingt, möglichst rasch rund 70 Prozent der Bevölkerung zu impfen, ist die Zeitschiene nicht mehr so dringlich. Eine Impfpflicht für medizinische Berufe mit Patientenkontakt halte ich für unabdingbar, allerdings wird man ohne Hepatitis-B-Impfung auch nicht in der Krankenpflegeschule aufgenommen. Bei den Lehrberufen würde ich es für die Elementarpädagogik empfehlen. Ich rate aber, mit solchen Forderungen die Entwicklung des nächsten Herbstes abwarten und deren Dringlichkeit dann zu beurteilen.

VOL.AT: Im Herbst spricht der Gesundheitsminister bereits von einer dritten Impfung. Wie lange wird uns das Virus begleiten?

Dr. Robert Spiegel: Auf die Ergebnisse ob, wann und welche Impfung im Herbst als Auffrischung notwendig sein wird, warten wir alle mit großer Spannung. Persönlich rechne ich mit einer, in Zukunft saisonalen, jährlichen Impfung, etwa analog der Influenza-Impfung, vor allem für Risikopatienten. Ich hoffe sehr, dass uns die Notwendigkeit einer neuerlichen, pandemisch getriggerten Impfaktion erspart bleibt. Leider ist die Fokussierung auf diese sehr entscheidende Frage bis jetzt mehr als mangelhaft. Hoffentlich machen wir nicht den Fehler von 2020, beschäftigen uns fröhlich mit Lockerungen für den Sommer und lassen die möglichen Szenarien für den Herbst einfach außen vor.

Wirksamkeit der Kreuzimpfung

Auch der als Science Buster bekannte Molekularbiologe Martin Moder äußerte sich kürzlich zum Thema Kreuzimpfung und empfiehlt zumindest die Auseinandersetzung mit dem für Österreich bald relevant werden könnenden Thema.

(VOL.AT)

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