Kopftuchverbot an Schulen: Regierung rechnet mit rund 12.000 betroffenen Mädchen
2019 - als das später vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) gekippte erste Kopftuchverbot beschlossen wurde - seien es noch 3.000 gewesen, sagte Familien- und Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP) am Donnerstag bei einer Pressekonferenz. Der Nationalrat soll die Maßnahme im Dezember als einfaches Gesetz beschließen.
Die Zahlen hätten Expertinnen und Experten anhand einer Studie aus dem Jahr 2019 hochgerechnet, sagte Plakolm, der Anteil muslimischer Schüler hätte sich seither verändert. Damals hätten 10,7 Prozent der muslimischen Schülerinnen unter 14 Jahren Kopftuch getragen, so NEOS-Klubobmann Yannick Shetty. Aktuelle Zahlen gebe es noch nicht. In Zukunft soll aber laufend erhoben werden, wie sich die Fallzahlen und Hintergründe entwickeln. Früher sei der Druck vor allem aus der eigenen Familie gekommen, nun komme er von vermeintlichen Vorbildern auf Social Media, führte Plakolm aus.
Verfassungsbestimmung vom Tisch
Aufgrund von Bedenken, dass auch dieses Gesetz vor dem VfGH nicht halten könnte, hatte sie sich in der Vergangenheit ein Gesetz in Verfassungsrang gewünscht, für das eine Zweidrittelmehrheit notwendig gewesen wäre. Vor allem die SPÖ hatte sich allerdings dagegengestemmt. Es sei ein "No-Go", eine Maßnahme als Verfassungsgesetz zu beschließen, "obwohl man massive Bedenken im Hinblick auf die Verfassungskonformität hat", sagte auch Shetty. Die Verfassungsbedenken seien nun aber aus dem Weg geräumt worden.
Staatsschutz-Staatssekretär Jörg Leichtfried (SPÖ), Plakolm und Shetty zeigten sich zuversichtlich, dass das Verbot halten wird. Begriffe und Altersgrenzen seien nach der Begutachtung präzisiert worden, stellte die Integrationsministerin fest. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) und der VfGH würden Eingriffe in die Religionsfreiheit für zulässig halten, wenn sie sachlich gerechtfertigt sind. Shetty wies auf "starke Begleitmaßnahmen" wie einem Ausbau von Burschenarbeit und "Empowerment-Projekten" für Mädchen hin.
Kopftuchverbot an Schulen: Kinderkopftuch "Zeichen der Unterdrückung"
"Ein Kopftuch an einem elfjährigen Mädchen ist und bleibt ein Zeichen der Unterdrückung", begründete Plakolm die Notwendigkeit des Verbots. Dass Kindern eingeredet werde, dass sie sich verstecken und vor den Blicken fremder Männer schützen müssten, würde ihre Entwicklung massiv einschränken: "Mädchen entwickeln Schamgefühle, sie bekommen ein verzerrtes Körperbild, ein instabiles Selbstwertgefühl und geraten häufiger in soziale Isolation und Mobbing." Das zwangsweise Tragen eines Kopftuchs gehe denn auch mit frühzeitiger Sexualisierung einher, sagte Leichtfried. Alle religiösen Symbole aus Schulen zu verbannen wäre hingegen eine "Themenverfehlung", wenn es darum gehe, Mädchen vor Unterdrückung zu schützen, so Plakolm.
Das Verbot des Tragens eines Kopftuchs nach islamischer Tradition gilt in der Schule, aber nicht außerhalb, ausgenommen sind also beispielsweise Skikurse. Schließlich gebe es im öffentlichen Raum zusätzliche Schutzrechte, sagte Plakolm. Das Verbot startet ab den Semesterferien 2026 mit einer "Aufklärungsphase", Sanktionen sind ab dem Schuljahr 2026/27 möglich. Der Strafrahmen beträgt 150 bis 800 Euro. Strafen kommen allerdings erst nach Gesprächen und mehrmaligen Verstößen zur Anwendung.
Für die FPÖ kann das Vorhaben "höchstens ein erster Schritt sein", wie es am Donnerstag in einer Aussendung hieß. "Das Kopftuch ist ein Symbol des politischen Islam, der Unterdrückung und Bevormundung von Frauen und hat daher in unseren Schulen überhaupt nichts zu suchen", sagte Familiensprecherin Ricarda Berger. Das Verbot müsse in weiterer Folge "auch auf alle Schülerinnen, Lehrerinnen und Betreuungspersonen ausgeweitet werden". Die Freiheitlichen wollen zudem ein Verbotsgesetz gegen den politischen Islam sowie den "sofortigen Stopp der illegalen Masseneinwanderung".
(APA/Red)
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