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Kommt jetzt das Ende der Cookie-Flut? EU plant große Internet-Reform

EU will Cookie-Banner reduzieren
EU will Cookie-Banner reduzieren ©CANVA
Die EU-Kommission will lästige Cookie-Banner eindämmen und damit Nutzern wie Webseitenbetreibern das Leben erleichtern. Auch bei KI und Cybersicherheit sind Änderungen geplant.

Internetnutzer sollen nach dem Willen der EU-Kommission künftig weniger Klicks für Cookie-Einstellungen machen müssen. Trotz massiver Kritik von Datenschützern will die Behörde auch andere Datenregeln abschwächen. Im Fokus des umfangreichen Pakets, das die EU-Digitalregeln vereinfachen soll, stehen besonders die Bereiche Datenschutz, Cybersicherheit und Künstliche Intelligenz (KI). Besonders aus den USA gab es jüngst immer wieder Beschwerden wegen der EU-Gesetzgebung.

"noyb" sieht keine greifbaren Vorteile für europäische Unternehmen

Die EU-Kommission will mit den Vorschlägen auch auf den Wunsch von Mitgliedsstaaten und Unternehmen nach Entbürokratisierung reagieren und mehr Innovationen ermöglichen - erntete dafür aber trotz der Beteuerung, dass "es nicht um das Absenken von Standards geht", bereits heftige Kritik von Daten- und Verbraucherschützern.

Vernichtende Kritik kam etwa von der Datenschutzorganisation noyb des Wiener Juristen Max Schrems. Das Vorhaben werde vor allem großen Techkonzernen zugute kommen, "während er den durchschnittlichen Unternehmen in der EU keine greifbaren Vorteile bringt", so Schrems am Mittwoch in einer Aussendung. Er warnte, dass US-Konzerne wie Google oder Meta künftig persönliche Daten der Europäer in ihre Algorithmen einbeziehen werden. "Dadurch wird es für KI-Systeme einfacher, selbst die intimsten Details zu kennen - und folglich Menschen zu manipulieren". Schrems befürchtet zudem eine faktische Abschaffung von Auskunftsrechten gegenüber Unternehmen.

Kritik kam auch von der SPÖ und den Grünen. SPÖ-Europaabgeordnete Elisabeth Grossmann monierte in einer Aussendung, dass das Paket zentrale Schutzmechanismen beim Datenschutz und bei künstlicher Intelligenz auf weiche. Ihre Grüne Kollegin Lena Schilling sprach ebenfalls von einer "Aushöhlung" von Gesetzen und einer Gefährdung von digitalen Grundrechten. "Digitale Souveränität ist die Grundvoraussetzung für eine starke europäische Demokratie. Wir dürfen uns weder von Big Tech Bros noch von den USA oder China erpressen lassen", so Schilling

Bereits vor der offiziellen Bekanntgabe der Vorschläge warnten mehr als 120 Organisationen - darunter auch Amnesty International - die Europäische Kommission in einem offenen Brief davor, die Rechte der EU-Bürgerinnen und -Bürger auszuhöhlen. Die Digitalregeln der EU seien die wichtigste Verteidigungslinie gegen digitale Ausbeutung und Überwachung durch inländische wie ausländische Akteure.

ÖVP und Industriellenvereinigung reagieren positiv

Positive Reaktionen kamen hingegen von den ÖVP-EU-Abgeordneten Angelika Winzig und Lukas Mandl. "Ein großer Vorteil für Nutzerinnen und Nutzer ist in Zukunft, dass Cookie-Einstellungen künftig direkt im Browser gespeichert werden können", sagte Winzig. Die Kommission setze auch sonst an einigen richtigen Stellen an. Zum Teil überlappende Bestimmungen würden zusammengefasst und verschlankt. Mandl stellte fest: "In der Technologie brauchen wir weniger Restriktion und mehr Innovation. Sonst werden wir abgehängt und nur noch Konsumenten von innovativen Produkten und Dienstleistungen aus anderen Teilen der Welt."

Auch die Industriellenvereinigung begrüßte den Vorschlag der EU-Kommission. Er greife "berechtigte und langjährige Anliegen europäischer und auch österreichischer Unternehmen auf, die innovativ sein, wachsen und international eine führende Rolle spielen möchten", so IV-Generalsekretär Christoph Neumayer in einer Aussendung. Besonders erfreulich sei, dass der Entwurf mehr Flexiblität beim AI Act vorsehe.

Cookie-Abfragen sollen seltener werden

Tatsächlich will sich die EU-Kommission die seit 2018 geltende Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vorknöpfen. Sie verpflichtet etwa Betreiber von Online-Shops oder digitalen Plattformen dazu, eine Einwilligung von Kunden oder Nutzern einzuholen, wenn ihre personenbezogenen Daten verarbeitet werden sollen. Aus der DSGVO resultieren daher auch die unpopulären Cookie-Abfragen, die beim Aufruf einer Internetseite folgen.

Cookies sind kleine Dateien, die beim Surfen auf dem Onlinegerät eines Nutzers gespeichert werden. Weil diese Dateien oft eindeutige Kennungen enthalten, können Webseiten ihre Besucher damit wiedererkennen. Ein Browser kann sich somit etwa ein Login merken oder die Inhalte eines virtuellen Warenkorbs. Vor allem machen Cookies aber personalisierte Werbung möglich.

Nach den Plänen der EU-Kommission sollen die Cookie-Abfragen beim Surfen im Internet seltener aufscheinen. Bestimmte Aktivitäten, die harmlos und für die Verwaltung einer Website einfach nötig seien, sollten künftig keine Zustimmung der Nutzer erfordern, hieß es von der Kommission. Zudem sollen Nutzerinnen und Nutzer ihre Einstellung zu Cookies dem Vorhaben zufolge im Browser speichern können.

Trump und US-Konzerne hatten Digitalregeln kritisiert

Größere Digitalkonzerne, etwa Tiktok oder der Facebook-Konzern Meta, hatten die geltenden EU-Digitalregeln in der Vergangenheit als widersprüchlich oder wettbewerbsfeindlich bezeichnet. Angesichts mehrerer Verfahren der EU-Kommission gegen US-Konzerne - darunter Google, Amazon, Apple oder Microsoft - hatte auch US-Präsident Donald Trump die Vorschriften kritisiert.

Die Gesetze über digitale Dienste (DSA) und digitale Märkte (DMA), auf deren Grundlage die meisten Verfahren der Kommission gegen die Konzerne laufen, bleiben von den Vorschlägen aber im Wesentlichen unberührt.

Weitere Vorschläge für mehr KI-Innovationen

Wie die Kommission weiter mitteilte, sollen Regeln zum Umgang mit nicht personenbezogenen Daten zudem zusammengelegt werden. Konkret geht es um vier Rechtstexte, die in einen - das bereits existierende EU-Datengesetz ("EU-Data-Act") - gegossen werden sollen. Ähnliche Zusammenlegungen sind beim Thema Cybersicherheit geplant: Unternehmen sollen sicherheitsrelevante Vorfälle künftig nur an einer Stelle melden müssen.

Auch das EU-KI-Gesetz ist von den Änderungsvorschlägen betroffen - noch bevor es vollständig durchgesetzt wird. Die EU-Kommission hatte sich damit gerühmt, den weltweit ersten Gesetzestext dieser Art zu haben. Es regelt umfangreich, welche Verpflichtungen ChatGPT, Gemini und Co. etwa beim Trainieren ihrer Modelle haben. Das Europäische KI-Amt sollte die Regeln zum Teil ab August nächsten Jahres durchsetzen.

Die Branche hatte zuletzt aber immer wieder mehr Zeit für die nötigen Anpassungen gefordert und könnte diese nun bekommen. Der Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, dass die Regeln bei KI-Systemen mit besonderen Risiken auch später durchgesetzt werden können. Demnach könnten die Unternehmen bis zum Dezember 2027 und damit 16 Monate länger Zeit bekommen.

Zudem sollen kleinere KI-Firmen von vereinfachten Vorschriften bei der technischen Dokumentation profitieren. Die EU-Kommission gibt an, dass dadurch mindestens 225 Millionen Euro gespart würden. Gleichzeitig sollen den KI-Entwicklern laut eines Strategiepapiers der Kommission künftig mehr hochwertige Datensätze zur Verfügung gestellt werden.

Auch Deutschland und Frankreich machten Druck

Die geplanten Vereinfachungen der Kommission gehören zu den sogenannten Omnibussen (Sammelgesetzen), mit denen Bürokratie abgebaut werden soll. Von den Unternehmen, aber auch den Mitgliedsstaaten gab es zuletzt immer wieder Forderungen nach Entbürokratisierung. Erst am Dienstag hatten der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei einem deutsch-französischen Digitalgipfel in Berlin die Wünsche der Tech-Industrie aufgegriffen und weniger Strenge bei den europäischen Digitalregeln gefordert.

(APA)

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