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Köstingers Agrarministerium ohne Landwirtschaft im Namen

Köstingers Ministerium trägt Landwirtschaft nicht im Namen.
Köstingers Ministerium trägt Landwirtschaft nicht im Namen. ©APA/ROLAND SCHLAGER
Bei manchen Bauern und Kritikern sorgt es für Kopfschütteln, dass Köstingers Agrarministerium den Titel Landwirtschaft nicht im Namen trägt. Das Ministerium, dem Köstinger als erste Frau vorsteht, nennt sich nun "Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus".

Die heimische Agrarspitze – Ministerin Elisabeth Köstinger, LKÖ-Präsident Hermann Schultes, Bauernbund-Chef Georg Strasser (alle ÖVP) – am Rande einer Pressekonferenz bei der Grünen Woche am Freitag in Berlin aufs Fehlen des Agrarthemas im Namen angesprochen, brachte sinngemäß auch die Antwort, dass die Landwirtschaft so wichtig sei, dass man sie gar nicht erwähnen müsse.

Der gesamte Themenkomplex, den das Riesenressort abdecke, sei “zusammengefasst eine Aufwertung und legt dar, dass die Landwirtschaft im Zentrum sein wird”, so Köstinger. Es sei überlegt worden, wie man die Themen der Zukunft “besetzen” könne, verwies die Ministerin auch aufs Energiethema, sowie den Klima- und Umweltschutz.

Köstinger: Landwirtschaft sei sich im Namen nicht ausgegangen

“Wir haben sehr lange darüber nachgedacht”, betonte die Ministerin zur Benennung des Ministeriums. Der Begriff Landwirtschaft sei sich “in der Vielfalt der Aufgaben nicht mehr ausgegangen”.

Bauernbundchef Strasser sagte, dass ein 2017 begonnener Strategieprozess des Bauernbundes unter anderem zum Ergebnis hatte, das die Öffnung für andere Themen ein Leitmotiv wurde. “Es geht um die Frage, was die bäuerliche Familie braucht. Und das ist nicht nur die klassische. Die Diskussion um den Namen ist also ein Luxusproblem.” Denn das Ministerium decke alle Themen ab, die für den ländlichen Raum entscheiden d seien.

Der Chef der Landwirtschaftskammer Österreich (LKÖ) sagte: “Wir sind vielfältig aufgestellt. Ein neues Bild der Nachhaltigkeit zeigt die Kompetenzen des ländlichen Raums.”

Köstinger in Bezug auf das EU-Agrarbudget kampflustig

Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) gibt sich bezogen auf die Verhandlungen zum künftigen EU-Agrarbudget, bei dem Kürzungen u.a. aufgrund des Brexit drohen, kampflustig. Das ließ sie bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der agrarpolitische Spitze, neben Ministerium bestehend aus Landwirtschaftskammer und Bauernbund am Freitag bei der Grünen Woche in Berlin zu verstehen. Die (Vor-)Verhandlungen zur Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) sind einer von drei Punkten der Agrarpolitik, die sich Köstinger für heuer vorgenommen hat. Die beiden anderen Punkte, die sie umriss, sind die Stärkung des heimischen Agrarmarktes und weitere Exportoffensiven. Allzu sehr ins Detail ging sie nicht, da vieles noch in der Erarbeitungsphase sei.

Die Ministerin mit dem Riesenressort legte auf die GAP bezogen zwar ein “klares Bekenntnis zu den Direktzahlungen als Ausgleich zu den niedrigen Produktpreisen” (erste GAP-Säule) ab. Im Zentrum müssten aber die bäuerlichen Familienbetriebe im Ländlichen Raum (zweite GAP-Säule “Ländliche Entwicklung”) stehen. Österreich hat in der Vergangenheit wegen seiner im Vergleich kleinstrukturierten Landwirtschaft immer mehr auf die zweite als auf die erste Säule gesetzt.

Köstinger will heimische Produktion im Vordergrund sehen

Wenn es um die Diskussion gehe, dass es durch Brexit und Migrationskrise weniger Geld im EU- und daher im EU-Agrarbudget gebe, dann stelle sich in der EU erst recht die Frage, ob es nur um große industrielle Einheiten gehe oder ob es vor allem einen Mehrwert durch eine nachhaltige Produktion samt Umweltleistungen durch Bauern im ländlichen Raum gebe, so Köstinger. In der EU müsse diskutiert werden, ob nur die Fläche oder ob im Bereich der Mehrleistungen mehr Anreize geschaffen werden. “Ich fürchte mich nicht vor einer Groß-Klein-Debatte in Europa”, sagte die Politikerin. “Wir sind kampflustiger geworden. Für uns geht es um extrem viel.”

Bei den Vorverhandlungen zur neuen GAP ab 2020 will Köstinger – auch im Rahmen der Austro-EU-Präsidentschaft im zweiten Halbjahr 2018 – die heimische nachhaltige Produktion jedenfalls in den Vordergrund stellen. Aufgrund des Brexit werden ja nicht nur harte EU-Budgetverhandlungen erwartet, sondern auch besonders harte Verhandlungen zum EU-Agrarbudget.

Agrarspitze sieht Thema durch neue Regierung aufgewertet

Insgesamt sieht die heimische Agrarspitze das Thema Landwirtschaft wegen der ÖVP-FPÖ-Koalition aufgewertet. “Wir werden die Bauern nicht enttäuschen”, versprach Ministerin Köstinger. Das Agrarthema werde in Österreich nun insgesamt breiter angelegt. Es geht nicht nur um Landwirtschaft, sondern auch um den ländlichen Raum, in der die “bäuerlichen Familienbetriebe” – der Begriff fiel bei der Pressekonferenz Dutzende Male – eine der tragenden Säulen seien, war sich Köstinger mit Landwirtschaftskammer-Präsident Hermann Schultes und Bauernbund-Chef Georg Strasser (alle ÖVP) einig.

“Es gilt, Synergien zu nutzen. Wir arbeiten an einer großen Gesamtstrategie”, sagte Köstinger, die auch für Tourismus und Energie (aber beispielsweise auch Bergbau) zuständig ist. Dabei helfen soll auch, dass der Regional- und Strukturfonds sowie die Raumordnungskonferenz vom früher SPÖ-geführten Bundeskanzleramt ins Landwirtschaftsministerium gewandert sind. Bisher, so Köstinger, habe es in der Abwicklung des Regional- und Strukturfonds “nicht die beste Abwicklungsrate gegeben”. Die Kriterien seien für eine Umsetzung schwierig gewesen. “Ich bin überzeugt, es wird effektiver. Wir wollen jeden Euro abholen.” Hier gehe es mehr um den ländlichen Raum und den gesamten Wirtschaftskreislauf samt Dienstleistungen und Tourismus als um die Bauern, die über den Agrarfonds Förderungen erhalten können.

Exportinitiativen werden laut Köstinger fortgesetzt

Im öffentlichen Beschaffungswesen soll bundesweit vom Billigst- zum Bestbieterprinzip gewechselt werden. “Es geht um Anreize, damit die Gastronomie und der Tourismus stärker auf heimische Qualitätsprodukte zurückgreifen.” Bis wann das geschehen soll, blieb beim Pressegespräch offen. Auch werde eine Strategie erarbeitet, wie man die bäuerlichen Direktvermarkter stärken kann. Jedenfalls, so die Politikerin, würden Herkunft und eine klare Kennzeichnung nachgefragt: “Und dem fühlen wir uns verpflichtet.”

Weiters werden Exportinitiativen fortgesetzt, kündigte Köstinger an. Sie legt unter anderem Absatzhoffnungen in eine geplante China-Reise des Bundespräsidenten mit agrarischer Beteiligung im Frühjahr. Auch tritt sie in einen “Dialog mit Russland” ein, noch am Freitag wollte sie den russischen Vize-Agrarminister treffen um über den bilateralen Handel zu sprechen. Die EU und Russland sanktionieren sich derzeit gegenseitig, EU-Agrarkommissar Phil Hogan betonte erst gestern, er sehe Russland am Zug.

APA/Red.

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