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Klima könnte Skitourismus schaden

Durch den Klimawandel wird der Skitourismus in einigen Wintersportregion im Alpenraum mittel- und langfristig - also in 20 Jahren und mehr - ökonomisch nicht mehr sinnvoll sein.

Es wird auch zu warm für künstliche Beschneiung sein, meint der österreichische Klimaforscher Herbert Formayer vom Institut für Meteorologie der Universität für Bodenkultur (Boku). Dafür werde der Sommertourismus in den Alpen durch das künftig trockenere Wetter eher begünstigt werden.

Der heurige Winter sei ein gutes Beispiel dafür, welche Wintertourismus-Regionen in Österreich künftig Probleme haben werden, betonte Formayer. Die Situation habe gezeigt, dass künstliche Beschneiung nicht immer als Problemlöser eingesetzt werden könne. In den nächsten fünf bis zehn Jahren stelle allerdings nicht so sehr der Klimawandel, sondern die jetzt schon sehr hohe Variabilität der Winterverhältnisse für einige touristische Gebiete eine Gefahr dar: „Die Winter können in Österreich auch ohne Klimaänderung derart unterschiedlich sein“. Das zeige etwa der überaus schneereiche Winter 2005/06 im Vergleich zum überaus schneearmen Winter 2006/07.

Durch die hohen Investitionen in die Schneesicherheit von Regionen werde viel Kapital gebunden: Wenn dann zwei schneearme Winter hintereinander kämen, könne Skigebieten der Konkurs drohen, so Formayer. Speziell gefährdet seien jene Skigebiete, die keine Mittelstation hätten und Abfahrten bis ins Tal garantieren müssten, sowie Skigebiete unter 1.800 Metern Seehöhe, wie etwa Schladming. Beschneiung bei Null Grad oder sogar Plusgraden könnte zwar künftig technisch möglich werden, doch schmelze der Schnee bei warmen Temperaturen trotzdem. Ob Kühlschlangen unter den Skipisten dann sinnvoll seien, sei fraglich. Grundsätzlich gelte die Daumenregel:
Ein Grad Temperaturanstieg verschiebe die Schneegrenze um 150 m nach oben. Neben der Seehöhe von Skigebieten modifizere aber auch die regionale und topografische Situation die Effekte des Klimawandels.

Mit der prognostizierten Temperaturerwärmung von 2 bis 2,4 Grad bis 2040 im Alpenraum „kommen rasante Veränderungen auf uns zu“, berichtete Formayer auf dem Journalistenseminar der Tourismussparte der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) in St. Anton am Arlberg. Wahrscheinlich werde es im Winter künftig – um bis zu 40 Prozent – mehr Niederschläge geben, im Herbst und Sommer hingegen eine deutliche Niederschlagsabnahme – um bis zu 60 Prozent.

„Die Szenarien sprechen für den Sommertourismus, wo das trockenere Wetter für die meisten Aktivitäten von Vorteil ist“, betonte Formayer. Speziell der Seentourismus, aber auch der Alpintourismus werde künftig gewinnen. Ein kritischer Faktor sei allerdings der auftauende Permafrost im Hochgebirge, wo Steinschlag und Hangrutschungen die Folge sein könnten.

In den nächsten 20 bis 40 Jahren werde sich das Klima ähnlich weiterentwickeln wie in den vergangenen Jahren, „egal was wir tun“, so Formayer. Für die Zeit danach könnten jetzt aber sehr wohl Schritte gesetzt werden. Auch die Extremereignisse nehmen insgesamt laut Formayer zu.

„Ohne Schnee kein Wintersport, ohne Wintersport kein Wintertourismus und ohne Wintersaison komme auch der Sommertourismus mit in Schwierigkeiten, da die meisten Betriebe auf zwei Saisonen angewiesen sind“, meinte der Leiter des Instituts für Freizeit- und Tourismusforschung, Peter Zellmann. Wintertourismus über 1.500 m könnte künftig nicht mehr gesichert möglich sein. Je schneeärmer der Winter, desto stärker würden allerdings höhergelegene Top-Skigebiete profitieren.

Der Tourismus müsse sich die Frage stellen, ob er sich künftig eine Inszenierung der Winterlandschaft inklusive künstliche Beschneiung leisten wolle. Bei der Klimadiskussion gelte es allerdings, einen „Mittelweg zwischen scheinbar kollektiv verordnetem Schönreden und der Panikmache“ zu suchen. „Der heurige Winter kann unterschiedlich interpretiert werden, wie die Gäste im nächsten Winter ihren Urlaub buchen werden, wissen wir nicht. Der Mensch ist nicht programmier- und prognostizierbar“, so Zellmann. Die trotz Schneemangels dennoch erfolgreiche Wintersaison 2006/07 dürfe jedenfalls „kein Ruhekissen“ sein. Ein neuer Lösungsansatz für den Tourismus könnte die Schaffung von Modellregionen sein. In Österreich sei Platz für etwa 40 Modellregionen.

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