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Kindeswohlgefährdungen nehmen in Wien zu

Vernachlässigung und Gewalt: Die Zahl der Kindeswohlgefährdungen ist gestiegen.
Vernachlässigung und Gewalt: Die Zahl der Kindeswohlgefährdungen ist gestiegen. ©Canva (Sujet)
Im Jahr 2024 hat die Wiener Kinder- und Jugendhilfe (MA 11) insgesamt 13.181 Fälle von vermuteter Kindeswohlgefährdung geprüft. Das zeigt der aktuelle Jahresbericht der Behörde. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet das einen Anstieg um rund 600 Fälle.

Der Anstieg sei insbesondere auf das Bevölkerungswachstum sowie ein gestiegenes gesellschaftliches Problembewusstsein zurückzuführen, erklärte MA-11-Sprecherin Ingrid Pöschmann gegenüber der APA: "Das ist unser gesetzlicher Auftrag – wir gehen jeder Meldung nach." Während der Pandemiejahre sei die Zahl der Meldungen rückläufig gewesen, in den Jahren danach jedoch wieder angestiegen.

Mit einem Anteil von knapp 54 Prozent war Vernachlässigung der häufigste Anlass für eine Gefährdungsabklärung, gefolgt von psychischer Gewalt (24 Prozent) und körperlicher Gewalt (20 Prozent).

Maßnahmen reichen von Beratung bis Unterbringung

Wird bereits während der Abklärung eine unmittelbare Gefährdung festgestellt, kann das betroffene Kind vorübergehend in einem Krisenzentrum oder bei Krisenpflegeeltern untergebracht werden. Im Jahr 2024 betraf dies 918 Kinder in Krisenzentren sowie 138 Kinder und Jugendliche in Krisenpflegefamilien.

Ziel bleibe es jedoch, die Familien zu stärken und das Kindeswohl innerhalb des Herkunftssystems zu sichern. Dazu biete die MA 11 niederschwellige Hilfen wie Erziehungsberatung an. 2024 wurden 3.154 neue Beratungsfälle begonnen; mit Jahresende waren insgesamt 4.552 Fälle in Betreuung – ein stabiler Wert im Vergleich zum Vorjahr.

Greifen ambulante Maßnahmen nicht, kann eine stationäre Unterbringung erforderlich werden. Im Jahr 2024 kamen 615 Minderjährige neu in sozialpädagogische Einrichtungen oder Pflegeverhältnisse – darunter auch drei Fälle von Unterbringung bei Verwandten.

Debatte über geschlossene Unterbringung für Intensivtäter

Angesichts wiederholter Delinquenz einiger weniger Jugendlicher unter 14 Jahren wird in Wien über geschlossene Einrichtungen diskutiert. Die MA 11 beteiligt sich an der Arbeitsgruppe "Kinder- und Jugendkriminalität", die solche Maßnahmen als "letztes Mittel der Wahl" bezeichnet. Laut Pöschmann handle es sich in Wien um "eine Handvoll Intensivtäter", die gängige sozialpädagogische Angebote nicht annehmen würden. Für die Einführung geschlossener Unterbringung sei jedoch eine Änderung auf Bundesebene erforderlich.

Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge

Die MA 11 ist zudem gesetzlich beauftragt, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im Asylverfahren zu vertreten. Ende 2024 betraf das 420 Kinder und Jugendliche. Im selben Jahr wurden 190 Verfahren abgeschlossen, davon endeten 138 mit einem positiven Asylbescheid.

(APA/Red)

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