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Kickls Gagenkaiser

©APA/AFP/ALEX HALADA
Gastkommentar von Johannes Huber. Bei Politikerbezügen steht der FPÖ-Chef einmal mehr auch bei eigenen Parteifreunden an.

Es ist grundsätzlich absurd, wenn FPÖ-Chef Herbert Kickl so tut, als sei er kein Vertreter des „Systems“. Als Klubobmann erhält er auf Kosten der Steuerzahler 16.211 Euro brutto pro Monat bezahlt. Und weil er schon lange im „System“ tätig und seit vielen Jahren zumindest Nationalratsabgeordneter ist, ist über die Jahre eine beträchtliche Summe zusammengekommen. Die satirische „Tagespresse“ kommt auf knapp drei Millionen Euro.

Hier geht es aber um Erhöhung oder Nichterhöhung von Politikerbezügen im kommenden Jahr. Für den Bund haben Kanzler Christian Stocker (ÖVP), Vize Andreas Babler (SPÖ) und Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (Neos) eine „Nulllohnrunde“ verkündet. Kickls Kommentar dazu: Den „Systemparteien“ sei offenbar gedämmert, dass man nicht die Bürger schröpfen und den eigenen Abgeordneten die Gehälter auffetten könne.

Das ist eine bemerkenswerte Aussage. Bei einigen Parteifreunden von Kickl ist das noch nicht angekommen: Während der steirische Landeshauptmann Mario Kunasek die Nulllohnrunde für sein Land mitträgt, zögern die Vize-Obleute von Oberösterreich und Salzburg, Manfred Haimbuchner und Marlene Svazek, noch.

Im vergangenen Jahr haben sie sich gegen Kickl gestellt und einer Nulllohnrunde eine Absage erteilt: „Wer gute Politiker will, die sich das auch zukünftig noch antun, muss dem Berufsstand auch einen Wert beimessen“, sagte Svazek damals. Haimbuchner erklärte in einer gemeinsamen Stellungnahme mit Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP), dass man „bei der Selbstentwertung des Politikerberufs nicht mitmachen“ wolle.

Das hat was. Andererseits sind die budgetären Probleme vom Boden- bis zum Neusiedlersee groß, müssen Bürgerinnen und Bürgern so massive Einschnitte hinnehmen, dass man es als notwendiges Signal ansehen kann, dass Politiker einen sichtbaren Beitrag leisten, der darüber hinausgeht.

Gerade im SPÖ-Neos-geführten Wien kann man sich vor diesem Hintergrund wundern, dass Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Co. noch keine Nulllohnrunde verkündet haben. Hier ist die Krise riesig, droht allein heuer eine Neuverschuldung von drei, vier Milliarden Euro. Da wäre es erst recht angebracht, bei Politikerbezügen kürzer zu treten.

Die Hauptverantwortung dafür tragen Regierungsparteien: Auf Bundesebene ÖVP, SPÖ und Neos sowie in Wien etwa SPÖ und Neos. Dass Kickl so tut, als wären allein sie gefordert, ist jedoch daneben. Auch er trägt Verantwortung, könnte, ja müsste Leadership zeigen und Druck ausüben. Es geht nicht zuletzt um seine Glaubwürdigkeit: In mehreren Ländern liegt es auch an seinen Parteifreunden, die dort mitregieren. In Wien wiederum könnten sie zum Beispiel verstärkt auch die Abschaffung der teuren, aber arbeitslosen, nicht amtsführenden Stadträte verlangen. Oder sind sie lieber Teil des „Systems“? Einer dieser Stadträte ist ja ausgerechnet ihr Landesparteichef Dominik Nepp, Monatsgehalt 11.326,40 Euro.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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