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Kickl hat Pause

©APA/HELMUT FOHRINGER
Gastkommentar von Johannes Huber. Nachdem sich der FPÖ-Chef selbst ums Kanzleramt gebracht hat, ist er mit parteiinternem Frust sowie einer Regierung konfrontiert, die wenig Anlass für Kritik gibt.

Als „Noch-nicht-Kanzler“ hat sich FPÖ-Obmann Herbert Kickl auf dem politischen Aschermittwoch im oberösterreichischen Ried bezeichnet. Es war ein verzweifelter Versuch, die eigenen Anhänger bei Laune zu halten: Monatelang hatte er die Erwartungshaltung geschürt, Regierungschef zu werden. Als ÖVP, SPÖ und Neos im Spätherbst ein erstes Mal ohne ihn Koalitionsverhandlungen führten, konnte er sich wenigstens als Ausgrenzungsopfer inszenieren. Jetzt ist ihm das jedoch unmöglich: Er hat sich selbst um die Gelegenheit gebracht, Kanzler zu werden.

Die Geschichte, dass ihn die ÖVP bei den Gesprächen im Jänner und Februar auflaufen lassen habe, geht nicht durch. Es war schon auch seine Schuld, dass Blau-Schwarz nicht zustande gekommen ist. Daher sagt seine Parteikollegin, die Salzburger Landeshauptfrau-Stellvertreterin Marlene Svazek auch, dass man intern reden müsse; dass auch Stimmen zulässig seien, die ihn kritisieren.

Svazek unterscheidet sich zumindest in dieser Hinsicht von Kickl: Sie ist sich bewusst, dass es in Österreich noch immer ein Mehrheitswahlrecht gibt; und dass man sich auch als Nummer eins mit anderen arrangieren muss, sofern man nicht mehr als 50 Prozent hält. Kickl hingegen glaubt, sich darüber hinwegsetzen zu können. Bei den Verhandlungen hat er es daher an Kompromissbereitschaft mangeln lassen. Sie mussten folglich scheitern.

Heute macht er es sich zu einfach, wenn er sich als „Noch-nicht-Kanzler“ bezeichnet, der davon ausgeht, halt nach der nächsten Wahl Regierungschef zu werden: Abgesehen davon, dass er sich ändern müsste, um auch nur eine zweite Chance dafür zu bekommen, muss er sich zunächst einmal Unmutsbekundungen aus den eigenen Reihen stellen.

Schlimmer für den 56-Jährigen: Er kann nicht einmal davon ablenken und wie in der Vergangenheit mit der Behauptung punkten, dass Österreich eine unfähige Regierung habe. ÖVP, SPÖ und Neos betreiben schließlich eine Asylpolitik, die in wesentlichen Zügen freiheitlich ist. Zu den ersten Maßnahmen zählt ein Stopp des Familiennachzugs. Das sei „notwendig und richtig“, sagt Kickls Parteikollege, der steirische Landeshauptmann Mario Kunasek. Natürlich vermisst er darüberhinausgehende Maßnahmen, im Ansatz lobt er Schwarz-Rot-Pink jedoch: Seine Fundamentalopposition kann Kickl unter diesen Umständen vergessen.

Nicht einmal mehr bei Wahlen sind ihm Erfolge sicher, die Freund und Feind zeigen, dass die FPÖ unter seiner Führung auf allen Ebenen abräumt wie noch nie: Bei der Wiener Gemeinderatswahl Ende April wird sie zwar erhebliche Zugewinne erzielen, den Absturz von über 30 auf sieben Prozent im Jahr 2020 wird sie jedoch kaum wettmachen können. Sprich: Selbst unter Heinz-Christian Strache war sie erfolgreicher. Und dann, nach der Wien-Wahl, wird es länger nichts mehr zu feiern geben, wird zum Leidwesen Kickls voraussichtlich fast zweieinhalb Jahre lang kein größerer Urnengang sattfinden. 

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik