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Kampusch rät Opfern zu Zurückhaltung mit Medien

©APA
Natascha Kampusch, die selbst über Jahre in einem Keller gefangen gehalten worden war, hat den Opfern des Inzest-Falls von Amstetten zur Zurückhaltung im Umgang mit den Medien geraten.

“Ich hoffe, die Medien haben im Zuge meines Falles etwas dazugelernt”, sagte Kampusch am Mittwochabend in der NDR-Sendung “Menschen und Schlagzeilen”. In einem Interview mit der britischen BBC meinte Kampusch zudem, die Familie des Inzest-Verbrechers von Amstetten werde ewig unter dem Erlebten leiden.

Die seelischen und emotionalen Wunden würden “für immer” bleiben, sagte Kampusch. Ihrer Meinung nach habe das jüngste Kind die größten Chancen durchzukommen. Sie wünsche der Familie “alles Glück” und hoffe, dass sie die ganze Sache durchstehe. “Ich glaube, zumindest der Jüngste kann es schaffen.”

Befragt, ob sie selbst noch unter ihrer jahrelangen Gefangenschaft leide, sagte Kampusch: “Leiden ist wahrscheinlich nicht das richtige Wort. Aber es begleitet dich für den Rest deines Lebens.” Kampusch war 1998 als Zehnjährige entführt worden. Nach achteinhalb Jahren in einem Kellerversteck konnte sie im August 2006 fliehen. Für die Opfer von Amstetten hat die 20-Jährige einen Spendenaufruf gestartet und selbst 25.000 Euro bereitgestellt.

Selbst hatte Kampusch bald nach ihrer Befreiung ein Fernseh-Interview gegeben. Elisabeth F. solle sich dies genau überlegen, könne sich aber nicht gegen den Ansturm der Medien wehren, erklärte Kampusch gegenüber dem NDR.

Die Flucht aus dem Kerker sei Elisabeth F. wahrscheinlich auch deshalb nie geglückt, weil sie große Angst gehabt habe: “Es hat etwas damit zu tun, dass der Täter alles daran setzt, die Opfer einzuschüchtern”, vermutete Kampusch. “Irgendwann zweifelt man so an sich selbst, dass man nicht mehr weglaufen kann”, sagte sie.

Der Fall von Amstetten erinnere sie an ihr eigenes Drama: “Je mehr Informationen ich hatte, desto mehr kam mir in den Sinn, dass es sehr viele Parallelitäten hatte”. Das Schicksal der 42-jährigen Elisabeth F. habe bei ihr große Betroffenheit ausgelöst.

Die Frau war 24 Jahre lang von ihrem Vater, Josef F., in einem Keller unter dem Wohnhaus der Familie festgehalten worden. Dort hatte sie der heute 73-Jährige regelmäßig zum Inzest gezwungen und insgesamt sieben Kinder mit ihr gezeugt.

Josef F. hatte sich trotz seines Doppellebens nichts anmerken lassen – auch nicht, als der Fall Natascha Kampusch bekanntwurde, der Ähnlichkeiten mit seinem Verbrechen aufwies. Josef F. sei “oft vorbeigekommen”, sagte ein Bäcker, der in der Nachbarschaft der Familie F. in Amstetten ein Geschäft führt, am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP.

“Wir haben meistens ein bisschen geplaudert über das Wetter oder was in der Zeitung stand”, berichtete der 38-Jährige. “Ich erinnere mich an den Tag, als die Geschichte mit Natascha Kampusch auf der Titelseite stand und er gesagt hat, dass er das ziemlich schockierend fand.”

Das Inzest-Drama von Amstetten wirkt sich auf das Image Österreichs im Ausland aus. Diese Ansicht vertrat der PR-Berater Wolfgang Rosam (Change Communications) in der Nacht auf Donnerstag in der ORF-“ZiB 24”. So habe auch der spektakuläre Kriminalfall des belgischen Kinderschänders Marc Dutroux seine Spuren hinterlassen. “Es hat nicht nur geflügelte Witze gegeben, es wurde auch nachgefragt: Was ist mit den Belgiern los?”

Diesem drohenden Imageschaden könne aber nicht mit einer klassischen Werbekampagne begegnet werden, meinte Rosam. “Ich würde Informationsarbeit der subtilen Art empfehlen.” So könnten Österreichs Vertreter im Ausland, etwa jene des Außenministeriums oder der Wirtschaftskammer, spezifisch gebrieft werden, wie sie mit dem Thema umgehen sollen, sobald sie darauf angesprochen würden.

Eine andere Strategie könnte laut Rosam darin bestehen, jene internationalen Journalisten, die nun “ihren Kübel über Österreich ausbreiten” individuell anzusprechen.

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