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Joe Biden: Der Anti-Trump wird Präsident

Joe Biden
Joe Biden ©APA
Er hat es geschafft - knapp aber doch: Joe Biden hat sich mit einem Sieg im Schlüsselstaat Pennsylvania die Präsidentschaft gesichert.

Im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der US-Demokraten war der Polit-Veteran fast schon abgeschrieben. Dann gelang ihm bei den parteiinternen Vorwahlen ein fulminantes Comeback. Der 77-Jährige ist seit Jahrzehnten Teil des politischen Establishments der USA und nicht nur so ein kompletter Gegenentwurf zu US-Präsident Donald Trump.

Biden ging als Vertreter einer breiten Koalition - von Parteilinken bis hin zu enttäuschten Trump-Wählern - ins Rennen. So sollte es gelingen, die schwierige Aufgabe der Abwahl eines amtierenden Präsidenten zu bewerkstelligen. Das ist aufgegangen, und Biden hat - auch dank einer Rekordbeteiligung - mit gut 74 Millionen Stimmen ein so großes Mandat bekommen wie noch kein Wahlsieger vor ihm. Am 20. Jänner übernimmt er das Amt von Trump.

BIDEN - DER POLITIKER

Biden wurde am 20. November 1942 in Scranton im Staat Pennsylvania geboren. Der Jurist begann seine Politiker-Karriere im Stadtrat von Wilmington (Delaware), wo er heute mit seiner zweiten Ehefrau Jill lebt. Im Alter von nur 29 Jahren wurde Biden 1972 in den US-Senat gewählt und vertrat dort Delaware bis 2009. Vor den Wahlen 1988 und 2008 bewarb sich Biden erfolglos um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten. Nun unternimmt er den womöglich letzten Anlauf, vom Oval Office aus die USA zu regieren.

BIDEN IM WEISSEN HAUS

2009 zog Biden als Vize von Trump-Vorgänger Barack Obama ins Weiße Haus ein. Er habe in dieser Zeit in Biden einen Bruder gefunden, sagte Obama im August beim Parteitag der Demokraten, bei dem Biden offiziell zum Präsidentschaftskandidaten gekürt wurde. Die Demokraten werben damit, dass Biden Verlässlichkeit statt Unberechenbarkeit, Selbstlosigkeit statt Egoismus, Ruhe statt Lärm, Anstand statt Unehrlichkeit ins Weiße Haus bringen würde. Herausgestellt wird auch Bidens politische Erfahrung. Sollte Biden die Wahl gewinnen, steht schon jetzt fest: Sein Erfolg dürfte auch der Tatsache geschuldet sein, dass er auf ganzer Linie ein Gegenentwurf zum Amtsinhaber ist.

DIE FAMILIE

Jill Biden ist die zweite Ehefrau des früheren Vizepräsidenten. Aus dieser Ehe stammt die Tochter Ashley Blazer. Jill Biden präsentiert sich zugänglich und volksnah. Beim Parteitag der Demokraten ließ die 69-Jährige sich aus einem Klassenraum einer High School in Wilmington zuschalten, in der sie früher Englisch unterrichtet hatte. Jill Biden zeichnete dabei ein sehr persönliches Bild eines fürsorglichen Ehemannes und Vaters mit einem festen Wertekompass, der sich für andere Menschen einsetzt. Bei öffentlichen Auftritten wirkt der Umgang der Bidens miteinander ausgesprochen liebevoll.

Joe Biden spart in seinen Reden nicht damit, seine Wurzeln zu betonen. Mal erzählt er den Wählern, was er von seinem Vater gelernt habe, oder leitet seine Sätze mit "Meine Mutter würde sagen…" ein. Immer wieder spricht er über die Bedeutung der Familie für sein Leben.

SCHICKSALSSCHLÄGE

Bidens Triumph bei der Senatswahl 1972 wurde von einem Autounfall überschattet, bei dem seine erste Ehefrau Neilia und die gemeinsame Tochter Naomi getötet wurden. Die Söhne Beau und Hunter wurden verletzt. Biden sagt, die Söhne - um die er sich als alleinerziehender Vater kümmerte, bis er Jill kennenlernte - hätten ihn gerettet. 2015 kam es zu einem weiteren Schicksalsschlag, als Beau an den Folgen eines Hirntumors starb.

Bidens jüngerer Sohn Hunter lebte in er Vergangenheit unstet, inzwischen spricht er öffentlich über seine Suchtproblematik. Problematisch wurde für Joe Biden, dass Hunter über Jahre hinweg einen hoch dotierten Posten bei einer skandalumwitterten Gasfirma in der Ukraine innehatte. Die Republikaner versuchen, Joe Biden deswegen das Leben schwer zu machen. Trump wirft Biden vor, als Vizepräsident versucht zu haben, seinen Sohn vor der ukrainischen Justiz zu schützen. Mittlerweile lebt Hunter Biden als Künstler in Kalifornien.

BIDEN UND DIE VERBÜNDETEN

Biden ist kein Visionär. Er will das Land "zurück zur Normalität" führen und zusammenbringen. Er beschwört die alten Zeiten, als Obama und er im Weißen Haus waren und die USA bei Verbündeten als berechenbarer Partner galten. "Das Erste, was ich tun muss, und ich scherze nicht: Wenn ich gewählt werde, muss ich mit den Staatschefs telefonieren und sagen, dass Amerika wieder da ist, Sie können auf uns zählen", sagte Biden kürzlich. "Ich werde ein Präsident sein, der unseren Verbündeten und Freunden zur Seite steht", sagte er an anderer Stelle. "Ich werde unseren Gegnern deutlich machen, dass die Zeiten des Einschmeichelns bei Diktatoren vorbei sind."

(APA)

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