Im Abspann widmet Regisseurin Lisa Weber den Film "Jetzt oder morgen" dem Stillstand. Zurecht: Die Familie, die sie dokumentiert, lebt von einem Tag auf den anderen, ohne Ziele, ohne Engagement, ohne Hoffnung auf Veränderung. Der österreichische Dokumentarfilm, der auf der Berlinale seine Weltpremiere hatte, zeigt eine Wiener Familie, derer es so unzählig viele auf dieser Welt gibt. Ab Freitag im Kino.
Jetzt oder morgen - Kurzinhalt zum Film
Claudia hat bereits mit 15 Jahren ihren Sohn Daniel bekommen. Die beiden wohnen mit Claudias Mutter und Bruder in einer gemeinsamen Wohnung. Viel passiert nicht, das Alltägliche eben: Zähneputzen, Daniel zum Kindergarten bringen. Dazwischen wird geraucht, auf dem Sofa gelungert, auf das Handy gestarrt. Bruder Gerhard spielt am Bildschirm Lkw-Fahrer. Führerschein? Lieber am Simulator als in der Realität, da wäre alles schwieriger.
Es scheint, als wollten sie sich nicht der Realität draußen, vor den Fenstern stellen. Die wie ihre Tochter arbeitslose Mutter surft zwar im Internet nach Jobs, aber erfolglos und vielleicht deshalb unengagiert. "Manchmal ist das schon wurscht", seufzt sie einmal. Claudia hat mit ihrem Kind inzwischen die Wohnung der Schwester ihres Freundes bezogen. Schulden häufen sich an, doch die Sensibilität für Rückzahlung fehlt.
Einzige Unterbrechung der dahingleitenden Zeit sind Geburtstage, gleichzeitig emotionale Höhepunkte und familiäre Crashtests. Wenn sich Claudia beklagt, ihre Familie würde sie nicht einmal dann besuchen, hat das vielleicht ganz simple Gründe: Sie wohnt im dritten Stock, Mutter und Bruder sind schwer übergewichtig.
Jetzt oder morgen - Die Kritik
Regisseurin Weber hat Claudia zwischen ihrem 19. und 23. Lebensjahr filmisch begleitet und stellt viel Nähe zu den unbekümmert vor laufender Kamera agierenden Personen her. Sie zeigt sich mitunter selbst im Bild, stellt Fragen. Doch für die Dramatik der prekären Situation hätte es mehr Bilder von der vergeblichen Jobsuche benötigt. So meint Claudia immer nur, ohne Schulabschluss habe man keinen Erfolg. Doch nie wird ihr Bemühen darum gezeigt.
Vielmehr scheint sich "Jetzt oder morgen" auf den kleinen Daniel zu konzentrieren, der eben ein Kind wie viele, aber nicht die Hauptperson des Films ist. Ausführlich hält die Kamera die ihm geschenkte Aufmerksamkeit fest, die sich ergibt, weil immer Angehörige anwesend sind. Doch wird ihm kaum pädagogische Betreuung zuteil. Die Kommunikation passiert eher nebenbei. Es hat den Anschein, als scheuten die Erwachsenen ernsthaftes Eingehen auf das Kind. Und so überträgt sich die Atmosphäre eines Stillstands ohne Hoffnung auch auf Daniel.
(APA/Red)
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