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"Jetzt geht’ s darum, langsam hochzufahren"

©Wann & Wo
Staatssekretär Dr. Magnus Brunner aus Bregenz gewährt im WANN & WO-Sonntagstalk exklusive Einblicke in die Regierungsarbeit, seine Position als AUA-Verhandler, Verschwörungstheorien und sein persönliches Bild über Bundeskanzler Sebastian Kurz.

von Joachim Mangard (Wann & Wo)

WANN & WO: Wie sieht aktuell Ihr Alltag als Staatssekretär während der Krise aus? Welche Aufgaben stehen gerade auf der Agenda?

Dr. Magnus Brunner: Auch bei uns hat sich die Arbeit grundlegend verändert. Regierungssitzungen finden in Form von Videokonferenzen statt. Inhaltlich versuchen wir den Spagat zwischen gesundheitlicher Vorsorge und Rücksicht auf Ressort­­themen. Zentrale Punkte waren z.B. der öffentliche Nahverkehr oder die Situation im Flugbereich. Wir mussten viele Österreicher wieder sicher in die Heimat bringen. Weiters versuchen wir, auf individuelle Fragen betroffener Unternehmen oder Bürger einzugehen.

WANN & WO: Wie geht es Ihnen persönlich? Wie hat Corona Ihren privaten Alltag und Ihr Leben verändert?

Dr. Magnus Brunner: Corona betrifft jeden. Als Familienvater mit zwei schulpflichtigen Kindern und einem Kindergartenkind steht auch meine Familie vor der Herausforderung der Betreuung. Ich bin dankbar, dass wir uns hier gegenseitig unterstützen und als Familie noch mehr zusammenhalten. Den 80. Geburtstag meiner Mutter haben wir online gefeiert, das holen wir aber schnellstmöglich in der realen Welt nach.

WANN & WO: Klimaschutz, Innovation und Verkehr sind ja Primärbereiche Ihres Aufgabengebiets. Inwiefern rücken diese Themen angesichts Covid-19 in den Hintergrund?

Dr. Magnus Brunner: An erster Stelle steht die Gesundheit. Parallel dazu müssen wirtschaftliche Themen behandelt werden. Gerade in diesen Zeiten steht Innovation, auch angesichts der völlig veränderten Umstände, im Fokus. So hat die Smart-Textiles-Kooperation von Vorarlberger Unternehmen, die ihre Produktion auf die Fertigung von Schutzmasken umgestellt haben, auch europaweit für Furore gesorgt. Man muss sich aber jetzt intensiv damit beschäftigen, wie man die Wirtschaft nach der Krise wieder hochfährt.

WANN & WO: Wie steht es denn um den Klimaschutz?

Dr. Magnus Brunner: Natürlich arbeiten wir gleichzeitig auch an unseren Kern-Gebieten, wie der Neufassung des Gesetzes für erneuerbare Energien, was mir auch aufgrund meiner Vergangenheit besonders am Herzen liegt. Umso mehr müssen wir darauf achten, dass diese Themen nicht vernachlässigt werden.

WANN & WO: Wie steht es um die AUA-Rettung? Und wie kann man dem österreichischen Steuerzahler die Rettung eines deutschen Unternehmens erklären?

Dr. Magnus Brunner: Derzeit laufen Gespräche auf unterschiedlichen Ebenen – ich bitte um Verständnis, dass ich diesen derzeit nicht vorgreifen möchte. Unser Ziel ist es, Österreich als Luftverkehrsdrehscheibe für unsere Wirtschaft und Bevölkerung nachhaltig abzusichern. Eine Fluglinie mit Sitz in Österreich erhöht die Attraktivität des Standorts und schafft direkt wie indirekt Arbeitsplätze. Es werden derzeit unterschiedliche Modelle diskutiert, wie eine Lösung aussehen könnte. Eines ist jedoch klar: Die Österreicherinnen und Österreicher müssen auch etwas davon haben.

WANN & WO: Die kürzlich getroffenen Aussagen von Landeshauptmann Wallner bezüglich einer Neuaushandlung des Regierungsprogramms im Anschluss an die Krise sorgten für Zündstoff, auch in Bezug auf die Regierungskonstellation auf Bundesebene. Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit mit ihrem Koalitionspartner?

Dr. Magnus Brunner: Landeshauptmann Wallner sprach von einer Neu-Evaluierung verschiedener Projekte in Vorarlberg, die man sich in Anbetracht der Kosten im Anschluss an die Krise anschauen muss. Der Landeshauptmann genießt mein vollstes Vertrauen, zudem handelt es sich um eine Sache der Vorarlberger Regierung. Auf Bundesebene funktioniert die Zusammenarbeit mit unserem Koalitionspartner hervorragend, wir ziehen alle an einem Strang.

WANN & WO: Die restriktiven Maßnahmen der Regierung haben Wirkung gezeigt, Österreich befindet sich im internationalen Vergleich gerade bei der Neuinfektionsrate auf einem guten Weg. Wie beurteilen Sie die Lage?

Dr. Magnus Brunner: Die österreichischen Zahlen sprechen im gesundheitlichen Bereich für sich und unser Modell dient inzwischen vielen Staaten als Vorbild. Natürlich waren die Maßnahmen sehr massiv, auch die rasche Umsetzung und die Bereitschaft der Bevölkerung, in diesen für jeden Einzelnen schwierigen Zeiten mitzumachen, haben Wirkung gezeigt. Jetzt geht es darum, unsere Wirtschaft wieder langsam hochzufahren. Gleichzeitig bedarf es höchster Vorsicht, um die Kurve weiterhin flach zu halten. Deshalb auch die periodische Zurücknahme von Restriktionen im Zwei-Wochen-Rhythmus – die oft zitierte zweite Welle soll verhindert werden. Das gelingt aber nur dann, wenn sich die Bevölkerung weiterhin wie bisher an den Maßnahmen beteiligt.

WANN & WO: Stichwort Maßnahmen: Wie stehen Sie als Jurist zu den Vorwürfen, dass gerade im rechtlichen Bereich in verschiedenen Situationen über das Ziel hinausgeschossen wurde? Kritische Stimmen sprechen schon von der „Installation eines Überwachungsstaats“, auch Kanzler Kurz räumte ein, dass gewisse Maßnahmen verfassungsrechtlich nicht konform gehen können?

Dr. Magnus Brunner: Ich finde den Vorwurf, dass eine Art „Überwachsungsstaat“ installiert werden könnte, übertrieben. Das zeigt sich gerade jetzt bei der sukzessiven Zurücknahme der Maßnahmen. Außerdem herrscht in den meisten Punkten ein breiter Konsens im Parlament, auch zwischen Regierung und Opposition. Gleichzeitig arbeiten Juristen mit Hochruck an der Umsetzung dieser Gesetze. Dass dabei Fehler passieren, ist angesichts der Bedrohung, die durch diese Krankheit ausgeht, meines Erachtens nach, verständlich. Und sie werden auch schnellstmöglich korrigiert.

WANN & WO: Corona und die Politik: Besteht nicht auch die Gefahr, dass Politiker die Corona-Krise für parteipolitische oder sogar persönliche Zwecke nutzen?

Dr. Magnus Brunner: Diese Gefahr besteht in der Politik immer (schmunzelt). Die Auftritte der handelnden Akteure wie beispielsweise von Kanzler Kurz und Vizekanzler Kogler, aber natürlich auch von Gesundheitsminister Anschober und Innenminister Nehammer, dienen schlichtweg der Information. Das Kommunizieren derart einschneidender Maßnahmen bedarf viel Vorbereitung und Vorsicht. Umso wichtiger ist Transparenz. Die Gefahr des Populismus besteht immer. Aus meiner Sicht waren die Auftritte aber  zur Beruhigung der Bevölkerung enorm wichtig.

Kurz gefragt

Wie gewinnen Sie Abstand von Ihrem stressigen Alltag? Am besten mit meiner Familie. Das war in den letzten Wochen natürlich schwierig und ist sicher auch etwas zu kurz gekommen.

Womit kann man Sie verführen? Beruflich am liebsten mit Ideen, die man praktisch auch umsetzen kann. Das hat mich – vor allem in der Zeit vor der Krise – bei vielen Unternehmens­besuchen  im ganzen Land beeindruckt und intensiv beschäftigt.

Wie halten Sie sich fit? Am liebsten mit Tennis. Außerdem laufe ich sehr gerne, gerade Wien bietet sich hervorragend an, um die Stadt auf den eigenen Beinen zu erkunden.

Was ist Ihr größtes Laster? Unregelmäßige Essgewohnheiten. Wenn ich am Tag aufgrund von Terminen kaum Zeit zum Essen habe, wird der Kühlschrank am Abend schon mal geplündert. Was nicht sonderlich gesund sein soll.

Ihre Lieblings-Mahlzeit? Hier bevorzuge ich einen Grillabend in gemütlicher Runde.

Wie stehen Sie zu Verschwörungstheorien? Auf der einen Seite ist es teilweise amüsant, was alles im Netz herumspukt. Andererseits besteht bei gewissen Theorien natürlich die Gefahr, dass Teile der Bevölkerung diese manchmal sogar gefährlichen Hirngespinste für bare Münze nehmen und sich verunsichern lassen. Unser Job besteht darin, dem entgegen zu halten und die Wahrheit zu kommunizieren

Sie erleben Sebastian Kurz auch abseits des Rampenlichts. Welches persönliche Bild haben Sie vom Bundeskanzler? Auch abseits der Pressekonferenzen ist es beeindruckend, wie uns unser  Kanzler durch die Krise führt. Besonders schätze ich seine Fähigkeit, schwierige Themen sachlich, nüchtern und ruhig zu kommunizieren. Ich glaube, gerade in schwierigen Zeiten, offenbaren sich die Qualitäten eines guten Politikers.

Zur Person

Wohnort, Geburtstag: Bregenz, 6. Mai 1972
Familienstand, Partei: Verheiratet, drei Kinder, ÖVP
Politische Laufbahn: Seit 7. Jänner Staatssekretär im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, zuvor elf Jahre lang im Bundesrat.

Die gesamte Ausgabe der Wann & Wo lesen Sie hier.

(WANN & WO)

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