AA

"Jeder sollte mal im Altersheim arbeiten"

Privat
Privat ©"An der Arbeit im sozialen Bereich gefällt mir am meisten, dass du extrem viel zurückbekommst," sagt Patrick Kaiser aus Hard.
Valentina Radojicic (VOL.AT) valentina.radojicic@russmedia.com
Vom Elementarpädagogen zum Zivildiener im Altersheim - Patrick hat ein Händchen für Groß und Klein.

Der 20-jährige Patrick Kaiser aus Hard hat im Sozialzentrum Mariahilf als Zivildiener das Leben vieler Menschen bereichert. Doch er wusste schon lange vor seinem Zivildienst, dass die Arbeit im sozialen Bereich seine Berufung ist.

"Ich will Lehrerin werden"

Schon früh stand für den 20-Jährigen fest, dass er einmal im sozialen Bereich arbeiten möchte. Nach seinem ersten Schultag erklärte er stolz seinen Eltern: "Mama, Papa, ich will Lehrerin werden, wenn ich groß bin.“ Er erläutert: "Ich meinte natürlich 'Lehrer'. Mit sechs Jahren konnte ich das nur nicht ausdrücken, da ich eine Lehrerin hatte, die ich super fand," erinnert er sich. "Ich wusste immer schon, dass ich im sozialen Bereich arbeiten will.“

Seit seinem ersten Schultag wusste Patrick, was er will.
Seit seinem ersten Schultag wusste Patrick, was er will. ©Privat

Nachdem er die Musikmittelschule abgeschlossen hatte, entschied er sich für die BAfEP (Bildungsanstalt für Elementarpädagogik). Heute ist Patrick diplomierter Elementarpädagoge. "An der Arbeit im sozialen Bereich gefällt mir am meisten, dass du extrem viel zurückbekommst." Vor allem die Arbeit mit kleinen Kindern hat ihm gezeigt: "Die Kinder sind immer ehrlich zu dir. Sie sagen dir, wenn sie dich gut oder doof finden."

Nach der Musikmittelschule entschied sich Patrick für die BAfEP und ist mittlerweile diplomierter Elementarpädagoge.
Nach der Musikmittelschule entschied sich Patrick für die BAfEP und ist mittlerweile diplomierter Elementarpädagoge. ©Privat

Patricks Engagement in der Kirche

Sonntags findet man Patrick in der Kirche. Seit seiner Erstkommunion ist er Mitglied bei der Pfarrkirche Mariahilf. "Ich sah damals die Ministranten und fand das richtig cool und wollte es auch machen", erzählt er mit Begeisterung. Mit 13 Jahren wurde er Jungscharleiter.

Patrick bei seiner Erstkommunion.
Patrick bei seiner Erstkommunion. ©Privat

"Derzeit habe ich die ältesten in meiner Gruppe, die haben wenig Lust, dass man ihnen Geschichten aus der Bibel erzählt. Wir spielen meistens Spiele oder reden einfach so über das Leben. Manchmal heulen sie sich auch einfach bei mir aus“, erzählt er mit einem Schmunzeln. Gemeinsam mit seinen Freunden organisiert er die Sternsinger-Aktion, begleitet die Ministranten und plant Ausflüge.

Patrick und Lisa mit den Sternsingern.
Patrick und Lisa mit den Sternsingern. ©Privat

"Ich habe den ganzen Tag geweint"

"In meinem ersten Jahr im Altersheim, als ich mit 15 meinen ersten Ferialjob dort machte, wurde ich hauptsächlich für die Unterhaltung der Senioren eingesetzt. Damals ist dann eine Bewohnerin gestorben. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern. Ich bin in Tränen ausgebrochen. Ich kannte die Frau nur drei Wochen und sie war zusätzlich auch noch dement, also konnte ich auch gar kein richtiges Gespräch mit ihr führen, aber ich habe den ganzen Tag geweint", erzählt Patrick. Mittlerweile wisse er, wie er mit dem Tod und dem Verlust besser umgehen kann: "Gerade gestern ist eine Bewohnerin gestorben. Ihr ging es gesundheitlich nicht gut und jetzt denke ich mir: 'Gott sei Dank können sie endlich weitergehen' und ich weiß, dass ich mich gut um sie gekümmert habe und für sie da war. Ich freue mich nicht, dass sie tot ist, ich freue mich, dass ihr Leid beendet wurde und sie zum Herrn gehen darf", erläutert er.

Der 20-Jährige Pädagoge mit seiner Ministranten-Gruppe.
Der 20-Jährige Pädagoge mit seiner Ministranten-Gruppe. ©Privat

"Die Arbeit mit alten Menschen ist etwas ganz Besonderes"

Nach der Schule und einem Jahr auf Reisen absolvierte Patrick seinen Zivildienst. Der 20-Jährige arbeitete insgesamt vier Sommer als Ferialer im Sozialzentrum Mariahilf und kannte das Personal und ein paar Bewohner bereits. "Es war einfach spitze. Ich kannte viele Abläufe schon", erzählt Patrick von seiner Zeit im Altersheim. "Die Arbeit mit alten Menschen ist etwas ganz Besonderes. Oft hat man zwar nicht so viel Zeit für die Bewohner, wie man gerne hätte, aber wenn man mal Zeit hat, merkt man gleich, wie viel man mit ihnen machen kann und wie es ihnen auch hilft", so der 20-Jährige.

"Das hört sich jetzt kitschig an, aber es ist alles so passiert, wie es passieren hätte sollen.“
"Das hört sich jetzt kitschig an, aber es ist alles so passiert, wie es passieren hätte sollen.“ ©Privat

Die Zeit als Zivildiener

Zu seinen Aufgaben sagt Patrick: "Hauptsächlich bist du da, um zu schauen, dass es den Leuten gut geht." Dass Personalmangel ein Thema im Pflegebereich ist, steht außer Frage: "Man merkt natürlich, dass sie alle sehr unter Stress stehen. Alle haben viel zu tun. Aber ich muss sagen: Die Interaktion mit dem Personal war immer sehr gut. Sie haben mir oft gesagt, wie dankbar sie sind, dass ich da bin. Bei jeder Kleinigkeit, die ich übernehmen konnte, freuten sie sich immens", erzählt Patrick.

Auch Wohnbereichsleiter Gerhard Hofer äußert sich zum 20-Jährigen: "Patrick war ein sehr pflichtbewusster Mann, der seine Aufgaben immer zufriedenstellend erledigt hat. Er ist auch bereit gewesen, Arbeit zu übernehmen, die nicht direkt in seinen Arbeitsbereich gefallen ist. Was ihn aber am meisten ausgezeichnet hat, ist der Umgang mit den Menschen. Einerseits mit den Mitarbeitern, denn er war fröhlich, hatte einen Scherz auf Lager und war hilfsbereit. Andererseits konnte er mit den Bewohnern auch sehr gut umgehen."

"Wie haltest du das aus, Patrick?"

Patrick erzählt, man würde ihn immer wieder fragen, wie er diesen Job machen kann, wie er das aushalten würde. Er erläutert: "Jeder Mensch sollte in seinem Leben mal eine Woche oder so als Freiwilliger in ein Altersheim gehen. Meld dich an, schnapp dir einen Senior, hör dir an, was sie zu erzählen haben. Ich glaube, vielen ist nicht klar, wie viele positive Seiten der Beruf im Sozialbereich hat. Wir waren alle mal Kinder und es war jemand da, der sich um uns gekümmert hat. Wir werden alle mal alt sein, und wir werden uns auch wünschen, dass sich jemand um uns kümmert."

Patrick mit seinen Freunden Janine, Lilly, Lukas und Lisa.
Patrick mit seinen Freunden Janine, Lilly, Lukas und Lisa. ©Privat

Abschied von der "Stammtischrunde"

Der 20-jährige Elementarpädagoge konnte sich in seiner Zeit als Zivildiener sogar der Männergruppe anschließen, die sich jeden Nachmittag im Wohnbereich zu ihrer Stammtischrunde trifft. Gerhard Hofer erklärt: "Wie im Wirtshaus besprechen sie dort die großen und kleinen Probleme der Welt. Die Stammtischrunde hat ihn sogar am letzten Tag, mit Sekt und Torte verabschiedet."

Patrick wurde an seinem letzten Tag mit Sekt und Kuchen überrascht.
Die Verabschiedung an Patricks letztem Tag im Sozialzentrum. ©Privat

Auch zu Patricks Umgang mit den Bewohnern, die an Demenz erkrankt sind, findet Hofer Worte: "Mit den demenziell veränderten Bewohnern konnte er gut umgehen. Obwohl er keine Ausbildung dazu hatte, konnte er sie im Gespräch abholen, vermutlich sind ihm intuitiv die richtigen Worte eingefallen. Dadurch haben sich die Bewohner verstanden gefühlt und sich eine Zeit lang wieder beruhigt."

Patrick erzählt lächelnd: "Wenn man sich nur zu ihnen hockt und ein bisschen plaudert, auch wenn sie einem nicht antworten, merkt man sofort, dass sie da sind. Einer greift nach deiner Hand oder grinst manchmal. Einen hatten wir auch, der zeigte immer ein Daumen hoch, wenn man mit ihm geredet hat."

"Danke für alles, Patrick"

Patrick Kaiser aus Hard war eine große Bereicherung für das Team im Sozialzentrum Mariahilf. Susanne beschreibt ihn mit den Worten: "Patrick war eine große Bereicherung für unser Team mit seiner Hilfsbereitschaft, Fröhlichkeit und Zuverlässigkeit. Er war immer für die Bewohner, Angehörige und das Personal da." Patrizia fügt hinzu: "Unser liebster Zivildiener Patrick ist ein liebevoller Mensch, hilfsbereit und sehr nett zu unseren Bewohnern gewesen. Er hat eine sehr ruhige Art und hat immer Zeit gefunden, um mit unseren Bewohnern zu reden. Leider verlässt er uns. Er war eine wirklich große Bereicherung für unser Team. Ich wünsche ihm alles Gute für seine Zukunft." Ljiljana betont: "Patrick war sich seiner Verantwortung als Zivi sehr bewusst. Er hat immer über den Tellerrand geblickt. Ich habe ihn und seine Arbeit sehr geschätzt und wünsche ihm nur das Beste für seine Zukunft. Danke für alles, Patrick."

Patrick und das Team des Sozialzentrums beim Abschiedsessen.
Patrick und das Team des Sozialzentrums beim Abschiedsessen. ©Privat

"Abschließend kann ich sagen: Es war eine Herausforderung, aber jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin hat ihren Teil dazu beigetragen, mir da durchzuhelfen. Es hat Situationen gegeben, die mich stark gefordert haben, aber die Mitarbeitenden waren da für mich. Jeder einzelne dort hat mich unterstützt. Es hat einfach 'Gaude' gemacht. Rückblickend waren die letzten neun Monate einfach cool,“ so Patrick, dem man seine Dankbarkeit ansieht.

(VOL.AT)

  • VOL.AT
  • Vorarlberg
  • "Jeder sollte mal im Altersheim arbeiten"