Italien: Tauziehen um neuen Präsidenten - Weisen legen Vorschläge vor
Italiens Mitte-rechts-Chef Silvio Berlusconi erklärte sich am Freitag bereit, die Kandidatur eines Mitte-links-Politikers für das Amt des Staatspräsidenten zu unterstützen. Dafür will er jedoch, dass seine Mitte-rechts-Allianz in einer Großen Koalition mitregieren darf.
Berlusconi würde Bersani-Kandidatur unterstützen
“Wenn wir einen gemeinsamen Weg für die Wahl des Präsidenten vereinbaren, muss es auch zu einer Einigung für eine Regierung aus einer Großen Koalition kommen mit Ministern, die wir gemeinsam wählen”, sagte Berlusconi in einem am Freitag veröffentlichten Interview der Zeitung “La Repubblica”. Der Medienzar hatte zuvor zu verstehen geben, dass er auch eine Kandidatur seines Erzrivalen, Mitte-links-Chef Pierluigi Bersani, unterstützen würde. Dieser zeigt jedoch kaum Interesse für das Amt. Sein Ziel sei jetzt, zur Bildung einer soliden Regierung in Rom beizutragen, sagte Bersani, der bisher mit der Bildung eines tragfähigen Kabinetts gescheitert ist.
Gerüchte um Kandidaten
In Rom werden die verschiedensten Kandidaten für die Nachfolge Napolitanos ins Rennen gebracht. Zu ihnen zählt auch der emeritierte Präsident des Verfassungsgerichts Gustavo Zagrebelsky. Dieser dementierte jedoch, jegliche Chancen auf das Quirinal zu haben. Auch der Name der früheren EU-Menschenrechtskommissarin Emma Bonino kommt in Zusammenhang mit der Präsidentenwahl immer wieder ins Gespräch. Gute Chancen werden auch Justizministerin Paola Severino eingeräumt.
Starkomiker Grillo startet Online-Abstimmung
Die “Fünf Sterne”-Bewegung um den Starkomiker Beppe Grillo startete indes ihre Online-Abstimmung für die Wahl der Kandidaten, die sie für die Präsidentenwahl vorschlagen will. Zu den Kandidaten, für die die Grillo-Anhänger im Web stimmen können, zählen unter anderem die Starreporterin Milena Gabanelli und der Gründer der Menschenrechtsorganisation Emergency, Gino Strada. Die Internet-Abstimmung wurde jedoch von Hackern gestört, die in die Webseite der Bewegung eindrangen.
Experten legen Vorschläge für Reformen vor
Unterdessen haben die beiden Arbeitsgruppen aus zehn Experten, die Napolitano am Osterwochenende eingesetzt hat, am Freitag ihre Vorschläge für wirtschaftliche und politische Reformen vorgestellt. Diese sollen als Basis für ein künftiges Regierungsprogramm dienen. Die Experten legten unter anderem einen Vorschlag für eine Reform des Wahlgesetzes vor. Dieses sieht ein gemischtes System aus reinem Proporzsystem und Mehrheitswahlrecht, eine Sperrklausel und eine Stabilitätsprämie vor. Die Weisen drängten auf eine Abschaffung der Auslandswahlkreise und auf die Kürzung der Parlamentarierzahl. Die heutigen 630 Sitze in Abgeordnetenkammer sollen auf 480 schrumpfen, lautet der Vorschlag der Arbeitsgruppen.
Berlusconi wäre bei Neuwahlen vorne
Berlusconi spürt inzwischen Rückenwind. Seine Mitte-rechts-Partei “Volk der Freiheit” (PdL) würde zur stärksten Einzelpartei aufrücken, sollte es zu sofortigen Neuwahlen kommen, geht aus einer am Freitag veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts SWG hervor. Berlusconis PdL würde auf 26,9 Prozent der Stimmen kommen, das sind 1,9 Prozent mehr als bei einer ähnlichen Umfrage, die vergangene Woche veröffentlicht worden war. Die Demokratische Partei (PD) um Bersani folgt auf den Fesen mit 26,8 Prozent. Die Partei konnte in den vergangenen sieben Tagen um 1,3 Prozent zulegen. Die “Fünf Sterne”-Bewegung verlor dagegen laut der Umfrage 1,4 Prozent der Stimmen gegenüber der Umfrage der vergangenen Woche und müsste sich bei Neuwahlen mit 24 Prozent der Stimmen begnügen. Sie wäre somit jedoch weiterhin drittstärkste Kraft mit römischen Parlament.
45% wollen Berlusconi-Bersani-Regierung
45 Prozent der Italiener sind für eine Regierung, der sowohl Berlusconi, als auch Bersani beitreten sollen. 37 Prozent der Italiener fordern Neuwahlen nach einer Reform des Wahlgesetzes. 55 Prozent fordern einen Chefwechsel im Mitte-links-Bündnis. Bersani, der bei seinen Bemühungen für eine Regierungsbildung gescheitert war, solle mit seinem internen Rivalen, dem 37-jährigen Bürgermeister von Florenz, Matteo Renzi, ersetzt werden, behaupten 55 Prozent der Befragten. (APA)
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