Insolvenzen im 1. Halbjahr: Stärkster Rückgang in Vorarlberg

Die Insolvenz des Salzburger Baukonzerns Alpine Bau – die größte Pleite der Zweiten Republik – wirbelt die heimische Firmen-Insolvenzstatistik im ersten Halbjahr durcheinander.

Alpine-Pleite lässt Passiva explodieren

Die Schulden der insolventen Unternehmen in Österreich sind durch diesen historischen Insolvenzfall laut Kreditschutzverband (KSV) von 1870 um das 2,7-fache der Vergleichsperiode auf 3,8 Mrd. Euro gestiegen.

Ohne Alpine-Pleite wären es 1,2 Mrd. gewesen und damit ein Rückgang. “Dieser eine Fall stellt alles in den Schatten, was sonst in diesem Zeitraum in Österreich passiert ist”, so KSV-Insolvenz-Experte Hans-Georg Kantner am Dienstag vor Journalisten in Wien.

18.000 Österreicher durch Insolvenzen ohne Job

Die Zahl der Mitarbeiter, die in insolventen Betrieben arbeiten, schnellte im ersten Halbjahr 2013 im Vergleich zur Vorjahresperiode um 85 Prozent auf 18.000 Personen hinauf, davon allein 4.900 Mitarbeiter der Alpine Bau. Auch ohne Insolvenz der Alpine Bau wäre die Anzahl der betroffenen Mitarbeiter um rund 34 Prozent gestiegen, geht aus der KSV-Hochrechnung hervor. Die Insolvenzfälle seien im Hinblick auf die Mitarbeiter deutlich größer als im Vorjahr und es gebe keine Anzeichen dafür, dass dieser Trend sich rasch umkehre, so Kantner.

Insolvenzen im 1. Halbjahr rückläufig

Insgesamt gab es im 1. Halbjahr einen Rückgang der Firmenpleiten in Österreich um rund 7 Prozent auf 2.828 Fälle. Die eröffneten Verfahren gingen um etwa 10 Prozent auf 1.633 zurück, die mangels kostendeckenden Vermögens nicht eröffneten Konkurse um 3 Prozent auf 1.195.

Anstieg der Firmenpleiten erwartet

Im zweiten Halbjahr erwartet Kantner wieder einen Anstieg der Insolvenzfälle: Nur der Rückgang aus dem ersten Halbjahr werde dafür sorgen, dass die Gesamtzahlen 2013 etwa auf dem Niveau von 2012 verharren. Die Passiva und betroffenen Arbeitsplätze würden aber zeigen, dass es einen Trend zur Entspannung derzeit nicht gebe. “Die derzeitige Konjunkturlage verheißt wenig Gutes. Und die Bereitschaft der Banken, notleidende Unternehmen durch ein neuerliches Konjunkturtief zu tragen, war auch schon höher”, so der Insolvenzexperte.

Alpine: die größte Pleite der Zweiten Republik

Die größten Insolvenzen im 1. Halbjahr waren laut KSV die Alpine Bau GmbH mit Passiva in der Höhe von 2,563 Mrd. Euro, gefolgt von der Jetalliance-Gruppe mit 58,5 Mio. Euro, der Elektronikkette Niedermeyer (35 Mio. Euro), dem Fertighaushersteller GriffnerHaus (34,1 Mio. Euro), Angerlehner Hoch- und Tiefbau (25,8 Mio. Euro) und EuroBioFuels (25,0 Mio. Euro).

Rückläufiger Bundestrend – Anstieg in Tirol

Entgegen dem rückläufigen Bundestrend verzeichnet Tirol einen Anstieg der Insolvenzen um 17 Prozent auf 210 Fälle. Betroffen waren vor allem Kleinstunternehmen aus dem Transport- und Gastgewerbe. Die Entwicklung in Tirol sei “nicht besorgniserregend, weil das Land wirtschaftlich gut da steht”, betonte Kantner.

Kärnten bereitet Kopfzerbrechen

Kopfzerbechen bereitet ihm hingegen die Entwicklung in Kärnten. Die Insolvenzen stiegen in Kärnten um 9 Prozent auf 223 Fälle und die Insolvenzpassiva schnellten – unter anderem wegen der Großinsolvenz Griffner Haus mit 34 Mio. Euro – um 89 Prozent auf 219 Mio. Euro hinauf.

Rückgang um 31 Prozent in Vorarlberg

Die stärksten Rückgänge bei den Insolvenzfällen wurden in Vorarlberg (- 31 Prozent) und Salzburg (-16 Prozent) verzeichnet. Während die Zahl der Firmeninsolvenzen im Ländle zwar zurückging, gab es einen Anstieg bei den Privatpleiten. Eine Trendumkehr wird befürchtet.

4.740 Schuldenregulierungsverfahren

Bei den Privatkonkursen wurden im ersten Halbjahr laut KSV insgesamt 4.740 Schuldenregulierungsverfahren eröffnet, um 4,3 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Die Kreditschützer verzeichneten einen Rückgang in nahezu allen Bundesländern.

Kantner: “Privatkonkurs-Reform umsetzen”

Kantner forderte die seit Jahren in Aussicht stehende Privatkonkurs-Reform umzusetzen. Es gebe in Österreich 100.000 bis 150.000 Personen, die “dringend” eine Schuldenregulierung brauchen würden, weil sie “materiell insolvent” seien.

(APA, red.)