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Im Wiener AKH werden Operationen immer wieder verschoben

Das neue Arbeitszeitgesetz für Ärzte trifft das AKH hart.
Das neue Arbeitszeitgesetz für Ärzte trifft das AKH hart. ©APA
Die neue Dienstzeitenregelung für Ärzte bringt für das Wiener AKH als Österreichs größte Spitals- und Wissenschaftseinrichtung massive Probleme: Unter anderem ist die Besetzung tagsüber geringer, außerdem müssen Operationen immer wieder verschoben werden. Längere Wartezeiten für die Patienten sind die Folge.
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Ärztebetriebsrat, MedUni Wien-Rektorat und Wissenschaftsministerium ringen seit langem um eine Neuregelung bei den Ärztegehältern nach Inkrafttreten der neuen Ärztedienstzeit-Vorschriften Anfang des Jahres. Doch das Geld ist nur eine Seite. Die andere sind die Ärzte-Personalkapazitäten. Wenn Ärzte pro Woche nicht mehr 60, sondern 48 Stunden arbeiten, müssen offenbar Auswirkungen spürbar sein.

Besetzung am Tag ist im AKH geringer

“Tatsache ist, dass die Besetzung am Tag geringer ist”, sagte der neue AKH-Direktor Herwig Wetzlinger gegenüber der APA. Grund sei, dass die Verhandlungen über eine Neufassung der Betriebsvereinbarung zwischen Rektor Wolfgang Schütz und dem Betriebsrat noch keine Einigung gebracht hätten. Man könne organisatorisch wohl erst nach einem Abschluss weitere Maßnahmen setzen. Mit im Spiel ist das Wissenschaftsministerium, weil die Ärzte der Universitätskliniken Angestellte des Wissenschaftsministeriums sind.

“Man muss zwei Probleme klar trennen”

Ein Abteilungsleiter am Wiener AKH/Universitätskliniken erklärte dazu gegenüber der APA: “Man muss zwei Probleme klar trennen: Gehälter und Strukturen.” Zuerst müsse die Frage der Ärztegehälter geklärt werden. “Die Ärzte verdienen wie die Ober in der Gastronomie. Sie bekommen ein geringes Grundgehalt, das ‘Trinkgeld’ waren für sie bisher die Nachtdienste.” Fallen diese weg, müsste man das ausgleichen. Das Wiener AKH sei “die letzte Institution”, für die es bisher keine Einigung gebe. “Ich habe noch nie einen derartigen Grad an Demotivation bei den Kollegen gesehen.” Die zweite Maßnahme müssten strukturelle Änderungen samt Sicherstellung der Ärzte-Personalressourcen mit einem Ausgleich der nunmehr fehlenden Kapazitäten sein.

Qualität hat sich verschlechtert

Bereits Montagmittag ging zu der Causa ein Schreiben aus dem Gremium der Primarärzte des AKH an Rektor, AKH-Direktion, Vertreter des Wissenschaftsministeriums und an mehr als 50 Klinik- und Abteilungsleiter. Darin heißt es unter anderem: “Es besteht kein Zweifel, dass seit der Einführung des KA-AZG (Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz, Anm.) sich die Qualität der Versorgung im Bereich des AKH dramatisch verschlechtert hat. Dieses haben die diversen Klinikvorstände und Abteilungsleiter in unzähligen Wortmeldungen (…) vorgebracht (…).”

Nun sei die Situation trotz Bemühungen der Ärzteschaft in der Qualität der Patientenversorgung “äußerst gefährdet und mehr als nur infrage gestellt”, heißt es in dem Schreiben. Im Detail wird genannt: “Etwa 50 Patienten (allein im Thoraxchirurgie-Bereich 30) müssen regelmäßig jede Woche in ihrem Operationstermin verschoben werden, was unweigerlich zu einer katastrophalen Warteliste führt (…).”

Längere Wartezeiten für AKH-Patienten

Auf der Strahlentherapie müssten Patienten bereits Wartezeiten von zwei Monaten allein nur für einen Vorstellungstermin in Kauf nehmen. Dies führe zu einer “schwerwiegenden Verletzung gegenüber internationalen Richtlinien” in der Patientenversorgung. Unfallchirurgie, Notfallaufnahme, Geburtshilfe und Gynäkologie sowie Kardiologie würden sich “jenseits ihrer Leistungsfähigkeit bewegen, wenn sie sich gesetzeskonform unter Bedachtnahme auf optimale Qualität” verhalten wollten.

Im Rektorat wollte man zu dem Brief keine Stellungnahme abgeben. “Wir kommentieren interne Schreiben nicht öffentlich. Wir sind mitten in Verhandlungen”, erklärte am Dienstagnachmittag ein Sprecher.

Operationen werden verschoben

Der offenen Lösung der Probleme am Wiener AKH mit den Universitätskliniken der MedUni Wien steht offenbar die von Primarärzten und Abteilungsleitern als prekär eingeschätzte Situation an der Spitzenklinik gegenüber. Ein leitender Arzt gegenüber der APA: “Es gibt in allen Operationsbereichen ständig OP-Verschiebungen.” Der international anerkannte Spitzenmediziner fügte hinzu: “Es fehlt das Personal für die Auf- und die Draufsicht in der Ausbildung der Fachärzte. In der Ambulanz steht ein in Ausbildung befindlicher Arzt.” Sonst sei da niemand mehr da.

Was noch hinzu kommt: Bei Schwerkranken und schwierig zu betreuenden Patienten benötigt man eine gewisse Kontinuität der behandelnden Ärzte. Das Urteil eines verantwortlichen Arztes: “Wenn da ein Spezialist am Wochenende mit der Therapie eines Patienten beginnt, ist er (nach dem Wochenenddienst; Anm.) frühestens am Mittwoch wieder im Dienst.”

Alle Patienten in Wien betroffen

Selbst wenn man sich auch an den Wiener Universitätskliniken im AKH auf neue Gehaltsregelungen einigen sollte, bedeutet das noch nicht ein Ende der Probleme. Regelmäßig weniger mögliche Arbeitszeit für Ärzte bedingen wohl Leistungseinschränkungen oder mehr Ärzte-Anstellungen.

Man habe seit Anfang des Jahres das neue Ärzte-Arbeitszeitgesetz. Das werde “alle Patienten betreffen”, es “werde alle Patienten in Wien betreffen”, hieß es vor wenigen Tagen bei einer Pressekonferenz im Wiener AKH aus Anlass des Welt-Krebstages. Die Personalknappheit werde sich auch auf Wissenschaft und Lehre auswirken und sei außerordentlich gefährlich für das Land.

(APA)

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