AA

„Ich möchte mich bei allen bedanken, die mir das Leben gerettet haben“

©Wann & Wo/Sams
Im August 2019 hatte Renato Schneider, langjähriger Geschäftsführer von Autohaus Strolz, einen Herzstillstand. Mit WANN & WO sprach er über seine ­Rettung, wie er nun ­verstärkt in sich hinein hört und neue Herausforderungen im Leben.  

von Harald Küng/Wann & Wo

WANN & WO: Herr Schneider, Sie sind dem Tod im vergangenen Jahr nur knapp von der Schippe gesprungen. Wie erinnern Sie sich an diese schicksalshafte Zeit?

Renato Schneider: Einer meiner besten Freunde ist vergangenes Jahr viel zu früh an einem Herzstillstand gestorben. Das war für mich ein sehr einschneidendes Erlebnis. Und kurze Zeit später war ich selbst damit konfrontiert, mich einer Bypass-OP zu unterziehen. Ein sechsfacher Bypass – von heute auf morgen. Ich war in der Früh noch 50 Kilometer radfahren, habe nichts gemerkt, hatte keinerlei Einschränkungen. Ich bin allerdings von meinen Eltern vorbelastet. Es war dann aber durchaus ein Schock: Am Samstagabend hatte ich plötzlich diesen Schmerz. Wir sind dann ins Krankenhaus und dort wurde ich gleich auf die Intensivstation gebracht.  Ein paar Tage später war der Termin für die OP. Das war für mich dann schwierig zu realisieren.  Man kommt da ja auch nicht raus, wie man davor war. Man ist gezeichnet, das Brustbein wird auseinandergesägt. Die Lage war mir bewusst – und sie war alles andere als erfreulich.

WANN & WO: Wie ging es dann weiter?

Renato Schneider: Ich konnte das Krankenhaus eine Woche nach der OP wieder verlassen und war eigentlich auf einem ganz guten Weg. Ich war dann vier Wochen in Isny auf Reha. Das ist nun knapp ein Jahr her. Und drei Tage, nachdem ich wieder zuhause war, hatte ich hier auf der Terrasse einen Herzstillstand.

WANN & WO: Können Sie sich an den Vorfall selbst erinnern?

Renato Schneider: Nein. Ich bin fünf Tage später auf der Intensiv aufgewacht. Ich wurde in Tiefschlaf versetzt, es war ja unklar, welche Schäden ich davontragen würde. Ich war anfangs noch etwas Gaga, mir hat ja auch eine ganze Woche gefehlt. Ich fragte dann nur, was los sei und bekam als Antwort: Du hattest einen Herzstillstand. Auslöser war eine verstopfte Hauptleitung an einer Nahtstelle. Für meine Familie war die Wartezeit sehr schlimm. Die Ärzte haben auch gleich gesagt, dass möglicherweise Folgeschäden bleiben können. Aber wie es aussieht, habe ich heute nicht mehr Schäden, als davor (lacht).

WANN & WO: Gefunden wurden Sie von Ihrer Frau und Ihrer Tochter.

Renato Schneider: Das ist richtig. Sabine hat gesehen, wie ich reglos im Gartenstuhl hing, im Gesicht schon ganz blau. Hätten die beiden mich nicht rechtzeitig gefunden, würden wir heute nicht dieses Gespräch führen. Sie hat dann die ersten Wiederbelebungsmaßnahmen und einen Notruf abgegeben. Auch die Nachbarn waren sofort zur Stelle und haben geholfen. Schließlich kamen noch First-Responder mit Defibrillatoren dazu und haben mir vier Stromstöße versetzt. Dann kam die Notärztin. Nach einer Stunde war ich stabil und wurde mit der Rettung ins LKH Feldkirch gebracht. Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen bedanken, die mir das Leben an diesem Tag gerettet haben. Ich habe eine tiefe Dankbarkeit für alle, die geholfen haben. Meine Frau, meine Nachbarn, die First Responder. Ohne sie wäre es vermutlich weitaus schlimmer ausgegangen.

WANN & WO: Wie geht es Ihnen heute nach dieser einschneidenen Erfahrung? Schwingt in Ihrem Alltag nun immer etwas Angst mit?

Renato Schneider: Angst eigentlich nur in dem Sinne, dass ich nun verstärkt in mich hinein höre. Das ist schon so. Könnte da was sein? Drückt da etwas? Es ist ja doch alles noch relativ frisch, auch der Heilungsprozess von der OP. Aber man lernt, mit der Situation umzugehen. Ich fühle mich zwar wieder fit, aber es ist doch alles ein bisschen anders. Und man hört natürlich auch immer wieder von anderen, die nicht soviel Glück hatten und gestorben sind. Ich achte darauf, dass ich viel Bewegung habe, das ist für mich sehr wichtig. Ich sehe es so: Meine Zeit ist noch nicht vorüber. Ich hatte vor rund 30 Jahren schon einmal einen kritischen Zwischenfall beim Segeln. Die Seepolizei rettete uns da aus höchster Lebensgefahr. Mein Freund war schon bewusstlos und stark unterkühlt, auch ich war schon ziemlich heruntergefahren. Ein guter Geist hat uns beobachtet und die Polizei gerufen. Das war ein erster Teil – der Herzstillstand nun ein weiterer.

WANN & WO: Sehen Sie den Vorfall  als Warnschuss?

Renato Schneider: Ich würde es nicht als Warnschuss bezeichnen. Ich habe ja nichts getan, was ich nicht hätte tun dürfen. Für mich ist ein Warnschuss, wenn ich irgendwo ungesichert hochklettere, abstürze, überlebe – und mir dann denke: Ok, jetzt probierst du’s nochmal. Aber mit Seil. Dass am Boot was bricht und man in Seenot gerät, ist ein Unglück. Beim Herzstillstand kannst du aber nichts machen. Das passiert einfach. 

WANN & WO: Wir befinden uns inmitten einer Pandemie. Bereitet Ihnen das Coronavirus Sorgen?

Renato Schneider: Ich nehme das durchaus sehr ernst. Als es begonnen hat, war ich überwiegend zuhause und habe alles außerhalb der Familie mehr oder weniger abgeschottet. Natürlich, wenn ich jetzt irgendwo unterwegs bin, habe ich keine Garantie. Angst habe ich aber keine, man sollte das Thema aber nicht auf die leichte Schulter nehmen. Man kann sich da durchaus irreparable Geschichten holen. 

WANN & WO: Sie sind aus dem Autogeschäft in den Gesundheitsbereich umgestiegen, vertreiben nun orthopädische Bettsysteme. War der Vorfall ausschlaggebend, dass Sie sich so entschieden haben?

Renato Schneider: Ich habe mir tatsächlich gedacht, etwas für die Gesundheit machen. Meine eigene, aber auch die Gesundheit anderer. Schlaf ist enorm wichtig, tut den Menschen gut. Wir schlafen schließlich ein Drittel unseres Lebens. Und ich habe bei mir selbst gemerkt: Speziell das Herz braucht seine Ruhe. Das wird oft nicht in den Vordergrund gestellt. Ich mache das nun als Selbstständiger und schaue, dass ich mir Freiraum schaffen kann. Natürlich muss man schauen, dass man was verkauft und Geld verdient. Aber die persönliche Möglichkeit, selbst was zu tun, ist für mich wesentlich besser, als angestellt zu sein. Ich bestimme, was ich wann wo mache. Das ist ein großes Stück Lebensqualität.

WANN & WO: Geht ihnen das ­Autobusiness ab?

Renato Schneider: Eigentlich nicht, aber sag niemals nie. Es war eine tolle Zeit, über 40 Jahre. Das will ich auf gar keinen Fall missen. Ich habe dadurch meine Frau kennengelernt, viele Freunde und Kontakte gewonnen. Nach dem Tod von Erich Strolz haben wir eine Gesellschaft gegründet, ich war 20 Jahre lang Gesellschafter. Ab 2003 dann Geschäftsführer. Ich bereue auch nichts. Die gesundheitliche Situation hat mir aber gezeigt, dass das Leben möglicherweis plötzlich nicht so weitergeht, wie es immer war. Im Gegenteil: Es bietet viele neue Chancen. Am Anfang war das für mich nicht immer ganz einfach zu verstehen, aber mittlerweile passt das. Man muss manchmal auch einfach einmal einen Schritt zur Seite machen und sich die Dinge aus einer neuen Perspektive betrachten – dann hat man plötzlich ein Aha-Erlebnis. Für mich ist klar: Ich möchte morgens  aufstehen und mit denken: Was bringt der heutige Tag? Es muss Freude bereiten. Und man muss manchmal auch egostisch sein: Gerade wenn es um die Gesundheit geht. Und da darf man auch egoistisch sein. 

WANN & WO: Bis zur Pension hätten Sie nur mehr wenige Jahre. Denken Sie über das Thema nach?

Renato Schneider: Wenn es einem gut geht und man Freude hat, hat man keine Ambitionen, in Pension zu gehen. Und ich stehe erst wieder am Beginn eines neuen Wegs. Drum habe ich dieses Thema auch gar nicht im Kopf. Natürlich gab es Phasen, in denen ich darüber nachgedacht habe, gerade als es mir gesundheitlich nicht gut gegangen ist. Aber heute ist das nun gar kein Thema mehr für mich.

Kurz gefragt

Welches Auto steht in Ihrer Garage?Mir ist Audi über die Jahre ans Herz gewachsen. Das ist in meiner DNA und gefällt mir einfach. Ich fahr aktuell  einen A3 Sportback.

Haben Sie ein Traumauto? Es heißt, als echter Autofan muss man einmal einen Alfa besessen haben. Als Jugendlicher hätte ich auch gerne einen Alfa Romeo Montreal aus den 1970ern gehabt. (M)Ein Traumauto.

Elektro oder Benziner?Es hat beides seine Berechtigung. Am besten finde ich die Kombination daraus, wie die Firma Obrist es gerade mit dem „Hyper-Hybrid“ zeigt. Für mich ist das die optimale Lösung und die Zukunft.

Worauf schlafen Sie? Auf einem orthopädischen Bett. Schlafqualität ist Lebensqualität.

Wie halten Sie sich fit? Ich betreibe viel Sport und lese sehr gerne. Ich spiele auch oft Backgammon. Zudem koche und backe ich gern, das inspiriert mich und tut gut.

Vervollständigen Sie folgenden Satz: Familie ist für mich...? ...das Allerwichtigste im Leben. Dazu zählen aber natürlich auch Freunde.

Was bringt Sie zum Lachen? Meine Frau.

Und worüber ärgern Sie sich? Meistens über mich selbst. Vor allem, wenn ich beginne, über Dinge zu sinnieren, die nicht änderbar sind.

Zur Person: Renato Schneider

Alter, Wohnort: 56, Höchst
Familienstand: verheiratet, zwei Töchter (Annika und Elisa)
Werdegang: Ausbildung bei Autohaus Strolz, Markenleitung Audi, ab 2003 Geschäftsführer, seit 2020 selbstständig Vertrieb Vita-med orthopädische Bettsysteme Hobbys: Sport (speziell Skifahren), lesen, kochen und guter Wein

Die gesamte Ausgabe der Wann & Wo lesen Sie hier.

Wann_Und_Wo
home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Wann & Wo
  • „Ich möchte mich bei allen bedanken, die mir das Leben gerettet haben“