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Hundstorfer belastet Verzetnitsch im BAWAG-Prozess

ÖGB-Präsident Hundstorfer hat als Zeuge im BAWAG-Prozess seinen Vorgänger an der Gewerkschaftsspitze, Verzetnitsch, schwer belastet.

„Ich bin zutiefst überzeugt, dass er seine Befugnisse weit überschritten hat“, so Hundstorfer. Verzetnitsch hätte die Garantien für die BAWAG ohne Beschluss des ÖGB-Bundesvorstands nicht abgeben dürfen, unterstrich der ÖGB-Chef.

Die Richterin fragte Hundstorfer, wie er selber im Jahr 2000 gehandelt hätte, wenn er damals ÖGB-Präsident gewesen wäre und vom damaligen BAWAG-Generaldirektor Helmut Elsner von den großen Verlusten erfahren hätte. Natürlich rede er jetzt mit seinem heutigen Wissensstand, so Hundstorfer, aber er wäre damals in die Gremien gegangen und hätte „Personen ausgetauscht“. Außerdem hätte er nicht zugelassen, dass der ehemalige Generaldirektor der Bank in der ÖGB-Privatstiftung und bei den Casinos noch Posten bekäme, kritisierte Hundstorfer, dass Elsner nach seinem Ausscheiden von der Bank-Spitze einen gutdotierten Vorstandsposten bei den Lotterien innehatte.

Auch das im Prozess oft vorgebrachte Argument der Angeklagten, sie hätten mit ihrem Handeln und der Verheimlichung der Verluste einen „Run auf die Bank“, also einen massiven Abfluss von Kundengeldern, verhindern wollen, ließ Hundstorfer nicht gelten. „Offenheit und Transparenz ist immer noch die beste Lösung“, betonte der ÖGB-Chef.

Hundstorfer kam zunächst als Interimspräsident nach dem Abgang von Fritz Verzetnitsch im Zuge der BAWAG-Affäre an die Spitze des ÖGB und wurde dann im Jänner 2007 zum ÖGB-Präsidenten gewählt. Der langjährige Gewerkschaftsfunktionär hat gemeinsam mit Metaller-Chef Erich Foglar den Verkauf der Gewerkschaftsbank an den US-Finanzinvestor Cerberus durchgeführt und fährt infolge des BAWAG-Skandals im ÖGB einen rigiden Sparkurs.

Erheblicher Schaden

Der Schaden für den ÖGB durch die BAWAG-Affäre sei erheblich, sagte ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer heute, Dienstag, bei seiner Zeugenaussage im BAWAG-Prozess. Zusätzlich zum vom ÖGB-Finanzreferenten Clemens Schneider bereits vor Gericht ausgeführten materiellen Schaden habe der ÖGB einen Vertrauens- und Glaubwürdigkeitsverlust erlitten. Außerdem leide die Gewerkschaft unter Mitgliederschwund und habe seit dem Vorjahr rund 70.000 Mitglieder verloren.

Auch die ÖGB-Pensionisten mussten ihren Beitrag leisten, damit der ÖGB überhaupt eine Bilanz 2006 erstellen konnte, schilderte der ÖGB-Chef die Pensionskürzungen. „Also ein erheblicher Image-Schaden für den ÖGB?“, fragte Richterin Claudia Bandion-Ortner. „Ich muss das leider bestätigen“, antwortete Hundstorfer. Der ÖGB hat sich dem Verfahren als Privatbeteiligter angeschlossen.

Von den Verlusten der Bank und der im Jahr 2001 vom ÖGB übernommenen Ausfallshaftung habe er erstmals am 20. März 2006 vom damaligen ÖGB-Finanzreferenten und nunmehrigen Angeklagten Günter Weninger und dem damaligen ÖGB-Präsidenten Fritz Verzetnitsch in einer Sitzung des ÖGB-Stiftungsrats erfahren, schilderte Hundstorfer heute. Ihm sei damals gesagt worden, dass diese Haftung nach Verlusten in der BAWAG unterzeichnet wurde, um das Eigenkapital der Bank zu retten.

In einer weiteren Sitzung am 22. März 2006 sei dann „ein bisschen mehr“ von Karibik, Refco und dem Casino Jericho erklärt worden. „Wie hat man reagiert?“, fragte die Richtern. „Ich habe wahrscheinlich meinen dritten Gallenstein bekommen“, antwortete Hundstorfer. Alle seien zutiefst betroffen und schockiert gewesen, in Folge sei dann bei vielen weiteren Sitzungen „jeden Tag eine Überraschung“ eingetreten, schilderte Hundstorfer die weiteren Enthüllungen in der BAWAG-Affäre. Am 28. April 2006 sei dann die Funktion der Stiftung Desana bekanntgeworden.

Mit Verzetnitsch habe er dann im April 2006 über die Sache gesprochen, so Hundstorfer. Dieser habe ihm erklärt, dass er im Jahr 2001 die Garantie für die BAWAG unterschrieben habe, „alles andere hat er abgelehnt zu wissen“, sagte der ÖGB-Chef über seinen Vorgänger. Verzetnitsch habe ihm gegenüber auch gesagt, dass er sich nach der Abgabe der Garantieerklärung nicht im Laufe der Zeit über den Stand der Dinge bei der Bank erkundigt habe. Wolfgang Flöttl sei an den Verlusten irgendwie beteiligt gewesen, sonst habe Verzetnitsch über Flöttl nichts gesagt, berichtete Hundstorfer heute als Zeuge über das damalige Gespräch.

Bei den ÖGB-Sitzungen im März 2006 seien Verzetnitsch auch Vorwürfe gemacht worden, erklärte Hundstorfer. Verzetnitsch habe immer wieder betont, dass man sich damals bemüht habe, die Bank zu retten. Fragen, warum der Vorstand der BAWAG nicht ausgetauscht worden sei, „wurden alle zurückgeschmettert“, schilderte Hundstorfer. Verzetnitsch hätte die Garantie für die Bank im Jahr 2001 nicht ohne Beschluss des ÖGB-Bundesvorstands abgeben dürfen, erläuterte Hundstorfer, dass der vormalige ÖGB-Präsident aus seiner Sicht seine Befugnisse überschritten habe.

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