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Hunderte Tote bei Unruhen in Ägypten - Islamisten rufen zu "Freitag der Wut" auf

Die Anhänger des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi riefen zu Demonstrationen an diesem Freitag auf.
Die Anhänger des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi riefen zu Demonstrationen an diesem Freitag auf. ©AP
Nach dem blutigen Mittwoch mit mehr als 520 Todesopfern und tausenden Verletzten wollen Anhänger der radikalen Islamisten-Vereinigung Jihad in Ägypten am morgigen Freitag gemeinsam mit den Muslimbrüdern gegen die neue Übergangsregierung protestieren.
Keine Reisewarnung geplant
Mehr als 520 Tote bei Unruhen
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Hintergrund: Machtfaktor Ägypten

Geplant seien an seien an diesem “Freitag der Wut” zwar friedliche Kundgebungen, aber es könne niemand garantieren, dass es dabei nicht zu Gewalt und Brandanschlägen kommt, sagte der Generalsekretär der von der Vereinigung gegründeten Islamischen Partei, Mohammed Abu Samra, am Donnerstag dem Nachrichtenportal der Kairoer Tageszeitung “Al-Masry Al-Youm”.

Kein Ende der Gewalt in Sicht

Was bei der Räumung der zwei Protestlager der Mursi-Anhänger in Kairo geschehen sei, habe viele junge Menschen so in Rage versetzt, “dass es schwer werden könnte, die jungen Leute zu kontrollieren”, sagte Abu Samra. Er hoffe immer noch “auf die Verwirklichung der großen islamischen Revolution”.

Islamisten-Sturm auf Regierungsgebäude

In der Hauptstadt Kairo haben am Donnerstag Hunderte Anhänger der Muslimbruderschaft ein Regierungsgebäude gestürmt. Islamistische Demonstranten stürmten den Dienstsitz des Gouverneurs der zum Großraum Kairo gehörenden Provinz Gizeh und steckten ihn in Brand, wie das staatliche Fernsehen berichtete. Im Eingangsbereich hätten sie Feuer gelegt, berichteten auch Augenzeugen.

Blutbad fordert über 520 Tote

Die Opferzahl der Unruhen in Ägypten am Mittwoch hat sich laut der Regierung auf mindestens 525 erhöht. Allein bei der Räumung des Protestlagers der Mursi-Anhänger auf dem Kairoer Rabaa-al-Adawiya-Platz seien 202 Menschen getötet worden, sagte ein Vertreter des Gesundheitsministeriums am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP. 78 Menschen seien in Gizeh getötet worden, wo auf dem Al-Nahda-Platz das zweite kleinere Protestcamp der Islamisten war.

Unruhen greifen auf ganzes Land über

Den Angaben zufolge wurden in Kairo und anderen Teilen des Landes 43 Polizisten getötet. Die Demonstranten geben ihrerseits die Opferzahl seit Mittwoch mit 2200 Toten und mehr als 10.000 Verletzten an. Auslöser der jüngsten Eskalation der Gewalt war die gewaltsame Räumung der beiden Protestlager in Kairo. Nach dem Beginn des Einsatzes setzten auch in zahlreichen anderen Städten des Landes Unruhen ein.

Die Islamisten wollen die Proteste gegen die Absetzung Mursis durch das Militär nach den Freitagsgebeten fortsetzen. Das ägyptische Nachrichtenportal youm7 berichtete, Sicherheitskräfte befürchteten eine neue Welle der Gewalt.

Toter im Urlaubsparadies Hurghada

Die ägyptischen Ferienorte an der Küste des Roten Meeres blieben von Gewalt zwar bisher verschont. Im Badeort Hurghada gab es allerdings in der Nacht zum Donnerstag einen Todesfall. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen starb ein Anhänger der Muslimbruderschaft bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei.

Haft für Mursi verlängert

Die ägyptischen Justizbehörden verlängerten die Haft des gestürzten Präsidenten Mursi um 30 Tage, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur MENA am Donnerstag.

Christen als Sündenböcke – Kirchen verwüstet

Die Angriffe von Extremisten auf Polizeiwachen und christliche Kirchen gingen am Donnerstag weiter. Aus Sicherheitskreisen hieß es, in Abanub in der Provinz Assiut sei am Morgen eine koptische Kirche niedergebrannt worden. Der Feuerwehr sei es nicht gelungen, das Gotteshaus zu retten.

Nach Angaben des Blattes “Watani” attackierten die Islamisten im Verlauf der Unruhen 35 Kirchen oder andere Einrichtungen der Kopten. Die Muslimbrüder übernahmen nicht die Verantwortung für die Attacken gegen Kirchen und Polizeistationen durch Sympathisanten. Ihr Sprecher Gehad al-Haddad erklärte über den Kurznachrichtendienst Twitter: “Wir werden immer gewaltfrei und friedlich sein. Wir werden so lange Druck machen, bis wir diesen Militärputsch zu Fall bringen.”

Einmonatiger Notstand und Ausgangssperren

Die Straßen von Kairo waren am Donnerstag nach dem Ende der Ausgangssperre etwas leerer als sonst. Etliche Menschen blieben aus Furcht vor Gewalt im Haus. Die Führung hatte am Mittwoch den Notstand ausgerufen und über Kairo und andere Landesteile eine nächtliche Ausgangssperre verhängt.

Nach Angaben staatlicher Medien war nach Mitternacht in den meisten Landesteilen langsam Ruhe eingekehrt. Das Fernsehen berichtete allerdings von zwei Polizisten, die vor einer Polizeiwache in Al-Arish auf dem Sinai getötet worden seien. In Alexandria blockierten Mursi-Anhänger mehrere Straßen und zündeten Straßenbahnwaggons an, wie es hieß.

USA und EU verurteilen Gewalt

Die USA und die Europäische Union verurteilten die Gewalt scharf. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan forderte eine Sitzung des Weltsicherheitsrates. Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) zeigt sich “sehr besorgt über die dramatische Eskalation der Gewalt in Ägypten und rief zum Dialog auf. Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle (FDP) regte bei seinem Aufenthalt in Tunesien ein Krisentreffen europäischer Außenminister zu Ägypten an.

(APA/ red)

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