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Huckabee: Von der Kanzel in den Wahlkampf

Außenseiter schafft die Sensation: Mike Huckabee, bis vor kurzem ein unbekannter Provinzpolitiker, ist Sieger der republikanischen Vorwahl in Iowa.

Huckabee ist 52 Jahre alt, er ist ausgebildeter Baptisten-Pastor und regierte früher als Gouverneur den unscheinbaren Bundesstaat Arkansas. Er präsentiert sich als Mann des Glaubens und als Anwalt der kleinen Leute. „Familie, Glaube, Freiheit“, lautete sein Wahlkampf-Motto. Seine streng konservativen Positionen kombiniert Huckabee mit volkstümlichem Witz und samtener Rhetorik. Ist er also der neue Hoffnungsträger, nach dem sich die ausgezehrten Republikaner so sehr sehnen?

Huckabees Aufstieg ist eine Geschichte, wie sie die Amerikaner lieben: Der Underdog kämpft sich ganz nach vorne und zeigt es dem Establishment. „Als Präsident werde ich nicht zur herrschenden Klasse, sondern zur dienenden Klasse gehören“, ruft er auf seiner Siegesfeier am Donnerstagabend (Ortszeit) in Des Moines in den Jubel der Anhänger hinein. „Was heute in Iowa geschah, wird ein Präriefeuer der Hoffnung entfachen.“ Seinen Sieg wertete er als „Votum für den Wechsel“. Nur 400.000 Dollar hatte Huckabee in seinen Iowa-Wahlkampf investieren können – ein Klacks im Vergleich zum Budget seines innerparteilichen Hauptrivalen Mitt Romney, der das 20-fache ausgab. Es war wie David gegen Goliath.

Was ihm an Geld und politischer Erfahrung fehlt, versucht Huckabee durch Gottvertrauen wettzumachen. „Der Glaube beeinflusst mich nicht nur, er bestimmt mich“, sagte er im Wahlkampf. In TV-Spots pries er sich als „christlicher Führer“ an. Abtreibungen bezeichnete er als „Holocaust“. Die Evolutionstheorie von Charles Darwin lehnte er ab. Homosexualität nannte er „abartig“. Als Gouverneur setzte er in Arkansas eine besondere Eheform (Covenant Marriage) durch, die Scheidung nur bei schwerwiegenden Gründen zulässt. Huckabees Aufstieg in Iowa stützte sich auf die streng christlichen Wähler, die hier etwa 40 Prozent der republikanischen Basis ausmachen.

Mit der Wahl Huckabees entschieden sich die Republikaner in Iowa fürs Risiko: Der charmante Prediger läuft ständig Gefahr, über seine Unerfahrenheit in außen- und sicherheitspolitischen Fragen zu stolpern. Bei Fragen zur Lage im Iran oder in Pakistan patzte er im Iowa-Wahlkampf, und US-Außenministerin Condoleezza Rice bezeichnete seine außenpolitischen Vorstellungen abschätzig als „drollig“. Den bevorstehenden Vorwahlen in 49 weiteren Bundesstaaten dürfte Huckabees kleines Team schon organisatorisch nur mit Mühe gewachsen sein. Republikanische Strategen in Washington munkeln, Huckabees Nominierung als Präsidentschaftskandidat käme einem Selbstmordversuch gleich.

Außenpolitisch steht Huckabee für eine Fortsetzung von George W. Bushs Interventionspolitik. Die US-Truppen will er bis auf weiteres im Irak belassen. Innenpolitisch hegt er einige radikale Ideen, die von seinen etablierten Kritikern verspottet werden. So will Huckabee die Einkommenssteuer abschaffen – und mit ihr kurzerhand auch die Finanzämter. Stattdessen soll eine auf über 20 Prozent erhöhte Mehrwertsteuer den Staat finanzieren.

„Wir haben noch einen weiten Weg vor uns“, sagte Huckabee nach seinem Triumph in Iowa. Vielleicht ist es ein gutes Omen für ihn, dass er im Städtchen Hope („Hoffnung“) geboren wurde. Von dort stammt auch Bill Clinton, der sich vom Außenseiter zum Präsidenten emporarbeitete. „Gebt Hope eine zweite Chance“, lautet einer von Huckabees Lieblingssprüchen. Und wie Clinton ist Huckabee Hobbymusiker: Er spielt Bassgitarre in einer Rockband.

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