Herbert Kickl: FPÖ-Spitzenkandidat für Nationalratswahl im Porträt

Herbert Kickl zieht es nicht nur in seiner Freizeit als Kletterer hoch hinauf, der trotzige Rechtspopulist mit Vergangenheit als eifriger Parteiarbeiter strebt nach der Nationalratswahl auch den Posten des Regierungschefs an. Dass ihn dabei niemand als Partner unterstützen will, stört den gebürtigen Kärntner nicht. Er sieht keine Alternative zu ihm.
Kickl bei Nationalratswahl 2024 über drei Jahre FPÖ-Chef
Seit Juni 2021 sitzt Kickl jener Partei vor, für die er seit seiner Studentenzeit gearbeitet hat und die er einem akademischen Abschluss vorzog. Viele Jahre galt er als der Mann im Hintergrund. Erst mit seinem Kurzzeit-Job als Innenminister einer ÖVP-FPÖ-Regierung nach der Nationalratswahl 2017 fand Kickl Gefallen am Rampenlicht. Das musste auch Vorgänger Norbert Hofer einsehen. Da Kickl dessen gemäßigter Kurs mit Schielen Richtung ÖVP missfiel, untergrub er die Autorität des Parteichefs, bis dieser das Handtuch warf und den Vorsitz abgab.
Zwar gilt Kickl weder als großer Charismatiker, noch als Polit-Pop-Star, wie etwa seine Vorgänger Jörg Haider und Heinz-Christian Strache. Der einstige Redenschreiber Haiders setzt die rhetorische Klinge aber genau dort an, wo es der offensichtlich nicht zu unterschätzenden Masse der chronisch Unzufriedenen drückt. Inflation, politische Bevormundung und Arbeitslosigkeit - Kickl wettert gerne gegen "illegale" Migranten, "politische Elite" und "Systemmedien".
Oft schießt Kickl bei seinen Gag-gespickten Tiraden bewusst übers Ziel. Zuletzt bei einem Wahlkampfauftritt in Hallein, wo er vor seinen Fans in Anspielung auf die Salzburger Festspiele und die Festspielreden meinte, "bei diesen Heuchlern, bei dieser Inzuchtpartie" wolle er nicht dabei sein. Verbale Attacken hagelt es auch immer wieder auf Bundespräsident Alexander Van der Bellen, den er als "Mumie" und "senil" beleidigte.
Kickl versuchte Corona-Krise zu nutzen
Kickl hatte sich bereits davor als populistisch-angehauchter Hardliner positioniert, der die Corona-Krise für sich und seine Partei zu nutzen versuchte. Zwar forderte Kickl Mitte März 2020 noch höchstpersönlich "harte Maßnahmen" und einen "Lockdown" Österreichs samt dem Schließen sämtlicher Grenzen für die individuelle Reisetätigkeit, um die Pandemie einzudämmen. Die Kehrtwende folgte jedoch schon im Monat darauf: Am 1. April 2020 verlangte Kickl einen "Strategiewechsel". Die Pandemie wurde in Folge kleingeredet, bis in die Impfgegner-Szene hinein hallten seine Signale, an Masken im Hohen Haus war beim damaligen blauen Klubobmann nicht zu denken. Viel lieber ließ er sich bei einer Demonstration der Maßnahmengegner blicken - das ganze Auftreten immer gepaart mit dem Slogan "Kurz muss weg".
Das hat eine Vorgeschichte und zwar eine persönliche. Als die FPÖ sich von Sebastian Kurz' ÖVP in eine Koalition bitten ließ, war der von manchen als Sozialpolitiker gesehene Kickl von Anfang an der Außenseiter. Damals galten die Kontakte des aus einer Arbeiterfamilie stammenden Kärntners zur SPÖ als die deutlich tragfähigeren. Der unter Türkis-Blau herrschenden Message Control entzog er sich als einziger Freiheitlicher und setzte dazu an, das über Jahre von der ÖVP geprägte Innenministerium ordentlich durchzuwirbeln.
Freilich ging es Kickl ein wenig gar radikal an. Neben eigenwilligen Postenbesetzungen und seinem Hang zur berittenen Polizei sorgte auch sein Vorgehen gegen den Verfassungsschutz für Aufsehen. Die Razzia dort führte zu nachhaltigem internationalen Image-Schaden für das zuständige Bundesamt. In der Fremdenpolitik war vor allem die Rhetorik brachial, man erinnere sich etwa an die "Ausreisezentren", das tatsächliche Handeln unterschied sich aber nur mäßig von dem seiner VP-Vorgänger.
Kickl-Abberufung nicht das Ende
Als Kickl schließlich auf Wunsch von Kurz aus der Regierung abberufen wurde, konnte man schon ahnen, dass dieser das nicht so einfach auf sich sitzen lassen würde. Nur zwei Tage später erklomm er die Klubspitze, damals noch geschäftsführend und gab den Job bis heute nicht mehr ab. Bei der zwischenzeitlichen Abwahl der Regierung Kurz durch den Nationalrat saß Kickl quasi im Regiestuhl.
Er, der sich über viele Jahre als Schreiber von Gags der Parteichefs Haider und Strache und umstrittener Wahlkampfslogans wie "Daham statt Islam" vor allem intern profiliert hatte, war aber plötzlich auch zu einer Fanschaft in Partei und Bevölkerung gekommen. Mit seinem Vorzugsstimmen-Ergebnis ließ Kickl, der intern nie einem Lager angehörte und dem ein distanziertes Verhältnis zu den schlagenden Burschenschaftern nachgesagt wird, bei der vergangenen Nationalratswahl den Rest der blauen Kandidaten meilenweit hinter sich.
Dies plus tendenziell steigende Umfragewerte ließen in Teilen der FPÖ Kickl zum Hoffnungsträger werden. Freilich macht sein Kurs es den Freiheitlichen schwer, wieder in eine Regierung zu kommen.
Kickl lebt in NÖ
Bis sich Haider mit dem BZÖ abspaltete, war der scharfe Formulierer Kickl nur Insidern bekannt. Unter Strache ging es dann einen größeren Schritt nach vorne. 2005 übernahm Kickl das Generalsekretariat und trug in dieser Rolle über zwölf Jahre lang führend zur Etablierung der HC-Marke und so manchem Wahlerfolg bei.
Da er sich nicht vordrängte, wusste man über Kickl lange auch nicht recht viel. Mit der vormaligen Grünen-Chefin Eva Glawischnig drückte er die Schulbank, studierte unter anderem Geschichte und Philosophie. In Niederösterreich lebt er, hat Frau und Sohn, läuft gern, klettert mit Begeisterung, beides intensiv. Von letzteren Aktivitäten gibt es jetzt übrigens in den sozialen Medien gerne und oft Bild-Beweise - nicht der einzige Beleg, dass es Kickl vor den Vorhang gezogen hat.
Zur Person: Herbert Kickl, geboren am 19. Oktober 1968, verheiratet, ein Sohn. Geschäftsführer freiheitliche Akademie 2002-2006, Generalsekretär der FPÖ 2005-2017, Innenminister 2017-2019, Klubobmann der FPÖ (zunächst geschäftsführend) seit 2019.
(APA/Red)
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