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Heimischer Wein stark mit Ewigkeits-Chemikalie belastet

Im heimischen Wein ist mehr Ewigkeitschemikalie als in Wasser.
Im heimischen Wein ist mehr Ewigkeitschemikalie als in Wasser. ©Pixabay (Sujet)
Der Umweltchemiker Helmut Burtscher-Schaden von Global 2000 berichtete am Mittwoch bei einer Online-Pressekonferenz, dass Wein und Wasser in Österreich derzeit mit der möglicherweise fortpflanzungsgefährdenden Substanz Trifluoracetat (TFA) belastet sind. Sie stammt von Unkrautvernichtungsmitteln und Kältemitteln (F-Gasen).
Ewigkeits-Chemikalie in heimischem Mineralwasser
Heimisches Mineralwasser mit Ewigkeits-Chemikalie belastet

Die Ewigkeits-Chemikalie TFA ist das Abbauprodukt von per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (PFAS), die unter anderem in Unkrautvernichtungsmitteln als Wirk- und Beistoffe verwendet werden (und gehört selbst zu dieser Substanzklasse). Im Jahr 2021 habe der Pestizidhersteller Bayer die EU darüber informiert, dass TFA in Tierversuchen schwere Missbildungen bei Föten verursacht, sowie die Einstufung der Substanz als "vermutlich reproduktionstoxisch (fortpflanzungsgefährdend, Anm.) beim Menschen" beantragt, so Burtscher-Schaden: "Die Substanz ist in der Umwelt extrem beständig und reichert sich im Wasser an."

Aktueller Wein enthält hundertmal mehr Ewigkeits-Chemikalie als Wasser

Umweltschützer von Global 2000 und andere Mitglieder des europäischen Pestizid-Aktions-Netzwerks (PAN Europe) fanden TFA im Vorjahr in ganz Europa inklusive Österreich im Leitungs- und Mineralwasser, sowie in Flüssen und dem Grundwasser. Im Wein aktueller Jahrgänge (2021 bis 2024) entdeckten sie nun die bis zu hundertfache Menge, nämlich im Durchschnitt 122 Millionstel Gramm (Mikrogramm) pro Liter, berichtete Burtscher-Schaden: "Wir haben 18 Weine aus Niederösterreich, dem Burgenland und der Steiermark analysiert, sowie 21 Weine aus neun anderen europäischen Ländern". Alle enthielten TFA. Die hohe Menge dieser Substanz im Wein "weist darauf hin, dass sich TFA in Pflanzen offenbar massiv anreichert", meint der Experte: "Wir nehmen daher wahrscheinlich wesentlich mehr TFA über die Nahrung auf, als bisher angenommen."

Sofortiges Verbot von Ewigkeits-Chemikalie gefordert

Frei von der vermutlich fortpflanzungsschädigenden Substanz waren hingegen zusätzlich getestete Weine der Jahrgänge 1974, 1979 und 1982. Der älteste Wein, der mit TFA kontaminiert war, stammt aus dem Jahr 1988, so Burtscher Schaden: "Das ist genau ein Jahr, nachdem das Montreal Protokoll zum Schutz der Ozonschicht in Kraft getreten ist". Die Ozonloch-verursachenden Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKWs) wurden verboten und zunehmend durch F-Gase als Kühlmittel ersetzt, aus denen eben TFA entstehe. Ab den 1990er-Jahren wurden zudem PFAS-Pestizide eingesetzt, erklärte er. In jüngster Zeit, also etwa ab 2015 bis 2020, stieg der Eintrag dieser Chemikalien in die Umwelt offensichtlich "zu Spitzenwerten", so der Experte: "Es besteht dringender Handlungsbedarf, weitere TFA-Emissionen in die Umwelt zu verhindern". Deshalb solle ein sofortiges Verbot von PFAS-Pestiziden und F-Gasen beschlossen werden. Außerdem forderte er "ein umfassendes Monitoringprogramm für TFA in Lebensmitteln."

Weine sind weltweit mit Ewigkeits-Chemikalie verunreinigt

Nicht nur österreichischer und europäischer Wein ist mit TFA verunreinigt, erklärte Michael Müller von der Universität Freiburg (Deutschland): "Von uns unabhängig untersuchte Proben von der ganzen Welt zeigen dasselbe Muster", nämlich einen sehr raschen Anstieg der Konzentrationen in jüngsten Jahren. Tests hätten gezeigt, dass die Quelle von TFA in der Umwelt, nämlich PFAS-Pestizide, für die Landwirtschaft "nicht essenziell" sind. Sie wären gut durch unbedenklichere Alternativen ersetzbar.

Ewigkeits-Chemikalie in Wein: Grüne fordern Regierung zum Handeln auf

"Die erschreckenden, aber leider auch wenig überraschenden Ergebnisse sollten beim Landwirtschaftsminister und der Gesundheitsministerin die Alarmglocken schrillen lassen. Das ist einmal mehr ein klarer Handlungsauftrag, dieser Giftspritzerei mit Ewigkeitschemikalien ein Ende zu setzen", reagierte Olga Voglauer, Landwirtschaftssprecherin der Grünen, in einer Aussendung. "In den vergangenen 25 Jahren haben die Chemielobby und ihre Agroindustrie unsere Lebensgrundlagen, unser Wasser, unsere Böden und unsere Lebensmittel konsequent mit Chemikalien belastet, die sich nie wieder abbauen oder entfernen lassen. Solchen Chemikalien muss die Zulassung entzogen werden", forderte sie.

(APA/Red)

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