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Häusle-Prozess: Sieben Freisprüche

©VOL.AT/Eckert
Am Landesgericht Feldkirch ist am Donnerstag der Prozess rund um das Vorarlberger Müllentsorgungs- und -verwertungsunternehmen Häusle nach 20 Verhandlungstagen großteils mit Freisprüchen in erster Instanz zu Ende gegangen.
Emotionaler letzter Prozesstag
Causa Häusle: Schlussplädoyers im Gange

Von den zehn Angeklagten wurden sieben freigesprochen, zwei kamen mit einer Diversion davon. Ein Beschuldigter wurde zu einer teilbedingten Geldstrafe verurteilt.

Die Anklage der Staatsanwaltschaft in dem sich über zwei Monate hinziehenden Prozess umfasste für die beiden Hauptangeklagten - zwei ehemalige Geschäftsführer - zwei Punkte: Zum einen ging es um die illegale Ablagerung von 15.000 Tonnen Müll, die zwischen 2005 und 2015 ins Erdreich und in Dämme auf dem Firmengrund eingearbeitet worden sein sollen. Zum anderen soll sich das Unternehmen Häusle - das seit 2017 einen Alleineigentümer hat und nun unter anderem Namen firmiert - dadurch 1,8 Millionen Euro an Altlastenbeiträgen erspart haben.

Unterschiedliche Geschichten und Erinnerungslücken

Insgesamt standen zehn Angeklagte vor Gericht, weitere acht wurden als Beschuldigte einvernommen. Zahlreiche Zeugen präsentierten teils unterschiedliche Geschichten, teils mit Erinnerungslücken, rund um illegal vergrabenen Müll und mutmaßliche Abgabenhinterziehung. Im März 2016, als die Vorwürfe gegen das Unternehmen öffentlich wurden, sei die Dimension des Falles nicht absehbar gewesen, so die Staatsanwältin in ihrem Eröffnungsplädoyer. So habe man allein 96 Zeugen befragt. Dass sich das Verfahren über drei Jahre hinzog, habe auch mit einer mangelnden Kooperation des Unternehmens zu tun gehabt. Es sei etwa im Geheimen versucht worden, vergrabenen Müll ohne Absprache mit der Staatsanwaltschaft wieder auszugraben. Die Verteidiger kritisierten dagegen zu Beginn des Prozesses die Ermittlungsarbeit als einseitig und beklagten eine mediale Vorverurteilung.

Umweltschaden geringer als erwartet

Zentrale Bedeutung kam im Verfahren dem Gutachten des Umwelttoxikologen Mario Lener zu. Er sah in seinem Gutachten den Umweltschaden geringer als von ihm ursprünglich erwartet. Als das größte Problem sah Lener Hartstoffe wie zum Beispiel Batterien, kleine Medikamenten- oder Nagellack-Flaschen an. Dadurch sei eine "starke Verunreinigung" im Grundwasser und im Erdreich entstanden. Wäre danach keine Sanierung erfolgt, hätte die Umweltschädigung Jahrzehnte angedauert. Die Menge, die in diesem Bereich eingelagert wurde, gab der Experte mit mindestens 450 Tonnen an. Eine zeitliche Einordnung, wann die Stoffe eingebracht wurden, sei aber nicht möglich, so Lener. Dieser Umstand erschwerte das Finden der oder des Schuldigen für das Gericht.

Zwei Diversionen

Zwei der Angeklagten kamen bereits während des Schöffenprozesses mit einer Diversion - also der Zahlung einer Geldstrafe ohne Eintrag ins Strafregister - davon. Der unbescholtene Achtangeklagte soll 4.200 Euro Geldstrafe bezahlen und übernahm die Verantwortung dafür, dass während seiner Dienstzeit als interimistischer Betriebsleiter an zwei Standorten auf dem Häusle-Areal tonnenweise Batterien und kleine Flaschen vergraben wurden. Der gerichtliche Beschluss ist nicht rechtskräftig, denn Staatsanwältin Konstanze Manhart nahm Bedenkzeit in Anspruch. Bereits am ersten Verhandlungstag am 1. Oktober gab es für den unbescholtenen Zehntangeklagten eine Diversion gegen Zahlung von 3.000 Euro. Der ebenfalls wegen vorsätzlicher Beeinträchtigung der Umwelt angeklagte 51-Jährige gab zu, dass er als Baggerfahrer in einem Wäldchen der Häusle-Deponie mehrere Tonnen Batterien und Fläschchen vergraben hatte.

Staatsanwältin forderte Schuldsprüche

In den Schlussplädoyers vor einer Woche hatte die Staatsanwältin Schuldsprüche für die noch verbliebenen acht Angeklagten gefordert. Die beiden ehemaligen Geschäftsführer seien in ihrer Funktion für abgabenrechtliche Fragen und entsprechende Arbeits- und Prozessabläufe ebenso verantwortlich gewesen wie für deren Kontrolle. "Problemmaterial" sei einfach auf dem Gelände abgeladen und verschoben worden. Es habe weder ein System zur Erfassung dieser Abfälle gegeben noch Aufzeichnungen darüber, was damit geschehen sei, kritisierte Manhart. Es sei zu gravierenden Umweltverunreinigungen gekommen. Sie beklagte zudem erneut, dass sich die Angeklagten bei der Aufklärung nicht kooperativ verhalten hätten. Umgekehrt betonte der Verteidiger des Erstangeklagten, dass es nur Mutmaßungen und Unterstellungen gebe, aber keine Beweise. Es sei auch vollkommen unklar, warum der ehemalige Häusle-Geschäftsführer das illegale Vergraben von Müll angeordnet haben sollte. Der Verteidiger des Zweitangeklagten unterstrich ebenfalls die Unschuld seines Mandanten. Im Verfahren sei kein einziger Beweis offenkundig geworden, wonach dieser etwas mit einem der zehn Anklagepunkte zu tun habe, so der Anwalt.

"Was für ein Freudentag!"

Der Schöffensenat konnte in seiner zweistündigen Urteilsverkündung kein Motiv der Hauptangeklagten für die illegale Abfallentsorgung erkennen. Diese hätten nur einen geringen finanziellen Vorteil daraus gezogen. Der als Erstangeklagter geführte ehemalige Geschäftsführer zeigte sich in einer ersten Reaktion erleichtert. Das Gericht habe es als erwiesen angesehen, "dass ich weder Abgaben hinterzogen, noch von illegalen Deponierungen gewusst oder diese gar angeordnet haben könnte. Was für ein Freudentag!" Er sei froh, dass die Causa für ihn und seinen zweitangeklagten Geschäftspartner ein versöhnliches Ende gefunden habe. Keiner der Zeugen und der Mitangeklagten hätten ihn in der Sache involviert gesehen, resümierte er. Schuldig gesprochen wurde am Donnerstag dagegen der Viertangeklagte, der 2012 illegal 40 Tonnen Hartstoff-Abfälle in einen Drainagegraben auf dem Firmengelände eingebracht hat. Er muss eine teilbedingte Geldstrafe von 5.200 Euro zahlen. Das Urteil ist - wie alle anderen - nicht rechtskräftig.

Der Fall Häusle kam bereits 2016 nach Hinweisen eines Augenzeugen an die Landesregierung ins Rollen und sorgte für großes Aufsehen. Das Ermittlungsverfahren nahm drei Jahre in Anspruch, unter anderem wurden Bodenproben an Hunderten Schürfstellen auf dem Areal untersucht. Bei den vergrabenen Abfällen handelte es sich um Gärreste aus einer Trockenvergärungs-Anlage, Kunststoffteile sowie die genannten Hartstoff-Abfälle, die wegen der Umweltgefährdung Gegenstand der Anklage waren. So wurden laut Gutachten an mehreren Stellen erhöhte Kohlenwasserstoff-Werte aus Ölresten aus Straßenkehricht gemessen, aus den Batterien sickerten Schwermetalle in den Boden. Das Land schrieb im Zuge der Aufarbeitung ein Sanierungsprogramm vor, laut dem Abschlussbericht wurden 19.200 Tonnen Material bei den Arbeiten ausgehoben und ordnungsgemäß entsorgt.

(APA)

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