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Gundermann - Kritik und Trailer zum Film

Im Schichtsystem sitzt er in einem riesigen Bagger und fördert Kohle. Immer dabei: sein Diktiergerät. Abends hängt der blonde Arbeitersänger sich dann die Gitarre um und wird zum Rockpoeten. Nebenher will er die DDR und den Sozialismus verbessern. Er übernimmt zugleich als Stasispitzel eine Aufgabe, die ihn zum Täter macht - was ihm aber selbst erst nach und nach klar wird.

In Österreich ist der Name Gerhard Gundermann nur wenigen ein Begriff – selbst in Deutschland ist der DDR-Liedermacher nur dem Osten des Landes vertraut. Der lakonisch betitelte Spielfilm “Gundermann” von Andreas Dresen könnte dies ändern. Nach zehn Jahren Arbeit bringt der selbst aus der DDR stammende Regisseur nun eine berührende wie spannende Geschichte auf die Leinwand. Ab Freitag im Kino.

Gundermann – Kurzinhalt zum Film

Und es ist eine Geschichte, wie sie vielleicht nur der sympathische Menschenversteher Dresen mit dem sehr speziellen Blick auf seine Charaktere erzählen kann. Es ist dieser ebenso liebevolle wie unverstellte Fokus auf die vermeintlichen “kleinen Leute”, die seine Werke wie “Halt auf freier Strecke” prägen und auch das Filmporträt “Gundermann” dominiert.

Im Mittelpunkt steht Gundermann (1955 bis 1998), der eine Künstlerfigur war, wie es sie wohl nur im real existierenden Sozialismus geben konnte: Tagsüber Baggerfahrer, abends als erfolgreicher Liedermacher auf Tour – und daneben Stasi-Täter und Stasi-Opfer. Als Inoffizieller Mitarbeiter Grigori war Gundermann von 1976 bis 1984 für die Staatssicherheit aus Überzeugung für den Sozialismus tätig und verriet Details über seine Bandmitglieder an den Geheimdienst.

Der bespitzelte ihn im Gegenzug selbst, war der Liedermacher doch immer auch ein kritischer Geist, der mit den Autoritäten ins Gericht ging, Missstände anprangerte. Gundermann war kein Duckmäuser, sondern einer, der sich anlegt mit den Oberen. Und doch einer, der letztlich seine Ideale verriet. So ist “Gundermann” nicht zuletzt ein Film über Schuld, ohne Erklärungen oder gar Entschuldigung parat zu haben. Er zeigt einen Menschen, der seine eigene Bürde vor sich selbst und der Umwelt verdrängt, bis er nicht mehr aus kann. Und dann aber zu seiner Verantwortung steht.

Gundermann – Kritik zum Film

Diesen markanten, ungewöhnlichen Sänger, der 1998 plötzlich an einem Hirnschlag verstarb, spielt Alexander Scheer (“Sonnenallee”) herausragend und beinahe erschreckend als Wiedergänger des Vorbildes mit den langen, blonden Haaren, der übergroßen Brille und im blau gestreiften Hemd. Dazu hat der 42-Jährige die im Film verwendeten Lieder als Soundtrack selbst eingesungen. Ihm zur Seite brillieren Milan Peschel als Bandkollege oder Anna Unterberger als Lebensgefährtin.

Sie schaffen das Porträt eines Landes und letztlich auch einer Schicht von Menschen, die heute so nicht mehr existieren und so fern scheinen wie die Batavische Republik. “Gundermann” ist ein Film über das Glück im Kleinen, in dem trostlos-graue Dörfer die Kulisse für menschliche Wärme bilden. Vieles wird zwischen den Charakteren nicht ausgesprochen, sondern funktioniert über Blicke. Wie das eben in der Realität meist auch ist. Dazu springt Dresen chronologisch zwischen Nach- und Vorwende hin und her. Die Zeit steht hierbei weniger im Fokus als ihre Verästelungen im Menschen. Die Klammer ist die Person Gundermann, nicht die Zeit. Und so ist “Gundermann” ein melancholischer Film geworden, kein nostalgischer.

>> Alle Spielzeiten auf einen Blick

(APA/red)

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