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Attacke in Grazer Schule: Zehn Menschen tot

Schule in Graz wurde Ort von Attacke.
Schule in Graz wurde Ort von Attacke. ©APA/ERWIN SCHERIAU
In Graz gibt es nach einer Attacke in einer Schule in der Dreierschützengasse mehrere Tote zu beklagen.

Update: Nach dem Amoklauf in einem Oberstufenrealgymnasium in Graz mit zunächst neun Todesopfern hat das LKH Graz Dienstagabend mitgeteilt, dass es ein weiteres zu beklagen gibt: Es handelt sich um eine erwachsene Frau - eine der beiden Schwerverletzten, die ins Spital eingeliefert worden waren. Die Anzahl der Todesopfer ist nun auf zehn gestiegen. Beim Täter handelte es sich laut Landespolizeidirektor Gerald Ortner um einen 21-jährigen Österreicher. Der Mann beging Suizid.

Bei der Attacke kamen elf Menschen ums Leben, sieben der Opfer waren weiblich, drei männlich. Der Täter hat Suizid in einer Toiletten-Anlage begangen. Elf weitere Personen sind - zum Teil schwer - verletzt. Zu deren genauen Zustand wollten weder die Polizei auf der Pressekonferenz noch der steirische Landesrettungskommandant danach ins Detail gehen. "Es war aber sicher der tragischste Einsatz des Roten Kreuzes in der Steiermark in der Zweiten Republik", sagte Peter Hansak zur APA nach dem Medientermin.

Unter den Toten befanden sich Schüler und zumindest eine erwachsene Person. Auch der mutmaßliche Täter ist darunter.

Zwölf Personen sind - zum Teil schwer - verletzt. Zu deren genauen Zustand wollten weder die Polizei auf der Pressekonferenz noch der steirische Landesrettungskommandant danach ins Detail gehen. "Es war aber sicher der tragischste Einsatz des Roten Kreuzes in der Steiermark in der Zweiten Republik", sagte Peter Hansak zur APA nach dem Medientermin.

Krankentransport zeitweise ausgesetzt

Hansak betonte, dass das Rote Kreuz bisher im Rahmen der Krisenintervention rund 200 Eltern und Angehörige sowie 300 Schülerinnen und Schüler betreut habe. 40 Kräfte des Roten Kreuzes seien auch weiterhin vor Ort. Insgesamt standen 220 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Roten Kreuzes im Einsatz.

Aufgrund der Lage sei während des Amoklaufes, wie in solchen Fällen üblich, auch der Krankentransport ausgesetzt worden. "Alle nicht notwendigen Einsätze werden dann zurückgefahren."

Bei dem Täter handelt es sich laut Landespolizeidirektor Gerald Ortner um einen 21-jährigen Österreicher. Der Mann, der Suizid beging, verwendete zwei Schusswaffen, die er legal besessen hatte. Es handelte sich um eine Lang- und eine Kurzwaffe.

"Wir sind wegen Schüssen und Schreien in einer Schule alarmiert worden", erklärte Ortner kurz nach 15.15 Uhr vor Medienvertretern. Daraufhin sei unverzüglich ein Großaufgebot mobilisiert worden. Über 300 Kräfte der Polizei standen laut Ortner im Einsatz.

17 Minuten später konnten schließlich die Kräfte des EKO Cobra nach der Durchsuchung des Gebäudes die Sicherheit wiederherstellen, erklärte der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Franz Ruf. So hätten binnen kurzer Zeit die ersten Notarztwagen zufahren können.

Laut ersten Informationen der Polizei zufolge dürfte der Täter allein gehandelt haben. Medienberichten zufolge soll es sich um einen ehemaligen Schüler handeln, der sich gemobbt gefühlt habe. Das bestätigte die Polizei vorerst aber nicht. Medien berichteten auch, dass er die Waffe erst wenige Tage zuvor gekauft haben soll und in zwei Klassen um sich geschossen habe. Auch das wurde vorerst nicht bestätigt. Andere Medien berichteten, dass der Täter mit einer Pistole der Marke Glock und einer Schrotflinte geschossen haben. Beide soll der Ex-Schüler offenbar legal besessen haben.

Opfer in verschiedene Spitäler gebracht

Die Opfer der Attacke wurden ins LKH-Universitätsklinikum Graz, LKH Graz II/Standort West und ins UKH gebracht. Am LKH sind sieben Personen, eine im LKH Graz II/Standort West und vier am Unfallkrankenhaus UKH. Die vorhandenen Versorgungskapazitäten seien ausreichend, die Versorgung laufe professionell und ruhig ab, hieß es vonseiten der KAGes in einem ersten Statement. Ab der ersten Alarmierung seien sämtliche Kapazitäten an den Kliniken für die Versorgung der Betroffenen freigehalten worden.

Am Uniklinikum sind die Teams des Zentrums für Akutmedizin (ZAM) sowie der Kinder- und Jugendchirurgie für die Versorgung der Verletzten im Einsatz. Dort werden insgesamt zwei Erwachsene und fünf Jugendliche versorgt. Bei zwei Patientinnen und Patienten war der Zustand am Nachmittag sehr kritisch, fünf sind schwer verletzt, alle waren am frühen Nachmittag noch im Operationssaal.

Am UKH Unfallkrankenhaus im Bezirk Eggenberg werden drei Jugendliche und eine erwachsene Person behandelt. Sie haben Schussverletzungen unter anderem an den Beinen erlitten, wie es vonseiten der Pressestelle des UKH Graz hieß. Ein weiteres Opfer wird am LKH Graz II/Standort West versorgt. Beim Krankenhaus der Elisabethinen im Grazer Bezirk Gries verzeichnete man indessen ein höheres Patientenaufkommen in den Notaufnahmen.

Kriseninterventionsteam und Rotes Kreuz im Einsatz

Gegen Mittag galt die Lage als "sicher" für die Bevölkerung. Die Polizei-Einsatzfahrzeuge zogen langsam wieder ab. Das Rote Kreuz dagegen war zu Mittag noch voll im Einsatz. Sprecher Stefan Loseries sagte gegenüber Medien, dass über 160 Rettungskräfte des Roten Kreuzes im Einsatz standen und am frühen Nachmittag noch weitere nachrückten. Die verletzten Personen seien gleich auf mehrere Krankenhäuser in und um Graz aufgeteilt worden. Dort tagten zu Mittag die Krisenstäbe.

Das Areal um die Schule blieb am Vormittag Stunden gesperrt. "Ich habe erst nach zwei Stunden rausfahren können", sagte eine Nachbarin der APA am Dienstag vor Ort. Das betroffene Gymnasium war auch bei einem Lokalaugenschein am Dienstagnachmittag um 17.40 Uhr noch immer polizeilich abgeriegelt. Zeitweise waren am Dienstag während und nach des Einsatzes ganze Straßen in Graz gesperrt. Am Hauptbahnhof waren am Nachmittag ebenfalls schwer bewaffnete Cobra-Beamte postiert und auf Patrouillengang.

Die unverletzten Kinder und Jugendlichen wurden teils in die nahe Helmut-List-Halle gebracht und dort vom Kriseninterventionsteam sowie dem Roten Kreuz versorgt. Angehörige, die sich Sorgen um ihre Kinder machen, wurden in die nicht weit entfernte ASKÖ-Halle geschickt. Das sei nun die Anlaufstelle für Eltern.

©APA

Ermittlungen gestartet

Die Polizei habe indessen die Ermittlungen aufgenommen und muss auch erst die Motivlage des mutmaßlichen Täters prüfen, hieß es gegenüber der APA. Ein "Amoklauf" konnte auch am frühen Nachmittag noch nicht bestätigt werden. Das Motiv sei noch nicht klar. Die Polizei bat Eltern, ihre Kinder nicht eigenständig von der Schule abzuholen, sondern auf weitere behördliche Informationen zu warten.

Eine Upload-Plattform für Zeugen wurde unter https://upload.bmi.gv.at/ eingerichtet. Auf dieser können verdächtige Beobachtungen, Fotos oder Videos von der Tat oder dem Umfeld hochgeladen werden. Hinweise oder sonstige Wahrnehmungen werden auch bei jeder Polizeidienststelle entgegengenommen. Von einem Hochladen auf Social Media-Kanälen soll auf Bitte der Polizei abgesehen werden, um Einsatzkräfte, laufende Ermittlungen und die Opfer nicht zu gefährden.

Evakuierung von Schule in Graz

Der Einsatz hatte gegen 10.00 Uhr begonnen. Die Schule wurde evakuiert. Die Bevölkerung war angehalten, den Bereich rund um die Bildungseinrichtung zu meiden und den Anweisungen der Sicherheitskräfte vor Ort Folge zu leisten. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) war am Vormittag auf dem Weg zum Tatort. Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) traf gegen Mittag ein. Sie war im Rathaus mit Volksschülern unterwegs, als sie davon erfahren hat. Sie hat sich sofort an Eltern und Kinder gewendet und gesagt: "Da muss man jetzt zusammenstehen und miteinander reden und zusammenbleiben. Das ist wichtig."

Die Gegend rund um die Schule wurde abgeriegelt, der öffentliche Verkehr wurde umgeleitet. Sämtliche Straßen rund um die Schule wurden von schwer bewaffneten Polizeibeamten bewacht.

Die Schule, in der sich der mutmaßliche Amoklauf am Dienstag ereignete, ist ein Oberstufengymnasium in der Nähe des Grazer Bahnhofs im Bezirk Lend in Graz. Das BORG Dreierschützengasse präsentiert sich auf seiner Webseite als engagierte Schule, die sich bemüht, den rund 400 Schülern in den 20 Klassen auch abseits der Wissensvermittlung gerecht zu werden. "Mehr als anderswo können wir uns nicht nur ausschließlich auf die Vermittlung von Wissen in unseren Fachgebieten beschränken", heißt es auf der Webseite unter Verweis auf die Herausforderung angesichts wachsender sozialer Probleme. Zudem gibt es ein Beratungsteam bestehend aus einem Schulpsychologen, einer Schülerberatung und Vertrauenslehrerinnen und -lehrern. Einmal wöchentlich wird ein Jugendcoaching angeboten. Außerdem gibt es schulinterne Projekte wie ein Nachhilfesystem "SchülerInnen helfen SchülerInnen", in dem gemeinsames Lernen von besseren und schwächeren Schülern organisiert wird.

Grazer Stadtchefin: "Furchtbare Tragödie"

Das Motiv des Einzeltäters war noch unklar. Der Mann war laut Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) ein ehemaliger Schüler der Bildungseinrichtung, der die Schule nicht abgeschlossen hatte. Er war bisher nicht amtsbekannt. Medienberichte, wonach der Schüler in der Vergangenheit gemobbt worden sein soll, wollten Karner und die Polizei am Dienstag nicht bestätigen. Auch einen weiteren Bericht, wonach am Wohnort des 21-Jährigen bei einer Durchsuchung ein Abschiedsbrief gefunden worden sei, wollte die Landespolizeidirektion nicht bestätigen. Die Ermittlungen stünden noch am Anfang, so Ortner.

Ein Bericht, wonach am Wohnort des 21-Jährigen bei einer Durchsuchung ein Abschiedsbrief gefunden worden sei, bestätigte der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, in einer "ZIB Spezial" zum Amoklauf auf ORF2 (20.15 Uhr) am Dienstagabend. Dieser lag demnach in analoger und digitaler Form vor, inhaltlich habe das Schreiben laut Ruf jedoch keinen Hinweis auf ein Motiv geliefert, es enthielt Abschiedsworte des Täters an seine Eltern. Was den legalen Besitz der Tatwaffen betrifft, so gelte es hier den genauen Sachverhalt zu prüfen. Ein Führen der Waffe war dem 21-Jährigen aufgrund der Gesetzeslage jedenfalls zu keinem Zeitpunkt gestattet gewesen.

Ebenso wurde in der Sondersendung über Konsequenzen an den Schulen gesprochen. Martin Netzer, Generalsekretär im Bildungsministerium, kündigte an, dass morgen in Graz Schulpsychologen aus ganz Österreich anwesend sein werden. Der Schulbetrieb in der betroffenen Schule werde erst kommende Woche wieder hochgefahren. Was die Matura betrifft, so werde nach Lösungen gesucht werden, so Netzer.

Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) sprach von einem "dunklen Tag" und einer "nationalen Tragödie". Stocker kündigte eine Trauerminute für Mittwoch um 10.00 Uhr an, zudem wird eine dreitägige Staatstrauer bis inklusive Freitag ausgerufen. Es sei klar, dass nun in diesem Land "niemandem zum Feiern zumute ist", so Stocker. "Welche Veranstaltungen durchgeführt werden, wird noch zu entscheiden sein", sagte Stocker mit Hinblick auf bereits geplante Events und Veranstaltungen.

Veranstaltungen in der ganzen Steiermark abgesagt

Der steirische Landeshauptmann Mario Kunasek (FPÖ) betonte, dass in der Steiermark in den kommenden drei Tagen alle öffentlichen Veranstaltungen abgesagt sind. "Die Steiermark weint", sagte Kunasek. Besonders als Vater gingen ihm die Ereignisse sehr nahe.

Die Trauerglocke des Stephansdoms - die sogenannte "Halbpummerin" - wird am Mittwoch um 10.00 Uhr zur österreichweiten Gedenkminute läuten. Darüber hinaus wurde der Dom anlässlich der dreitägigen Staatstrauer schwarz beflaggt. Für 17.00 Uhr ist eine Gedenk- und Andachtsstunde geplant.

Bildungsminister Christoph Wiederkehr (NEOS) sagte, es sei nur schwer möglich Worte zu finden, "für eine Tat, die sich nicht in Worte fassen lässt". "Die Schule muss ein sicherer Ort sein, wo sich Kinder und Jugendliche frei entfalten können." Das betroffene Gymnasium werde bis auf weiteres geschlossen bleiben. "Es wird aber einen Ort geben, bei der Helmut-List-Halle, wo sich Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte gemeinsam treffen und trauen können sowie Unterstützung durch die Schulpsychologie in Anspruch nehmen können", sagte Wiederkehr. Es sei in diesem Zusammenhang auch eine eigene Hotline eingerichtet worden.

Für die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) ist die tödliche Attacke in einer Schule mit mehreren Toten eine "furchtbare Tragödie". Sie befand sich am späten Dienstagvormittag selbst am Tatort, wie sie der APA mitteilte. Viele Verletzte seien in ein Krankenhaus gebracht worden.

"Alle Einsatzorganisationen agieren umsichtig", so Kahr. Ein Teil der Kinder und Lehrenden ist zwischenzeitlich in die Grazer Helmut-List-Halle gebracht worden. Familienzusammenführungen finden in der ASKÖ-Halle statt. Mitarbeiter der Kriseninterventionsteams sind im Einsatz.

Kahr ersuchte, dass in den kommenden Tagen zwar Unterricht stattfinden solle, "aber der Stoff nicht im Vordergrund" stehe. "Das muss jetzt zuerst bewältigt werden. Das beschäftigt uns alle. Es muss Zeit dafür gegeben werden, um das zu verarbeiten."

"Viele fragen sich, wie man nach einer Situation wie heute in Graz helfen kann. Zunächst gelingt das, indem man seine Familie, seine Kinder beruhigt, und Menschen mit ihren Ängsten und Sorgen ernst nimmt", so Rotkreuz-Bundesrettungskommandant Gerry Foitik. Wenn man allerdings ganz konkret helfen möchte, kann man das durch Blutspenden. Die Lagerbestände seien aktuell auf einem kritisch niedrigen Niveau, hieß es in einer Aussendung.

Die Polizei ersuchte am Dienstag, die Veröffentlichung von Foto- und Bildmaterial im Netz aus Rücksicht auf die Angehörigen und die Opfer sowie die laufenden Ermittlungen zu unterlassen. Stattdessen solle man Bilder und Videos auf die eingerichtete Upload-Plattform des Ministeriums hochladen.

Live-Blog zu Geschehnissen in Graz

(APA/Red)

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