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Glyphosat-Totalverbot in Österreich: Antrag an EU-Kommission geschickt

Der Antrag auf ein Glyphosat-Totalverbot in Österreich wurde an die EU-Kommission geschickt.
Der Antrag auf ein Glyphosat-Totalverbot in Österreich wurde an die EU-Kommission geschickt. ©AFP (Sujet)
Am Dienstag ist der monatelang stillgelegene Antrag für ein Totalverbot des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat in Österreich von der Parlamentsdirektion zur Notifizierung an die Europäische Kommission geschickt worden. Damit könnte ein Verbot Mitte bis Ende Juni im Parlament beschlossen werden und das "würdelose Ping-Pong-Spiel" sei beendet, so SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried.

Eigentlich hätte das im Sommer 2019 vom Nationalrat ohne den Stimmen der ÖVP beschlossene Glyphosatverbot mit 1. Jänner in Kraft treten sollen. Die ehemalige Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein machte das Gesetz wegen eines Formalfehler aber nicht kund, da der Entwurf der EU im Voraus zur Notifizierung übermittelt werden hätte müssen, was aber nicht geschehen ist. Ein neuerlicher Entschließungsantrag der SPÖ blieb dann monatelang liegen, da es über die Kompetenzen für das weitere Vorgehen unter den Parteien verschiedene Auffassungen gab. Dieser Antrag wurde nun aber von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) an die EU-Kommission übermittelt.

Coronavirus-Pandemie: Pestizid schwächt Immunsystem

Somit sah die SPÖ ein Verbot des Unkrautvernichters in Österreich in unmittelbarer Nähe. "Ich habe sieben Jahre dafür gekämpft", freute sich Landwirtschaftssprecherin Cornelia Ecker (SPÖ). Ein Verbot sei auch angesichts der Coronavirus-Pandemie dringend geboten, da das Pestizid "nachweislich das Immunsystem der Menschen schwächt". Nach einer Stellungnahme der Kommission könnte - wenn diese schnell erfolgt - bereits im Juni im Nationalrat darüber abgestimmt werden. Interessant werde Ecker zufolge das Abstimmungsverhalten der Grünen sein, die noch im Wahlkampf vehement für ein Glyphosatverbot eingetreten sind. Für SPÖ-Umweltschutzsprecherin Julia Herr wäre ein Verbot ein Zeichen dafür, "dass Gesundheit wichtiger ist als Profitinteressen von Monsanto", sagte sie über den US-Saatgutriesen, der 2018 von Bayer übernommen wurde.

Dass die EU-Kommission den nationalen Alleingang Österreichs verhindern kann, glaubte Leichtfried nicht. Die Kommission könne den Antrag lediglich kommentieren, aber müsste sich für rechtliche Schritte an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) wenden.

Kritik von ÖVP, Grüne und NGOs erfreut

Die Übermittlung des Antrages für ein Totalverbot von Glyphosat an die EU-Kommission hat zu geteilten Reaktionen geführt. Während die Grünen ein "richtiges Signal" sahen und Umwelt-NGOs von einem "überfälligen" Schritt sprachen, ging ÖVP-Landwirtschaftssprecher Georg Strasser davon aus, dass die SPÖ genau wisse, "dass dieser Antrag bei der EU-Kommission abschmettern wird".

Die Grünen sahen hingegen eine "langjährige Forderung im ersten Schritt erfüllt". Bereits 2017 hätten die Grünen im Kärntner Landtag einen Beschluss zum Totalverbot von Glyphosat in Kärnten erwirkt. "Die Kommission stimmte einem Teilverbot zu. Dieses ist nun seit 1.1.2020 in Kraft", sagte Olga Voglauer, Landwirtschaftssprecherin der Grünen. Wie die Kommission nun urteilen wird, sei offen. "Vorbild ist für uns Luxemburg, wo ab 31.12.2020 Glyphosat verboten ist. Ein Verbot in Österreich wäre ein Meilenstein für den Schutz der Artenvielfalt und den Gewässerschutz", meinte Voglauer.

Strasser ging hingegen davon aus, dass das Gesetz nicht halten wird. "Ein Alleingang würde nämlich bedeuten, dass Österreichs Betriebe einen massiven Wettbewerbsnachteil hätten. Dieses Vorgehen ist nicht im Sinne der EU-Kommission", so der ÖVP-Landwirtschaftssprecher. Die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln ist auf europäischer Ebene geregelt, damit in den Mitgliedsstaaten gleiche Bedingungen gelten. "Nationale Einzelverbote sind nicht im Sinne europäischer Zulassungsmechanismen. Die EU-Kommission wird, was den SPÖ-Antrag angeht, sicher nicht mit zweierlei Maß messen. Das würde im Widerspruch zu bisherigen Urteilen der Kommission stehen", sagte Strasser.

"Glyphosat-Verbot längst überfällig"

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace begrüßte, dass "das Österreichische Parlament das dringend notwendige Glyphosat-Verbot jetzt wieder auf Schiene gebracht hat". "Das ist sehr erfreulich - ein Verbot von Glyphosat ist längst überfällig", sagte Sebastian Theissing-Matei, Landwirtschaftsexperte bei Greenpeace in Österreich. Der jetzige Schritt des Parlaments dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) "einen demokratischen und mehrheitlichen Beschluss des österreichischen Parlaments monatelang ignoriert hat. Monate, in denen das wahrscheinlich krebserregende Pflanzengift Glyphosat weiter auf unsere Äcker gesprüht wurde".

"Nun liegt der Ball in Brüssel. Drei Monate hat die Kommission jetzt Zeit, um den Gesetzesvorschlag zu prüfen", erklärte Helmut Burtscher-Schaden, Umweltchemiker bei Global 2000. Danach werde "sie Farbe bekennen müssen". "Es geht um nicht weniger als die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union mit ihren Plänen zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Biodiversität".

(APA/Red.)

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