Dornbirn. Demütig blickt Sylvester Lička auf sein Leben zurück. Er bekräftigt das mit einem selbst verfassten Gedicht, das er, gleich einem Geschenk, am Ende des Gesprächs rezitiert. „Es bleibt große Dankbarkeit“, sagt er, obwohl die Jugend für ihn und seine Generation nicht einfach war. Die Männer mussten in den Krieg, auch er. Bereits mit 16 machte der 1925 in Wien Geborene und in Graz Aufgewachsene die Kriegs-Matura, und schon nach einem Jahr Studium der Kunstgeschichte an der Universität Graz kam die Einberufung zur Wehrmacht. 1949, als er nach seiner Ausbildung an der Graphischen in Wien nach Vorarlberg übersiedelte, lagen die traumatisierenden Jahre hinter ihm. An den Einsatz an verschiedenen Fronten erinnert sich Sylvester Lička gut, an das Ende auch. Zuvor, auf dem Weg in Richtung der Heimat, hatte er sich als Rossknecht verdingt, um zu überleben. „Sie müssen wissen, dass das nicht wie ein Auslandssemester war, sondern äußerst harte Arbeit“, sagt der 92-Jährige. „Aber genug davon“, deutet er alsbald mit einer vielsagenden Geste und wendet sich den erfreulichen Kapiteln seines Lebens zu.
Die künstlerische Arbeit
Von bleibendem Wert ist die künstlerische Arbeit, die der siebenfache Vater neben dem Beruf und nach der Pensionierung mit großer Leidenschaft ausübte. Während er die Mappe mit Fotos seiner insgesamt 42 Werke durchblättert, weiß Sylvester Lička zu jedem der selbst entworfenen und eigenhändig gewobenen Teppiche eine Geschichte. Die Faszination für das Metier ist geblieben. „Ich würde es immer noch gern tun“, betont er, denn „die schönsten Teppiche habe ich noch im Kopf“. Es ist die nachlassende Sehkraft, die ihn leider daran hindert, weiter zu arbeiten. Die Idee entstand ursprünglich aus dem Wunsch, einen Gobelin im eigenen Haus zu haben. Das Weben von meist großflächigen Wandteppichen am Handwebstuhl hat er sich selbst beigebracht und, wie er verrät, dabei auch sehr viel Lehrgeld bezahlt. „Ich war wie besessen“, beschreibt er die immense Begeisterung. Aber nicht nur einmal hat er die Arbeit vieler Stunden verworfen und Gewobenes, das seinen Vorstellungen nicht entsprach, wieder aufgetrennt. Die damals materialintensive und bunte Werkstätte schildert der Kunstschaffende so: „Woll-Strähnchen in 600 Farben und Nuancen füllten eine ganze Wand“. Das flächenmäßig größte Werk Sylvester Ličkas kennen viele Menschen. Der Teppich hängt im Foyer des Dornbirner Kulturhauses und trägt den Titel Vibrato, angelehnt an die Konzertaufführungen im Haus. Das kraftvolle Motiv misst ganze zwölf Quadratmeter und mindestens 15 Monate intensiven Webens stecken darin. „Meine Frau hat gesagt, ich sei verschollen gewesen“, erinnert er sich schmunzelnd. Im schönen Haus, das Lička mit seiner Frau Margit in Kehlegg bewohnt, sind nur noch wenige Skizzen und fertige Arbeiten vorhanden.
Der berufliche Weg
Der Absolvent der Graphischen gründete in Hard, gemeinsam mit Otmar Motter, im Jahr 1950 das Atelier Vorarlberger Graphik. Bei dem Wettbewerb der Dornbirner Messe gewann er ein Jahr später den zweiten Preis, und sein Entwurf wurde als Plakat ausgeführt. Es folgten Jahre als gefragter Grafiker und das spätere Angebot von Willi Hladik, bei F.M. Hämmerle als Werbeleiter einzusteigen, nahm er als jung Verheirateter gern an. Das bedeutete zugleich die persönliche Entwicklung vom Gebrauchsgrafiker zum Art Director und die Aufgaben in der Welt der Mode waren vielfältig. Die Kreation der Kundenzeitschrift „Die Neue Linie“ und die Erfindung von Stoffnamen wie Novelin oder Quikoton waren Meilensteine für das renommierte Dornbirner Unternehmen. Aber nicht nur das. Auch die Haute Couture spielte damals eine wichtige Rolle für die Kollektionen von F.M. Hämmerle. „Meine Arbeit führte mich bis nach Rom zu Emilio Schuberth“, erzählt Sylvester Lička von der erfolgreichen Zusammenarbeit mit dem bedeutenden italienischen Modeschöpfer. „Ich war sehr glücklich“, sagt er über diese Zeit. Und es macht ganz den Anschein, als ob der gut gelaunte und aktive Senior das Glück, vor allem mit seiner Frau und der großen Familie, immer noch an seiner Seite hätte.
Sylvester Lička, geb. 1925 in Wien
Wohnhaft in Dornbirn Kehlegg
Verheiratet mit Margit. Sieben Töchter, elf Enkel, drei Urenkel
Liebt philosophische Betrachtungen und Abenteuer in der Bergwelt
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