Gesundheitskasse will Privatmedizin zurückdrängen: Mehr Geld und Ärztezentren gefordert

Mit 1. Juli hat Andreas Huss (SPÖ) erneut die Obmannschaft der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) übernommen. Zum Start seines halbjährigen Turnus setzte er am Dienstag klare Akzente: Die privatärztliche Versorgung soll zurückgedrängt, das öffentliche System deutlich ausgebaut werden. Dafür fordert er mehr finanzielle Mittel.
300 Primärversorgungszentren bis 2030 geplant
Huss will die Zahl der sogenannten Primärversorgungszentren (PVE) von derzeit rund 100 auf 300 bis Ende 2030 verdreifachen. Auch neue Fachambulatorien der ÖGK – etwa für Gynäkologie, Urologie, Innere Medizin oder Diabetes – sollen entstehen. Zudem plant er psychosoziale Versorgungszentren in allen 32 Regionen des Landes sowie neue Pflege- und Therapiepraxen. Letztere könnten ab 2026 zur Ausschreibung kommen.
Kritik an wachsender Privatmedizin
Besonders deutlich fiel Huss’ Kritik an der zunehmenden Bedeutung der Privatmedizin aus. Unter der letzten türkis-blauen Regierung sei diese stark gefördert worden. Das Ergebnis: Rund 24 Prozent der gesamten Gesundheitsausgaben in Österreich werden privat bezahlt – rund 12 Milliarden Euro pro Jahr. Im Vergleich: In Deutschland sind es nur 13 Prozent.
"Das ist international ein Rekordwert", so Huss. Viele Österreicher würden Zusatzversicherungen abschließen, weil sie Angst hätten, sonst zu spät behandelt zu werden.
"Zu wenig Geld im System"
Laut Huss landen aber große Teile der Prämien nicht im Gesundheitssystem: 2024 seien von 2,6 Mrd. Euro an Prämien nur 1,6 Mrd. als Leistungen ausbezahlt worden. Zudem liege der Verwaltungsaufwand bei Privatversicherungen bei 14 Prozent – jener der ÖGK betrage lediglich 2 Prozent.
Ein Umsteuern sei laut Huss nur möglich, wenn mehr öffentliche Mittel bereitgestellt würden: "Österreich liegt bei den öffentlichen Gesundheitsausgaben in der OECD nur im unteren Mittelfeld – auf Augenhöhe mit Italien oder Tschechien", so der ÖGK-Chef. "Das muss sich ändern."
Einheitliche Trinkgeldpauschale und neue Finanzierungsvorschläge
Um zusätzliche Einnahmen zu schaffen, will Huss eine einheitliche, jährlich valorisierte Trinkgeldpauschale über 100 Euro in allen Bundesländern. Diese müsse aber noch mit der Wirtschaftskammer verhandelt werden.
Auch eine Reform der Spitalsplanung hält Huss für notwendig – idealerweise länderübergreifend oder zentral über die Sozialversicherung gesteuert. Auch eine Bundeslösung sei denkbar. Dafür bräuchte es allerdings eine Verfassungsmehrheit.
Beitragserhöhungen bringen schwarze Null in Reichweite
Durch Maßnahmen wie eine höhere E-Card-Gebühr oder die Erhöhung des Pensionsbeitrags sei eine "schwarze Null" bei der ÖGK möglich. Für einen Ausbau der Versorgung reiche das aber nicht, betonte Huss. Zwar könne man das aktuelle Niveau halten, "aber nicht so ausbauen, wie wir es uns für unsere Versicherten vorstellen".
(VOL.AT)
Du hast einen Hinweis für uns? Oder einen Insider-Tipp, was bei dir in der Gegend gerade passiert? Dann melde dich bei uns, damit wir darüber berichten können.
Wir gehen allen Hinweisen nach, die wir erhalten. Und damit wir schon einen Vorgeschmack und einen guten Überblick bekommen, freuen wir uns über Fotos, Videos oder Texte. Einfach das Formular unten ausfüllen und schon landet dein Tipp bei uns in der Redaktion.
Alternativ kannst du uns direkt über WhatsApp kontaktieren: Zum WhatsApp Chat
Herzlichen Dank für deine Zusendung.