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Gerichtsmitarbeiter bestreiten Vorwurf

Mehrere der Angeklaten bestreiten die Vorwürfe.
Mehrere der Angeklaten bestreiten die Vorwürfe. ©VOL.AT/Hofmeister
Die Verteidiger von drei mitangeklagten Gerichtsbediensteten haben am Nachmittag eine Mittäterschaft an den mutmaßlichen Malversationen bestritten.

Der im November 2009 entlassene Leiter der Abteilung für Außerstreitsachen am Bezirksgericht Dornbirn Kurt T. (48) habe keine amtsgeschäftlichen Befugnisse missbraucht, keine fingierten Registereinträge getätigt und auch keine falschen Aktenvermerke veranlasst, betonte Rechtsanwalt Nicolas Stiegler nach der Mittagspause in seinem Plädoyer.

Kurt T. selbst Opfer?

Der Zweitangeklagte Kurt T. soll an mehreren Testaments- und Urkundenfälschungen mitgewirkt haben. Sein Mandant sei aber dem Hauptbeschuldigtem zum Opfer gefallen, er habe sich auch nie einen finanziellen Vorteil verschafft, erklärte der Verteidiger. “Jürgen H. sagt selbst, dass er Spalten im UV-Register überklebt hat und sich selbst an die Schreibmaschine gesetzt hat. Der Hauptbeschuldigte sagte, er habe Tag und Jahr im UV-Verzeichnis ausradiert. Mein Mandant hat nichts geschnipselt und nichts geklebt”, erklärte Stiegler.

Kurt T. sei nicht der einzige Mitarbeiter in der Außerstreitabteilung gewesen, es seien täglich viele Urkunden zu bearbeiten gewesen. Warum hätten ihm die Fälschungen auffallen sollen, fragte Stiegler. Es gebe nichts, was gegen eine Einzeltätertheorie des Jürgen H. spreche. Und es wäre völlig unglaubwürdig, dass jemand wie T. ohne finanzielle Gegenleistung seine Karriere aufs Spiel setze. “Welches Motiv sollte er haben? Er hat nicht eine müde Mark verdient”, sagte Stiegler. “Mein Mandant hat mit der Sache nichts zu tun. Er war zufälligerweise am selben Gericht tätig. Es gab nie eine engere oder gar freundschaftliche Verbindung mit Jürgen H.” Das Verfahren werde zeigen, dass sein Mandant unschuldig sei.

In seiner ersten Einvernahme habe Jürgen H. alle Schuld auf sich genommen. Erst später habe er auch andere beschuldigt. “Man weiß, dass die erste Aussage immer die Wichtigste ist”, erklärte Stiegler. H. sei “ein Baron Münchhausen”. Es sei ungeheuerlich, dass mit seinen Lügengeschichten unbescholtene Leute belastet werden.

Stiegler vertritt in dem Prozess auch einen 49-jährigen Angehörigen von Jürgen H. und eine Schwägerin dieses Angehörigen. “Sie sind in vollem Umfang geständig.” Die Anklage wirft dem 49-Jährigen vor, er habe in einem Fall seine Schwägerin als Schein-Nacherbin bestimmt und in einem anderen Fall einen “tauglichen” Erben genannt. Die Beteiligung seines Mandanten habe nur in einer untergeordneten Rolle stattgefunden, so der Advokat.

Verteidiger: Motiv bei Clemens M. fehlt

Auch die Verteidiger von zwei weiteren Rechtspflegern wiesen die Vorwürfe zurück. “Mein Mandant hat nie ein Testament gefälscht. Es gibt keinen Grund für seine Mitwirkung”, sagte Rechtsanwalt Burkhard Hirn, Verteidiger des drittangeklagten Clemens M. (52), derzeit suspendierter Rechtspfleger für Außerstreitsachen. “Er wird in fünf Verlassenschaftsverfahren der Mittäterschaft bezichtigt. Dass das nicht so ist, wird das Verfahren ergeben”, erklärte Hirn. Es falle auch ein finanzieller Beweggrund weg, “bei Clemens M. ist kein finanzieller Vorteil hängengeblieben”.

Außerdem habe die Chemie zwischen Jürgen H. und seinem Mandanten nicht gestimmt, betonte Hirn. Der Hauptbeschuldigte habe Clemens M. als komisch und unverlässlich bezeichnet, “reden so Freunde miteinander?”, fragte der Anwalt. Es sei nicht möglich, ein taugliches Motiv für die Mitwirkung an den Fälschungen zu finden, alle Scheinerben hätten mit der Person seines Mandanten nichts zu tun, “das sind alles Leute aus der Umgebung von Jürgen H.”. Clemens M. habe nie finanziell von etwas profitiert. Der Hauptbeschuldigte sei hingegen dazu bereit gewesen, seine Familie einzubeziehen und zu missbrauchen, wenn er also dazu bereit gewesen sei, deren Existenz zu vernichten, dann sei er wohl auch dazu bereit, Gerichtsbedienstete falsch zu bezichtigen, “um von der One-Man-Show wegzukommen”, meinte Rechtsanwalt Hirn.

Anwalt von Peter H. beruft sich auf Geständnis

Ebenfalls alle Vorwürfen bestritten hat der Verteidiger des fünftangeklagten, mittlerweile pensionierten Rechtspflegers Walter M. (72). Der Beschuldigte ist laut Anklage in zwei von 18 Fällen involviert, er soll auch einer der Väter des Testamentsfälscher-Systems gewesen sein, was sein Verteidiger schärfstens zurückwies. “Er war von 1966 bis 1. März 2000 beim Grundbuch und ist im Jahr 2000 nach 41 Dienstjahren in Pension gegangen. Es gibt keinen einzigen objektiven Beweis für die Vorwürfe, die meinem Mandanten angelastet werden. Bei den Hausdurchsuchungen wurde nichts gefunden, was ihn belastet”, sagte Rechtsanwalt German Bertsch.

Rechtsanwalt Peter Cardona, Verteidiger des viertangeklagten Peter H. (48), betonte, dass sein Mandant entscheidend zur Wahrheitsfindung beigetragen habe. Der in Salzburg lebende Freund des Hauptbeschuldigten habe auch die Konten angegeben, wo Gelder aus Verlassenschaften geparkt waren. Rund eine Million Euro wurden bei Peter H. sichergestellt. Der Beschuldigte soll mit abgezweigten Summen aber schon Liegenschaften gekauft haben. “Er hat ein umfassendes Geständnis abgelegt”, erklärte Cardona.

Auch ein 40-jähriger Angehöriger und eine 47-jährige Angehörige des Jürgen H., die beide durch Anwalt Klaus Grubhofer vertreten werden, sind voll geständig.

Der Prozess wird morgen, Dienstag, um 9.00 Uhr mit der Einvernahme der neun Angeklagten fortgesetzt. Der erste Verhandlungstag ist ohne Zwischenfälle und ohne emotionale Entgleisungen verlaufen.

(APA)

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