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Generationenwechsel im Café Ulmer in Dornbirn

Frischer Wind im Café Ulmer in Dornbirn Haselstauden.
Frischer Wind im Café Ulmer in Dornbirn Haselstauden.
Joachim Mangard (VOL.AT) joachim.mangard@russmedia.com
170 Jahre Bäckerei, 1963 dann das Café: Birgit Ulmer-Schmid übergibt den legendären Haselstauder Treffpunkt – ein VOL.AT-Lokalaugenschein im Zeichen der Kaffeehauskultur.

Als der kürzlich verstorbene Großvater Bruno Ulmer 1963 zusätzlich zur Bäckerei den Kaffeehausbetrieb im liebevoll eingerichteten Lokal eröffnete, wehte frischer Wind durch den Haselstauder Ortskern.

Das legendäre Café Ulmer in Dornbirn Haselstauden.

Junior-Chef übernimmt das Zepter

Und gemäß dieser Tradition will Junior-Chef Samuel mit seinen 23 Jahren den Spagat zwischen Kaffeehaus, Treffpunkt und einfachem Ort des gelebten Miteinanders über die Generationen hinweg nun wagen und im Andenken an seinen Großvater fortführen.

Freundlicher Empfang bei Birgit und Junior-Chef Samuel.

Nostalgie, Charme und Tradition:
Im Café Ulmer steht die Zeit still

Der Duft von frisch gebrühtem Kaffee liegt in der Luft, wenn wir das einzigartige Lokal neben der Haselstauder Kirche betreten. Hier wird Kaffeehaus- und Bäckereitradition gelebt. Am Tisch wird gejasst, Seniorenrunden besprechen Lokal- und Weltpolitik, einem Stammgast wird zum 80. Geburtstag gratuliert, selbstverständlich in gesungener Form. Das Café Ulmer ist ein Spiegelbild des Alltags in der Dornbirner Parzelle.

In dem nostalgischen und wunderschönen Kaffeehaus lässt es sich hervorragend aushalten und man weiß Bescheid, was in Haselstauden die Runde macht.

Betrachtet man die Einrichtung, scheint die Zeit seit der Eröffnung durch Bruno Ulmer im Jahre 1963 stillzustehen. Handgeschmiedete Verzierungen ragen zur charakteristischen Stuckdecke hoch. Der Teppichboden bietet den idealen Untergrund für die samtroten Polstermöbel, die sich um die gut besuchten Tische formieren.

Die charakteristische Stuck-Decke.
1962 installierte Stuckateur und Bildhauer Herbert Schedler die Decke, die zum Ulmer gehört, wie die samtroten Polstermöbel.
Ulmer-Wirtin Birgit und Stammgast Rudi, mit einem Andenken an die Gitarrentaufe.

Rudi, ein Stammgast seit 1969 und ein alter Freund von Bruno Ulmer

Ein Blick der beiden Wirte Birgit Ulmer-Schmid und ihres Sohns Samuel genügt, um die Wünsche der Stammklientel zu erfüllen. Man kennt einander und die besonderen Vorlieben der Gäste, die dem Café teilweise seit über 50 Jahren beinahe täglich die Treue halten. Einer von ihnen ist Rudi, der im VOL.AT-Interview sichtlich gerührt über Bruno Ulmer spricht.

Der Bäcker und Ulmer-Wirt wurde zeit seines Lebens in ganz Haselstauden für seine zuvorkommende und umtriebige Art geschätzt. Auch wegen seines Engagements als Mitbegründer des Dornbirner Sportvereins oder der Etablierung des Schachsports unter den "Schottar" Bewohnern. Das und mehr hat Rudi an seinem verstorbenen Freund so sehr geschätzt.

Der verstorbene Bruno Ulmer gründete das Café 1963 und lebt nun in den zahlreichen Erinnerungen seiner Familie und der Stammgäste fort.
Gelebte Kaffeehaus-Tradition und selbst gebackenes Brot und Gebäck: Das Ulmer setzt auf Altbewährtes und bekommt mit Jung-Chef Samuel eine Frischzellenkur.

"Samuel ist ein ruhiger
und besonnener Wirt"

"Besonders schön ist nun, dass mit Samuel ein ruhiger und besonnener Wirt das Ulmer weiterführt. Und wir hoffen alle, dass er nicht die falsche Frau bekommt", schmunzelt Rudi. Übrigens hat es sich der täglich im Ulmer gastierende Stammkunde nicht nehmen lassen, dem Traditionshaus eine Akustikgitarre zu sponsern, ganz im Sinne des Musikantentreffs, der jeden ersten Donnerstag im Monat stattfindet: "So gibt es keine Ausreden mehr, wenn einmal keine Instrumente da sein sollten", schmunzelt der Ulmer-Fan der ersten Stunde.

Das Ulmer-Team inmitten seiner zahlreichen Stammgäste.

Abschluss des Tourismus-Kollegs in Innsbruck, jetzt Ulmer-Wirt

Für Samuel, der das Ulmer nun gemeinsam mit seiner Mutter Birgit führt, war die Entscheidung eine leichte. "Ich bin schon als kleiner Junge in Café und Bäckerei gestanden und kenne jeden Stammgast. Und ich habe das Handwerk wortwörtlich aus erster Hand gelernt."

Im Ulmer steht die Zeit still.

"Nach dem Abschluss des Innsbrucker Tourismuskollegs und einigen Praxiserfahrungen möchte ich dem Ulmer natürlich auch meinen eigenen Anstrich verpassen. Selbstverständlich ohne dabei das bewährt traditionelle Erfolgsrezept, das seit Generationen in unserem Betrieb vorherrscht, groß zu verändern", informiert der junge Gastronom im VOL.AT-Interview und ist sich seines Erbes bewusst.

Selbstverständlich hat das Café Ulmer auch Fan-Artikel im Angebot.

Sichtlich stolz darauf zeigt sich Mama Birgit, die ohnehin seit Jahrzehnten dem Traditionshaus ihren Charme verleiht. "Gerade während der Pandemie hat man bemerkt, wie wichtig so ein Treffpunkt und ein Ort des sozialen Austausches ist. Das macht sich aktuell besonders bemerkbar, unsere Stammgäste scheinen, die letzten zwei Jahre wieder aufholen zu wollen und besuchen uns umso lieber", zeigt sich die Wirtin erfreut.

Nostalgie und Tradition, an jeder Ecke im Ulmer zu finden.

Auch wegen aktueller Sorgen wie Teuerung und Gasthaussterben macht sich die Bäckerstochter natürlich Gedanken, glaubt aber eher daran, dass das kleine Café Ulmer umso gefragter wird, wenn die Menschen wieder enger zusammenrücken müssen. Dem können wir uns nur anschließen, denn in Zeiten von System-Gastronomie und Backboxen tut es sichtlich gut, altbewährte Werte und Tradition wiederaufleben zu lassen.

(VOL.AT)

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