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Gemeinde Kuchl in Salzburg unter Quarantäne gestellt

Das Land Salzburg schärft angesichts der steigenden Corona-Zahlen bei den Maßnahmen drastisch nach.
Das Land Salzburg schärft angesichts der steigenden Corona-Zahlen bei den Maßnahmen drastisch nach. ©APA/BARBARA GINDL
Das Land Salzburg greift angesichts der rasant steigenden Corona-Infektionen zu verschärften Maßnahmen. Die Gemeinde Kuchl wurde unter Quarantäne gestellt, private Feiern sowie Veranstaltungen ohne zugewiesene Sitzplätze werden verboten.
Kurz: "Die Lage ist ernst"

Das Land Salzburg hat am Donnerstag eine Reihe von Maßnahmen angekündigt, um die stark gestiegene Zahl an Covid-19-Neuinfektionen im Bundesland in den Griff zu bekommen.

Am härtesten davon ist die Gemeinde Kuchl im Tennengau (Bezirk Hallein) betroffen, in der sich die Situation zuletzt zugespitzt hat. Sie wird unter Quarantäne gestellt. Aber auch in den anderen Bezirken des Landes gelten ab kommenden Samstag zum Teil erhebliche Einschränkungen.

Covid-Maßnahmen in Salzburg verschärft: Kuchl unter Quarantäne

"Die Entwicklung ist dramatisch", sagte Landeshauptmann Wilfred Haslauer am Donnerstag bei einer Pressekonferenz. Die Zahl der Neuinfektionen im Land sei zuletzt teilweise auf mehr als 130 pro Tag hinaufgeschnellt - das sei mehr als im Frühjahr. Vor nicht ganz zwei Wochen lag die 7-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner im Bundesland noch bei rund 30, laut AGES erreichte sie mit gestern Nachmittag bereits einen Wert jenseits der 100. "Wir sehen die unbedingte Notwendigkeit Maßnahmen zu setzen, um nicht in einen weiteren Lockdown zu gehen", so Haslauer.

Darum wird in Kuchl die Ein- und Ausreise untersagt, Ausnahmen gibt es nur mehr für die Versorgung mit Lebensmitteln oder Heizmaterial, für Einsatzfahrzeuge und für Pendler, die in systemrelevanten Berufen arbeiten. Innerhalb der Gemeinde müssen Gastronomie und Hotellerie zusperren. Handels- und Dienstleistungsgeschäfte bleiben für Gemeindebürger offen. Zudem gelten Ausgangsbeschränkungen wie beim Lockdown im Frühjahr - mit den bekannten Ausnahmen Bewegung im Freien, Nachbarschaftshilfe und Einkäufe.

Corona-Ampel: Bezirk Tennengau wird auf Rot geschaltet

Mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von 352,8 Fällen je 100.000 Einwohner (Stand: Mittwoch, 14.00 Uhr) nahm der Tennengau österreichweit mit deutlichem Abstand die unrühmliche Spitzenposition ein. Bei der heutigen Sitzung der Ampelkommission werde der Bezirk auf Rot geschaltet, sagte Haslauer. Die Bezirke Pongau (Bezirk St. Johann) und Flachgau (Salzburg-Umgebung) werden am Abend "Orange", die Landeshauptstadt bleibe noch knapp bei "Gelb".

Das erst am Dienstag im Tennengau in Kraft getretene Verbot privater Feiern außerhalb des eigenen Wohnraums wird auf das ganze Bundesland ausgedehnt. In ganz Salzburg wird zudem eine Registrierungspflicht für die Gastronomie eingeführt - eine Maßnahme die das Land vor wenigen Wochen noch aus Datenschutzgründen abgelehnt hatte. Die Sperrstunde um 22.00 Uhr bleibt aufrecht, ausgenommen sind weiterhin Gäste in der Hotellerie. Zudem dürfen landesweit nicht mehr als 100 Personen zu Begräbnissen kommen.

Verbot für Events ohne Spitzplatz-Zuweisung und Home Schooling

Das Land führt weiters ein Veranstaltungsverbot ein, wenn es keine zugewiesenen Sitzplatze gibt - egal ob Indoor oder Outdoor. Die Verabreichung von Speisen und Getränken bei Veranstaltungen wird dabei verboten. Im Tennengau, Flachgau, Pongau und in der Stadt Salzburg werden alle Schüler ab der 9. Schulstufe auf Home Schooling umgestellt. Das sieht laut Haslauer die Bildungsampel so vor, die heute auf Orange gestellt werden wird. Auch die beiden Fachhochschulen in Kuchl und Puch stellen auf "Distance Learning" um. Die Maßnahmen werden ab Samstag, 17. Oktober, 0.00 Uhr bis vorerst bis 1. November, 24.00 Uhr, gelten.

Maßnahmen gelten ab Samstag bis vorerst Anfang November

Der Gesundheitsminister unterstütze die Schritte, betonte Haslauer heute. "Geht die Entwicklung so weiter, kommt es zu einer Überforderung des Gesundheitssystems", warnte der Landeshauptmann. "Es ist absehbar, dass wir in knapp zwei Wochen an der Grenze der Versorgbarkeit angelangt sind." Binnen einer Woche hätte sich die Zahl der Hospitalisierungen verdoppelt, die Zahl der Intensivpatienten von eins auf vier erhöht. "Unter Umständen werden wir zeitnah in eine Situation kommen, in der wir das Behelfsspital am Messegelände wieder aktiveren müssen."

Die Zuspitzung der Situation in Kuchl und im Tennengau dürfte zum Teil auch einer gewissen Ignoranz einzelner Bürger gegenüber den bisherigen Maßnahmen zurückzuführen sein. "Wir haben in Kuchl keine Cluster mehr feststellen können", sagte Landessanitätsdirektoren Petra Juhasz am Donnerstag. "Es gab beim Angeben möglicher Kontaktpersonen von Infizierten keine Kooperation mehr. Viele haben Symptome, lassen sich aber nicht testen, um nicht in Quarantäne zu müssen." In sozialen Medien werde sogar dazu aufgerufen, unkooperativ zu sein und sich nicht an die Maßnahmen zu halten.

In Kuchl waren zuletzt 87 Personen aktiv mit dem Coronavirus infiziert. Im gesamten Tennengau waren es 211 Personen, im Bundesland 670. Es liegen aber bereits weitere positive Testergebnisse vor, die noch nicht ins EMS eingespeist worden sind. Hier kommen landesweit noch einmal mehr als 120 hinzu.

Kurz begrüßt Maßnahmen in Salzburg

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat die aufgrund steigender Coronavirus-Neuinfektionen erlassenen Maßnahmen Salzburgs begrüßt. Landeshauptmann Wilfred Haslauer (ÖVP) sei "hier aktiv" geworden und habe "schnell und restriktiv" gehandelt, sagte Kurz am Donnerstag vor dem EU-Gipfel in Brüssel. So wurde etwa die Gemeinde Kuchl im Tennengau (Bezirk Hallein) unter Quarantäne gestellt.

Kurz appellierte erneut an "alle anderen sehr betroffenen Bundesländern" auch Maßnahmen zu setzen, "damit die Situation nicht außer Kontrolle gerät". Sie sollten dem Beispiel Haslauers folgen, so der Bundeskanzler.

Chronologie der bisherigen Quarantänemaßnahmen

Mehrere besonders hart von SARS-CoV-2 betroffene Gemeinden, ganze Täler und sogar das gesamte Land Tirol waren am ersten Höhepunkt der Corona-Pandemie im März in Österreich von Quarantänemaßnahmen betroffen.

Die Isolierungen, mit denen die Behörden die Verbreitung des Virus eindämmen und die Anzahl der Neuansteckungen senken wollten, wurden meist für zwei Wochen verhängt, teils verlängert, und erst weit in den April hinein wieder endgültig obsolet.

13. März: Die Orte im Tiroler Paznauntal - Galtür, Ischgl, Kappl und See - sowie St. Anton am Arlberg werden von der Bundesregierung unter Quarantäne gestellt.

14. März: Heiligenblut in Kärnten wird als nächste Gemeinde mit den Abschottungsmaßnahmen belegt.

17. März: Die gesamte Vorarlberger Arlbergregion mit den Gemeinden Lech, Stuben (als Ortsteil von Klösterle), Warth und Schröcken wird abgeriegelt. Gleichzeitig isolieren die Tiroler Behörden zwei weitere Skiorte, den bekannten Tourismusort Sölden im Ötztal sowie St. Christoph am Arlberg.

18./19. März: Tirol greift zu noch drastischeren Maßnahmen und isoliert sich selbst: Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) stellt mit einer Erklärung am Abend alle 279 Gemeinden unter Quarantäne. Fahrten sind höchstens noch in die nächste Ortschaft erlaubt, ausgenommen bleibt der Weg in die Arbeit. In Salzburg werden das Gasteinertal mit den Gemeinden Bad Gastein, Bad Hofgastein und Dorfgastein sowie das Großarltal mit den Kommunen Großarl und Hüttschlag unter Quarantäne gestellt, ebenso wie die Gemeinde Flachau.

22. März: In Vorarlberg werden zusätzlich Ortsteile der Gemeinde Nenzing im Bezirk Bludenz mit der Maßnahme belegt.

31. März/1. April: Das Land Salzburg weitet die Quarantäne auf drei weitere Orte aus: Auch Altenmarkt im Pongau sowie die Pinzgauer Gemeinden Zell am See und Saalbach werden unter Isolation gestellt.

15. Oktober: Das Land Salzburg verhängt über die Gemeinde Kuchl im Tennengau Quarantäne.

Aktuelle Corona-Lage in Österreich

(APA/Red)

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