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Geheimnisse der Schuppenflechte

Zwei bis drei Prozent der Weltbevölkerung leiden an Psoriasis. “20 bis 30 Prozent davon sind schwer davon beeinträchtigt“, sagte beim „Autoimmunität“-Symposium der Dermatologe Univ.-Prof. Dr. Martin Röcken.

Die Frage ist, ob es sich bei der Schuppenflechte um eine immunologische oder um eine direkt aus der Haut kommende Krankheit handelt, die erst in der Folge das Abwehrsystem aktivieren.

Psoriasis besteht aus einer vermehrten Teilung von Zellen in der Haut. Es bilden sich silbern aussehende Schuppen. Die Haut verdickt sich, in ihr selbst sind Entzündungszeichen feststellbar. In schweren Fällen kann es auch zu Gelenksentzündungen kommen, die jener von chronischer Polyarthritis ähneln.

Röcken und sein Team konzentrierten sich auf die krankhaften Veränderungen des Immunsystems der Patienten. Der Experte: „Beseitigt man beispielsweise die so genannten T-Zellen im Blut der Kranken, kommt es zu einer Besserung der Symptome.“ Bei der Krankheit scheint demnach eine Immunantwort der so T-Helferzellen vom Typ 1 (Th1-Zellen) vorliegen. Es kommt zu einer Verringerung der Produktion des Immunbotenstoffs Interleukin-4 (IL-4) und zu einer starken Vermehrung von Interferon Gamma.

Die Wissenschafter behandelten deshalb Patienten mit schwerster Psoriasis mit IL-4. Das Ergebnis laut Röcken: „Jene Patienten, die das Interleukin in einer hohen Dosis bekamen, zeigten binnen sechs Wochen eine starke Verbesserung.“ Die „Schuppenhaut“ verschwand fast vollständig. Jetzt soll diese Strategie in größeren Studien an Patienten erprobt werden. Das Manko: Das Patent für IL-4 ist abgelaufen – und ohne Patent sind Pharmakonzerne kaum an solchen Studien interessiert.

Die Theorie der deutschen Wissenschafter: Bei der Psoriasis wirken das durch Umweltreize adaptierbare Immunsystem, das angeborene Abwehrsystem sowie in betroffenen Hautregionen vorhandene spezifische Stoffwechselvorgänge zusammen. Der Dermatologe: „Sonst müsste ja immer die ganze Hautoberfläche von der Psoriasis betroffen sein.“ Typisch für die Krankheit sind aber genau umgrenzte „Herde“ (z.B. Ellbogen, Knie etc.).

Noch nicht in der Wissenschaft völlig ausdiskutiert sind offenbar Erkenntnisse, über die Univ.-Prof. Dr. Erwin F. Wagner vom Institut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien berichtete. Er und ein Team haben vergangenes Jahr in der Fachzeitschrift „Nature“ Mausexperimente veröffentlicht, wonach die Psoriasis in der Haut entsteht und erst dann immunologische Reaktionen darauf ablaufen.

Die Forscher wandten eine Methode an, mit der bei Mäusen spezifisch in der Haut die Gene JunB und JunC ausschalteten. Wagner: „Nach zwei Wochen hatten sie Psoriasis, auch ihre Gelenke waren davon betroffen.“ Die Jun-Gene würden eben jene Teile des angeborenen Immunsystems kontrollieren, welche an der Psoriasis beteiligt sind. Nicht alle Experten bei dem Symposium waren überzeugt.

Wagner, international bekannter Spitzenforscher: „Wenn ich etwas bin, dann bin ich eben ein ’Maus-Doktor’. Ich bin kein Dermatologe und kein Immunologe.“ Es ginge um die prinzipielle Identifizierung von Krankheitsprozessen.

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