Die hintergründige Komödie “Amphitryon” des deutschen Dichters Heinrich von Kleist (1777-1811) wurde als schnörkel- und zeitloser Seelen-Striptease aufgeführt. Das Premierenpublikum im Bregenzer Theater am Kornmarkt bedankte sich bei Schauspielern und Regie mit reichem Beifall.
Den seit der Antike literarisch variierten Amphitryon-Mythos hat Kleist in Weiterentwicklung nach Moliere zu einer geistreichen Tragik-Komödie über Liebe, unbeabsichtigte Untreue, Macht und Identität verwandelt. Oberspielleiter Lothar Maninger streicht in seiner Regie den geradezu tiefenpsychologischen Aspekt der “Dreiecksgeschichte” zwischen Amphitryon (Martin Rother), dessen Frau Alkmene (Ingrid Lang) und dem wieder einmal seitenspringenden Göttervater Jupiter (Peter Bocek) in der täuschenden Maske von Amphitryon hervor. Das an eine aus Sichtbeton aufgetürmte minoische Festung gemahnende Bühnenbild und die gegenwartsnahen Kostüme von Ursula N. Müller sind klarer Hintergrund für das amouröse Verwirrspiel.
Sobald der siegreiche thebanische Feldherr seinem Doppelgänger-Spiegelbild an der Seite der vermeintlich den eigenen Mann liebenden Alkmene begegnet, gerät das unerschütterlich scheinende Ego von Amphitryon ins Wanken. “Wer bin ich?” seufzt er schließlich ratlos. Und die von Jupiter getäuschte Alkmene haucht zuletzt in den Armen ihres irdischen, dafür echten Amphitryon (altgriechisch etwa: Der doppelt Getäuschte) ein entwaffnendes “Ach”.
Die Wirrungen der Herrschaft werden auf unterer Ebene karikiert und nochmals komödiantisch gebrochen. Amphitryons Diener Sosias (hervorragend vielschichtig Burghard Braun) wird vom listenreichen Götterboten Merkur (Matthias Klein als vollwertiger Einspringer für den erkrankten Mario Plaz) quasi mit sich selbst konfrontiert. Die Folge sind schmerzhafte Einsichten und Konsequenzen für Sosias und dessen Frau Charis (Kathrin Schwaderer).
S E R V I C E: “Amphitryon” von Heinrich von Kleist; Vorarlberger Landestheater. Regie: Lothar Maninger, Bühnenbild und Kostüme: Ursula N. Müller; sechs weitere Aufführungen bis 19. Oktober, jeweils 20 Uhr im Theater am Kornmarkt Bregenz. Tel. 05574 42870-600
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