Gefälschtes Diabetes-Mittel: Warnung vor Fake-Medikamenten

Zusammen mit der Staatsanwaltschaft und dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) werde an der lückenlosen Aufklärung gearbeitet, bekräftigte der Bundeskriminalamtssprecher auf APA-Anfrage.
Aus Datenschutzgründen werden zur betroffenen Person im Krankenhaus keine Angaben gemacht, hieß es bereits am Donnerstag vom BASG. Berichtet wurde aber von schwerwiegenden Nebenwirkungen mit Unterzuckerung und Krampfanfall. Das sei ein Indiz, dass in dem Produkt fälschlich Insulin anstelle des Wirkstoffs Semaglutid enthalten war.
Warnung vor Online-Bestellungen: Echte Medikamente nur in Apotheken
Es gebe keine Hinweise darauf, dass die gefälschten Produkte von legalen Apotheken an Patientinnen und Patienten abgegeben wurden. Das BASG warnt Patientinnen und Patienten "nachdrücklich und eindringlich vor jeder eigenmächtigen Bestellung von 'Ozempic' im Internet". Echte Arzneimittel können nur über eine Verschreibung per Rezept und Abgabe durch eine öffentliche Apotheke erworben werden. Nur dadurch kann sichergestellt werden, dass es sich beim bezogenen Produkt um ein zugelassenes, bestens überprüftes, sicheres und wirksames und somit letztlich authentisches Arzneimittel handelt, so das BASG.
Der Fall zeige, dass der Kauf von Arzneimitteln über dubiose Online-Händler ein enormes gesundheitliches Risiko darstellt, warnte der Apothekerverband in einer Aussendung. Die Bevölkerung wurde dazu aufgerufen, Medikamente ausschließlich über sichere Quellen zu beziehen - über die öffentlichen Apotheken. "Dass jemand ins Krankenhaus muss, weil ein gefälschtes Medikament eingenommen wurde, ist ein Alarmsignal für das heimische Gesundheitssystem. In den letzten Jahren hat die Anzahl von Arzneimittelfälschungen in einem besorgniserregenden Ausmaß zugenommen - gesundheitliche Risiken inklusive. Unser dringender Aufruf an die Bevölkerung lautet: Setzen Sie Ihre Gesundheit nicht aufs Spiel", appellierte Thomas W. Veitschegger, Präsident des Apothekerverbands, an die österreichische Bevölkerung.
Online-Handel mit Medikamenten wie "Ozempic" in Österreich verboten
Der Online-Handel mit derartigen Produkten wie "Ozempic" ist in Österreich ausdrücklich verboten, bekräftigte auch der Verband der pharmazeutischen Industrie Österreichs (Pharmig). "Was dramatisch klingt, ist leider Realität: Wer gefälschte Arzneimittel konsumiert, begibt sich mitunter in Lebensgefahr", warnte Pharmig-Generalsekretär Alexander Herzog. Nach wie vor sei die legale Lieferkette, vom Hersteller über den Großhandel und die Apotheke, der sicherste Weg, um Arzneimittel zu den Patientinnen und Patienten zu bringen. Auch der jüngste Fall des gefälschten Diabetesmittels ist zum jetzigen Erkenntnisstand außerhalb dieses Vertriebsweges zu verorten, hieß es in einer Pharmig-Aussendung.
Der Online-Handel mit Arzneimitteln ist in Österreich nur für nicht rezeptpflichtige und hier zugelassene bzw. registrierte Humanarzneimittel erlaubt. Hierfür gibt es sogenannte zertifizierte Versandapotheken. Welche dies sind, kann in einer Liste des BASG nachgeprüft werden.
Gefälschte "Ozempic"-Fertig-Pens von echtem Mittel leicht zu unterscheiden
Das rezeptpflichtige Arzneimittel "Ozempic" enthält den Wirkstoff Semaglutid und ist für die Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Typ-2-Diabetes zugelassen. Der Wirkstoff Semaglutid in "Ozempic" kann auch als Mittel gegen starkes Übergewicht eingesetzt werden. Auch der Hersteller Novo Nordisk hatte bereits mitgeteilt, dass es einen deutlichen Anstieg an illegalen Onlineverkäufen gebe. Es kam durch die zweckfremde Verwendung bereits zu einer begrenzten Verfügbarkeit von "Ozempic" für Diabetikerinnen und Diabetiker.

Nach aktuellem Wissensstand handelt es sich bei den mutmaßlichen Fälschungen um "Ozempic"-Packungen der Stärke 1 mg ("Ozempic" 1 mg Injektionslösung in einem Fertig-Pen). Es kann derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass noch weitere Packungen mit einer anderen Wirkstärke betroffen sind, so das BASG. Gefälschte "Ozempic"-Fertig-Pens sind von dem echten Mittel laut der Behörde leicht zu unterscheiden. Das BASG geht aber davon aus, dass es auch Fälschungen von "Ozempic" gibt, die anders aussehen oder nicht als Fertig-Pen angeboten werden. Auf der Außenverpackung ist die Fälschung nur schwer oder gar nicht erkennbar.
Erschreckend hohe Zahl an illegalen Arzneimitteln
Patienten werden aufgefordert, "Ozempic"-Fertigpens mit Fälschungsverdacht nicht zu verwenden. Verdachtsfälle oder Hinweise zu möglicherweise gefälschten Produkten sollen unbedingt an die für die Illegalitätsbekämpfung zuständige Stelle (Enforcement) des BASG gemeldet werden (enforcement@basg.gv.at).
Anfang Oktober waren die ersten Fälschungen in Deutschland aufgetaucht. EU-Behörden, Polizei sowie auch eine Bundesbehörde in Deutschland ermitteln bereits. Im Zentrum der Ermittlungen steht ein Pharma-Großhändler im Südwesten Baden-Württembergs. 199 Packungen kamen ursprünglich von einem österreichischen Großhändler und seien Anfang September 2023 an einen weiteren Pharmahändler in Großbritannien geliefert worden.
Laut Pharmig floriert trotz hoher Gefahr der Handel mit illegalen Arzneimitteln. Nach Angaben des Produktpiraterieberichts des Finanzministeriums wurden im vergangenen Jahr insgesamt 832.267 gefälschte und illegale Medikamente vom österreichischen Zoll aufgegriffen. "Das ist eine erschreckend hohe Zahl. Noch dazu, wenn man bedenkt, dass die Zollbeamten wohl nicht lückenlos alles aufgreifen können, was illegal nach Österreich geliefert wird", warnte Pharmig-Generalsekretär Herzog.
Laut Europäischer Arzneimittelbehörde (EMA) in Amsterdam sind in verschiedenen EU-Staaten und Großbritannien gefälschte "Ozempic"-Diabetes-Pens aufgetaucht. Die Spritzhilfen mit Labels in deutscher Sprache stammten von Großhändlern in Österreich und Deutschland. Laut einem Europol-Mitarbeiter geht es sowohl um gefälschte als auch gestohlene Produkte. "Wir haben so viele Fälle", klagt er gegenüber Reuters. Fälschungen von "Ozempic" sind bereits in mindestens 14 Ländern aufgetaucht, neben Österreich und Deutschland auch Großbritannien, Ägypten und Russland.
(APA/Red)
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