Gedenktag für Roma und Sinti: Kranzniederlegung in Wien

Anlässlich des internationalen Gedenktages für im Holocaust ermordete Roma und Sinti ist am Freitag den Opfern gedacht worden. Rund 500.000 Angehörige der Volksgruppe wurden von den Nazis systematisch umgebracht. Der Zweite Nationalratspräsident Peter Haubner (ÖVP), Bundesratspräsident Peter Samt (FPÖ), der Vorsitzende des Volksgruppenbeirats Emmerich Gärtner-Horvath und sein Stellvertreter Andreas Sarközi legten beim Äußeren Burgtor am Wiener Heldenplatz Kränze nieder.
Holocaust-Gedenktag für Roma und Sinti 2024 eingeführt
Der 2. August wurde im vergangenen Jahr in Österreich - wie auch in vielen anderen Ländern - als offizieller Gedenktag eingeführt. An diesem Datum 1944 fand im KZ Auschwitz eine Vernichtungsaktion statt, bei der mehr als 4.000 Menschen ermordet wurden. In Österreich überlebten nur rund zehn Prozent der Volksgruppe das Nazi-Regime.
Vor 1938 lebten rund 12.000 Menschen der Volksgruppe in Österreich, die meisten davon im Burgenland. In Österreich errichteten die Nationalsozialisten mehrere sogenannte "Zigeunerlager", das größte davon im burgenländischen Lackenbach. Dort wurden 4.000 Menschen unter unmenschlichen Umständen interniert. 273 von ihnen starben im Lager vor Ort. Etwa 2.900 österreichische Roma und Sinti deportierte man nach Auschwitz. Auch in Lackenbach gedachte man am Freitag der Opfer bei einer Kranzniederlegung. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) betonte im Beisein von u.a. Bundeskanzler a.D. Franz Vranitzky und der Vorständin des Nationalfonds Hannah Lessing: "Die Ermordung von hunderttausenden Roma und Sinti durch das Verbrechensregime der Nationalsozialisten muss uns Mahnung sein, wohin Diskriminierung und Rassismus führen können."
"Was einst mit Vorurteilen begann, endete in Lagern und Gräbern"
Der Holocaust-Gedenktag wurde am 31. Jänner 2023 vom Nationalrat beschlossen und heuer zum zweiten Mal begangen. Haubner betonte, wie wichtig er sei: "Was einst mit Vorurteilen begann, endete in Lagern und Gräbern." Er mahnte auch zu Solidarität mit den Volksgruppen: "Wer heute noch schweigt, wenn Roma und Sinti oder andere Minderheiten angefeindet werden, hat aus der Geschichte nichts gelernt. Am Gedenktag hören wir hin, erinnern uns und geloben, niemals zu schweigen." Auch der bei der Veranstaltung nicht anwesende Nationalratspräsident Walter Rosenkranz (FPÖ) betonte in einer Aussendung: "Der nationale Gedenktag für die im Holocaust ermordeten Roma und Sinti ist ein stiller, aber eindringlicher Ruf an unser Gewissen".
SPÖ-Vizekanzler Andreas Babler betonte, dass das offizielle Gedenken für die Volksgruppen Roma und Sinti noch sehr jung ist. "Wir verschließen auch nicht die Augen, vor den Anfeindungen denen Rom:nja und Sinti:zze heute noch oft ausgesetzt sind", erinnerte er auch an das Attentat in Oberwart, wo 1995 vier junge Männer durch eine Rohrbombe des Rechtsextremen Franz Fuchs getötet wurden. Wenn "Niemals wieder" nicht nur eine Floskel sein soll, müsse man es auch heute leben, ganz besonders gegenüber jenen, die vom Nationalsozialismus verfolgt wurden. Deshalb müsse im Fall um den Polizeieinsatz am Peršmanhof schnell für Transparenz gesorgt werden. "Das sind wir den österreichischen Slowen:innen schuldig, aber es ist auch ein Zeichen für alle Volksgruppen, dass wir einen solchen Umgang mit ihnen nicht einfach hinnehmen."
"Erinnerung braucht auch einen sichtbaren Ort"
"Dass die Republik seit dem vergangenen Jahr diesen Gedenktag auch offiziell begeht war ein längst überfälliger Schritt, um die historische Verantwortung Österreichs für die Verfolgung und Ermordung von Rom:nja und Sinti:zze während des Nationalsozialismus anzuerkennen. Doch Erinnerung braucht auch einen sichtbaren Ort", betonte der grüne gedenkpolitische Sprecher Lukas Hammer, der selbst bei der Gedenkveranstaltung in Wien anwesend war. Er und Volksgruppensprecherin Olga Voglauer fordern daher die rasche Errichtung des schon seit längerem geplanten öffentlichen Denkmals für die im NS-Regime verfolgten und ermordeten Roma und Sinti.
"Heute noch sehen sich viele Rom*nija und Sinti*zze Anfeindungen, Angriffen ausgesetzt", betonte Usnija Buligovic, Leiterin des Volkshilfe-Programms THARA für Arbeitsmarktintegration und Chancengleichheit in einer Aussendung. Sie erinnerte daran, dass nach der Befreiung die Überlebenden jahrzehntelang nicht als Opfer nationalsozialistischer Verfolgung anerkannt wurden und nur geringe oder überhaupt keine Entschädigungszahlungen für ihren verlorenen Besitz erhielten. Volkshilfe-Direktor Erich Fenninger fordert deshalb "Aufklärung und eine bessere Geschichtsaufarbeitung, die die Kulturleistungen hervorhebt und die falschen Täter*innenzuschreibung der Rom*nija und Sinti*zze korrigiert." Es sei an der Zeit, "gegen Negativkampagnen sowie stereotype Kriminalisierung vorzugehen und stattdessen ein respektvolles und differenziertes Bild dieser Gemeinschaften zu zeichnen."
Auch die Katholische Aktion warnte vor Attacken gegen Roma und Sinti, die immer noch vorkommen. Im vergangenen Jahr und heuer im Frühjahr gab es mehrere Grabschändungen; Diskriminierung am Arbeitsplatz und in der Schule sei nach wie vor verbreitet. "Jede Form von Antiziganismus ist zutiefst unchristlich", so das KAÖ-Präsidenten- und Präsidentinnenteam.
(APA/Red)
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