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ÖVP-Zwist über Kontrollzuständigkeit beim Wirten

©APA
Der Plan, sich für den Besuch von Geschäften und Restaurants "freitesten" zu können, hat ÖVP-intern zu Unstimmigkeiten geführt.

Während Innenminister Karl Nehammer für die Kontrolle der Tests den jeweiligen Betreiber verantwortlich sieht, lehnen Tourismusministerin Elisabeth Köstinger und der Wirtschaftsbund genau dies ab. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) ließ am Montag wissen, dass an den gesetzlichen Bestimmungen noch gearbeitet werde.

Nach dem aktuellen Lockdown soll es die Möglichkeit geben, mittels Corona-Test an Veranstaltungen teilzunehmen oder Lokale und Shops zu besuchen. Wer dies kontrolliert, ist allerdings noch offen, Anschober wollte sich am Rande einer Pressekonferenz noch nicht zu den Kontrollbefugnissen äußern, nur so viel: Die Regierung werde in der ersten Jännerwoche die gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen und präsentieren. Erst dann sei auch die Kontrollfrage Thema. Anschober bat daher um "ein bisschen Geduld".

Köstinger: Wirte sollen nicht kontrollieren

Wer nicht kontrollieren soll, stellte Köstinger schon vor Weihnachten klar, nämlich die Wirte selbst. "Die zuständigen Behörden können jederzeit und überall Kontrollen durchführen, ob sich jemand mit einem negativen Coronatest 'freigetestet' hat. Es wäre absurd, diese Verantwortung den Betreibern von Lokalen aufzubürden. Davon war nie die Rede und das wird mit Sicherheit auch nicht so sein." Auch am Montag betonte Köstingers Sprecher gegenüber der APA, zuständig sei die Gesundheitsbehörde. Sollten deren Kapazität nicht reichen, müsse die Polizei ausrücken. In einem Statement bekräftigte Köstinger, dass die Kontrolle auf negative Coronatests nicht Aufgabe der Gastronomen sein wird. Die notwendige Verordnung werde im engen Zusammenwirken zwischen den Gesundheitsbehörden und den Interessenvertretungen der Gastronomen erarbeitet, teilte sie weiters mit.

Nehammer sieht Zuständigkeit bei Betreibern

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) stellte im Gespräch mit der APA klar, dass die Kontrolle im Normalfall nicht durch die Polizei erfolgen wird. Im Gegensatz zu Köstinger erkennt er hier vornehmlich die Zuständigkeit der Betreiber selbst - sowie auch der Wirtschaftskammer oder des Arbeitsinspektorats. In der "Krone" wurde Nehammer noch deutlicher: "Ich sehe das so: Immer der, der die Erlaubnis bekommt, ein Geschäft zu betreiben, trägt die Verantwortung dafür, was in seiner Anlage passiert. Das wäre auch für Lokalbetreiber nach dem Freitesten so."

Ganz ausschließen will es der Ressortchef nicht, dass man seitens der Exekutive auch hier das ein oder andere Mal ausrücken wird müssen. Es könne sein, dass die Gesundheitsbehörden die Polizei zu Stichproben auffordern. An sich sei aber ein Einsatz nur vorgesehen, wenn es zu einer Eskalation komme - also etwa wenn sich eine Person weigert, einen Ort zu verlassen, obwohl sie keinen Corona-Test absolviert hat.

Wirtschaftsbund irritiert

Irritiert über Nehammers Ausagen zeigte sich Wirtschaftsbund-Generalsekretär Kurt Egger. "Es ist nicht Aufgabe von Mitarbeitern oder Unternehmern, die Arbeit der Polizei zu erledigen", erklärte Egger in einer Aussendung. Köstinger habe bereits klargestellt, dass dies "mit Sicherheit nicht so sein wird". Nehammers Aussagen würden hingegen Händler, Lokalbetreiber und Dienstleister "unnötig verunsichern", so der ÖVP-Politiker in Richtung seines Parteifreundes.

Kritik am Innenminister übte auch die SPÖ. Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter lehnte Kontrollen durch die Wirte ebenfalls ab und erklärte in einer Aussendung: "GastronomInnen und UnternehmerInnen sind keine Hilfssheriffs."

Gastronomen: "Unverschämt und absurd"

Mitarbeiter sollen keine Coronatests kontrollieren, um Kunden oder Gäste in die Betriebe zu lassen. So lautet die einhellige Antwort aus der Gastronomie, dem Handel und der Gewerkschaft GPA auf einen dahingenden Vorschlag von Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Montag. Die Idee Mitarbeiter Coronatests kontrollieren zu lassen sei "unverschämt und absurd", so GPA-Chefin Barbara Teiber.

Die Nachricht, dass Innenminister Nehammer entgegen der Ankündigung von Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) die Gastronomiebetriebe die sogenannten Freitestungen für einen dortigen Besuch kontrollieren lassen will, hat in der Branche "wie eine Bombe eingeschlagen". Das sagte der Gastro-Spartenobmann in der Wirtschaftskammer, Mario Pulker, zur APA. Die Wirte könnten die Kontrolle keinesfalls übernehmen.

"Wir werden nicht kontrollieren"

Nehammer sorge mit seinen Angaben für eine zusätzliche Verunsicherung bei den Gastronomen in einer unsicheren Zeit, so Pulker am Montag. Er verlässt sich, wie er betonte, auf den heute bekräftigten Standpunkt von Tourismusministerin Köstinger, wonach die Behörden für eine Kontrolle zuständig sein sollen. "Wir werden nicht kontrollieren. Das ist für uns nicht möglich", sagte Pulker.

Verwunderung auch im Handel

Auch im Handel zeigt man sich über die aktuellen Aussagen aus dem Innenministerium "überrascht und verwundert", wonach auch die Händler ab dem 18. Jänner die Freitestungen vor dem Geschäft selbst kontrollieren sollen. "Die Gesundheitsbehörde muss für gesundheitsbehördliche Kontrollen zuständig bleiben", erklärte Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will am Montag laut Mitteilung.

Auch die für den Handel zuständige Gewerkschaft GPA hat es am Montag ausgeschlossen, dass Handelsmitarbeiter Coronatests kontrollieren. Der Vorschlag Nehammers sei "unverschämt und absurd", so GPA-Vorsitzende Barbara Teiber.

"Schon jetzt klagen Handelsangestellte aufgrund der angespannten Situation über Zunahme von Aggressionen von Seiten der KundInnen. Eine zusätzliche Belastung wäre unzumutbar. Wenn der Gesetzgeber meint, die Strategie der Freitestungen wäre sinnvoll, so hat er auch für die nötigen organisatorischen Rahmenbedingungen zu sorgen", so Teiber.

Auch die Handelssparte der Wirtschaftskammer (WKÖ) hat sich am Montag noch massiv dagegen verwehrt, dem Handel die Kontrolle der Coronatests umzuhängen. "Wir haben weder die Kapazitäten noch die rechtlichen Befugnisse, solche Kontrollen durchzuführen", so Obmann Rainer Trefelik in einer Aussendung.

"Freitesten"

Der laufende dritte Lockdown soll nur für jene Personen tatsächlich am 17. Jänner enden, die sich entsprechend "freitesten" lassen. Für alle, die keinen Coronatest machen möchten, gilt der Lockdown hingegen bis 24. Jänner. In der Woche von 18. bis 24. Jänner ist ein Einkauf im stationären Handel oder der Besuch von Gastronomiebetrieben nur dann möglich, wenn die Kunden einen negativen Covid-Test vorweisen können.

(APA)

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