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Fronten im Schuldenstreit mit Griechenland vor EU-Krisentreffen verhärtet

Sondertreffen der Euro-Finanzminister zu Griechenland am Mittwoch
Sondertreffen der Euro-Finanzminister zu Griechenland am Mittwoch ©AP (Themenbild)
Im festgefahreren Schuldenstreit mit Griechenland prallen kurz vor einem mit Spannung erwarteten Treffen der Euro-Finanzminister die Positionen unnachgiebig aufeinander. Unterdessen haben Russland und China dem schuldengeplagten Euroland Finanzhilfe angeboten.
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Griechenland auf Konfrontationskurs

Athen will das Ende Februar auslaufende aktuelle Hilfsprogramm mit seinen harten Sparauflagen nicht verlängern. Ohne Kompromiss oder neue Geldgeber steht das Land vor der Staatspleite. Die neue griechische Linksregierung ist nicht nur auf Konfrontationskurs mit den geldgebenden Euroländern gegangen, sie distanzierte sich auch vom Sanktionskurs gegenüber Russland. Damit lassen sich ursprüngliche Pläne, die Wirtschaftssanktionen gegenüber Russland im Ukraine-Konflikt zu verschärfen, nicht mehr realisieren.

Unnachgiebig aufeinander prallen die Positionen auch kurz vor dem mit Spannung erwarteten Treffen der Euro-Finanzminister. Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble forderte die neue griechische Regierung bei einem Treffen der G-20-Länder in Istanbul dazu auf, eingegangene Zusagen für das noch bis Ende Februar laufende Hilfsprogramm einzuhalten.

Schäuble: “Dann ist es eben vorbei”

Auf die Frage, was sei, wenn Griechenland diesen Weg nicht verfolgen wolle, sagte Schäuble: “Dann ist es eben vorbei”. Man könne jetzt nicht einfach abseits des laufenden Programms über etwas Neues sprechen.

Griechenland droht mit “Plan B”

Auch die neue griechische Regierung bekräftigte ihre Haltung. Sie drohte ihrerseits mit der Suche nach anderen Geldgebern. Ziel sei zwar ein Abkommen mit der EU, aber falls Deutschland unnachgiebig bleibe, müsse sein Land “Plan B” verfolgen und sich nach Alternativen umsehen, sagte der griechische Verteidigungsminister Panos Kammenos im griechischen Fernsehen: “Das wären am besten die USA, aber es könnten auch Russland oder China oder andere Länder sein.” Am Mittwoch kommen die Euro-Finanzminister in Brüssel zusammen, um Lösungswege aus dem Schuldenstreit zu finden. Die EU-Kommission rechnet allerdings nicht mit einer Einigung in den nächsten Tagen.

Russland und China bieten Griechenland Finanzhilfe an

Und Griechenland hat offenbar Alternativen, Liebesgrüße kamen unter anderem aus Moskau. Russland und China haben dem schuldengeplagten Euro-Land nach Angaben der Regierung in Athen Finanzhilfe angeboten. “Die Vorschläge liegen auf dem Tisch. Wir beraten darüber”, sagte der stellvertretende Außenminister Nikos Chountis am Dienstag im Radio. Griechenland habe die beiden Länder nicht darum gebeten, ergänzte der Minister.

Spekulationen an den Finanzmärkten

An den Finanzmärkten wurde spekuliert, dass bei dem Euro-Finanzminister-Treffen ein erster Schritt hin zu einem Kompromiss gemacht werden könnte. Der griechische Aktien-Index ATG sprang daraufhin zeitweise mehr als acht Prozent in die Höhe. Der Index für die Banken des Landes kletterte sogar um mehr als 15 Prozent. Gleichzeitig gaben die Renditen deutlich nach – bei der zehnjährigen Staatsanleihe zum Beispiel um rund 0,5 Punkte auf 10,8 Prozent.

Bericht: Verlängerung des Hilfsprogramms möglich

In einem Medienbericht war zuvor von einer möglichen Verlängerung des Hilfsprogramms für Griechenland die Rede. Ein EU-Vertreter sagte, Ziel sei es, bis zu einem weiteren Treffen der Euro-Finanzminister am kommenden Montag einen vorläufigen Deal zu erzielen. Dann hätten die nationalen Parlamente noch genug Zeit, um sich damit zu beschäftigen. Der EU-Vertreter warnte aber vor falschen Stichtagen.

EU-Währungskommissar Pierre Moscovici forderte die griechische Regierung auf, das aktuelle Hilfsprogramm doch noch zu verlängern. Moscovici trat zudem Medienberichten entgegen, dass es bereits einen spezifischen Plan zur Lösung des Schuldenstreits gebe. Zunächst müsse die griechische Regierung ihre Vorstellungen beim Treffen der Eurogruppe am Mittwoch in Brüssel präsentieren.

Radikaler Kurswechsel: Griechen auf Konfrontationskurs

Griechenlands neuer Regierungschef Alexis Tsipras und sein Finanzminister Yanis Varoufakis streben einen radikalen Kurswechsel an und wollen dafür eine Art Brücken-Finanzierung durch die internationalen Geldgeber bis Anfang Juni erreichen. Um eine erneute Verlängerung des Ende Februar auslaufenden Hilfsprogramms will die neue Regierung nicht bitten. Stattdessen will sie die Reformauflagen zurückdrehen und etwa den Mindestlohn wieder anheben sowie entlassene Staatsdiener wieder einstellen. Auch Privatisierungen werden oder sollen gestoppt werden. Von der griechischen Bevölkerung bekommt sie für ihre harte Haltung offenbar Unterstützung. Einer Umfrage des Instituts ALCO mit 821 Teilnehmern zufolge befürworten 75 Prozent der Griechen die Verhandlungstaktik der neuen Regierung.

Deutschland sieht Athen in der Bringschuld

Die deutsche Bundesregierung sieht weiterhin vor allem Athen in der Bringschuld. Schäuble erwartet verbindliche Vorschläge bei dem Eurogruppentreffen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Griechenland aufgefordert, ein klares Konzept zur Lösung der Schuldenkrise vorzulegen. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann zufolge kann Griechenland seine Probleme auf Dauer nur lösen, wenn es seine Staatsfinanzen solide aufstellt und seine Wirtschaft wettbewerbsfähiger macht. “Am Ende bedarf es aber natürlich glaubwürdiger eigener Anstrengungen, damit sich die Lage nachhaltig zum Besseren wendet und Griechenland wieder auf eigenen Beinen stehen kann,” sagte Weidmann in einem Reuters-Interview am Rande der G-20-Konferenz in Istanbul. Eingegangene Zusagen müssten zudem eingehalten werden.

Ohne Kompromiss droht die nächste Staatspleite

Ohne Kompromiss droht dem Euro-Land erneut die Staatspleite, die bisher Hilfen in Höhe von 240 Milliarden Euro verhindert werden konnte. Sollte es nicht bald eine Einigung auf eine Brückenfinanzierung geben, sei damit zu rechnen, dass die Europäische Zentralbank (EZB) griechische Banken nicht mehr mit sogenannten ELA-Liquiditätshilfen unterstütze, warnten die Ökonomen der BayernLB. Dann sei ein Sturm auf die Geldhäuser, innenpolitische Turbulenzen und Neuwahlen nicht auszuschließen.

Europas Währungshüter erhöht Druck auf Griechen

EZB-Chefvolkswirt Peter Praet sagte in Lissabon, ELA-Hilfen dienten nur zur Überbrückung vorübergehender Schwierigkeiten. Dies dürfe nicht geändert werden. Es wird erwartet, dass griechische Banken bald verstärkt auf solche Notfallkredite ihrer Zentralbank in Athen zurückgreifen müssen. Denn ab diesem Mittwoch können griechische Staatsanleihen mit sehr schlechter Bonität nicht mehr als Pfand für frisches Zentralbankgeld bei der EZB hinterlegt werden – ein Schritt, mit dem die europäischen Währungshüter den Druck auf das Land erhöht haben. Hochrangige griechische Banker versuchten zu beschwichtigten. Die Abflüsse von Guthaben bei griechischen Banken seien bisher im Februar geringer als noch im Jänner, sagte der Chef einer der vier größten Geldhäuser des Landes. (APA/red)

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