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Frauen arbeiten öfter Teilzeit – Chefökonomin fordert längere Arbeitszeit

"Zu viele in Teilzeit": Chefökonomin fordert mehr Arbeitsstunden
"Zu viele in Teilzeit": Chefökonomin fordert mehr Arbeitsstunden ©APA/AFP/CANVA
Ökonomin Monika Köppl-Turyna warnt vor zunehmender Teilzeitkultur und Altersarmut – und plädiert für eine Reform des Steuersystems

Die Debatte über Teilzeitarbeit in Österreich nimmt Fahrt auf. Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) äußerte sich gegenüber einer österreichischen Zeitung kritisch über den Trend zur sogenannten "Lifestyle-Teilzeit": Dieser schade dem Wirtschaftsstandort und widerspreche dem solidarischen Gedanken in der Gesellschaft.

Rückendeckung erhält der Minister von Monika Köppl-Turyna, Direktorin des industrienahen Thinktanks EcoAustria. Im Ö1-Morgenjournal warnte sie am Dienstag vor langfristigen Auswirkungen sinkender Arbeitszeiten bei gleichzeitig steigenden Pensionsausgaben. Die Folge sei eine finanzielle Schieflage des Sozialstaats.

Österreich ist Teilzeitland – besonders für Frauen

Mit einer Teilzeitquote von 51,2 Prozent bei Frauen liegt Österreich EU-weit auf einem der Spitzenplätze – nur in den Niederlanden ist der Anteil noch höher. Auch unter Personen ohne Betreuungspflichten sei die Teilzeitquote im Anstieg, so Köppl-Turyna.

Zugleich verzeichnet Österreich trotz wirtschaftlicher Schwäche eine der höchsten Quoten offener Stellen in Europa. Für die Ökonomin liegt darin ein klares Signal: "Es würde Sinn machen, nicht nur länger im Leben zu arbeiten, sondern auch mehr – auch im Alter zwischen 50 und 60 Jahren", sagte sie im Interview mit dem Radiosender.

Steuersystem und Anreize im Fokus

Die Expertin ortet systemische Fehlanreize: Eine steile Steuerprogression sowie einkommensabhängige Leistungen wie Arbeitslosengeld würden Teilzeitarbeit begünstigen. Diese "falschen Anreize" müssten korrigiert werden, fordert Köppl-Turyna.

Eine Schlüsselrolle sieht sie im Steuersystem: "Wir müssen das Steuer- und Leistungssystem so umgestalten, dass es mehr Anreiz zum Arbeiten gibt." Als Reformhebel nennt sie unter anderem die Negativsteuer, die Steuerprogression sowie Anpassungen bei der Arbeitslosenversicherung.

Betreuungspflichten als Hürde zur Vollzeit

Köppl-Turyna räumt ein, dass strukturelle Hindernisse wie fehlende Kinderbetreuung insbesondere im ländlichen Raum Vollzeitarbeit erschweren. Gleichzeitig seien viele Eltern – insbesondere Mütter – freiwillig in Teilzeit, um sich um ihre Kinder zu kümmern.

Dennoch warnt die Expertin vor langfristigen Folgen: Wer über Jahrzehnte Teilzeit arbeite, riskiere im Alter Armut. "Am Ende hat man unter 1000 Euro Bruttopension. Davon kann man einfach nicht leben", so die Direktorin von EcoAustria.

Auch Beiträge zur Sozialversicherung thematisiert

Kritisch sieht Köppl-Turyna auch die unterschiedliche Beitragshöhe zur Krankenversicherung zwischen Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten: "Gesundheitsleistungen bezieht man nicht als Teilmensch, sondern als ganzer Mensch." Ein einheitlicher Beitrag wäre aus ihrer Sicht gerechter – gleichwohl spricht sie sich gegen isolierte Einzellösungen aus.

(VOL.AT)

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