Frastanzer Wanner referiert im Liechtenstein-Institut
„Die Gotteskrieger befinden sich nicht nur im heutigen islamischen Staat Syrien, sondern diese gab es auch damals in Vorarlberg. Ihr Gott war der katholische Gott“ so Wanner zu Beginn seiner Ausführungen in seiner direkten Art, in der er sich in gewohnter Manier kein Blatt vor den Mund zu nehmen pflegt. „Wenn wir den lieben Gott mit Adolf Hitler ersetzen, dann sind die Inhalte ident. Den Nationalsozialismus und den Zweiten Weltkrieg können wir nur verstehen, wenn wir den Ersten Weltkrieg analysieren.“ Sein Fazit: Ohne Ersten Weltkrieg hätte es keinen Nationalsozialismus gegeben. Für Wanner ist der Nationalismus die größte Seuche aller Zeiten, da daraus der Nationalsozialismus entstanden war. Beim Thema „Kriegslyrik in Vorarlberg: Selbstwahrnehmung, Normen und Fremdwahrnehmung“ kam der in Frastanz-Bazora lebende Universitätsprofessor enorm in Fahrt. Seine Ausführungen untermauerte Wanner, dessen Vater ein bekennender Nationalsozialist war, mit interessanten Folien. „Es ist eine kollektive Geisteskrankheit, die Europa damals befallen hat.“
Der größte Teil der Kriegslyrik sei ein reines Vorarlberger Produkt. Allein aus der Wortwahl gehen Begriffe aus, welche Unwissende dem Nationalsozialismus zuordnen würden, etwa „ethnische Säuberungen“. „Zu den größten Kriegshetzern in Vorarlberg gehörte die Katholische Kirche und die Geistlichen“ untermauerte Wanner den Antisemitismus, der bereits zu Ende des 19. Jahrhunderts weit verbreitet war. Aus einem damals im Feldkircher Anzeiger veröffentlichten Bericht heißt es etwa: „Die Juden, die glänzen nur so vom Dreck und Schmiere, ich glaube, wenn man nur einen auskochen würde, so bekäme man Fett, um einen ganzen Eisenbahnzug schmieren zu können, es ist unglaublich.“ Laut Wanner war Adolf Hitler ein armseliger Trittbrettfahrer, da der Nationalsozialismus bereits in Vorarlberg etabliert war. Im Vortrag gelang es dem erfahrenen Referenten gekonnt, eine ständige Gegenüberstellung von Erstem und Zweitem Weltkrieg herzustellen. Plakate, die damals in Feldkirch bei der Lehrerbildungsanstalt hingen, wurden genauso gezeigt wie Berichte aus dem Vorarlberger Volksblatt, einer christlich-sozialen Tageszeitung. Aus 60 Gedichten fand Wanner ein einziges empathisches Gedicht, welches von einem Sozialdemokraten stammt. Wer damals für den Weltfrieden und somit ein Pazifist war, wurde als Vaterlandsverräter geschimpft.
Der Leiter des Stadtarchivs Dornbirn, Werner Matt, sprach im Anschluss über Fotografie im Ersten Weltkrieg, welche von den unterschiedlichsten Interessenten genutzt wurde. Anhand von Bildbeispielen ging der Vortragende auf die Entstehungszusammenhänge dieser Kriegsbilder und deren bewusste Verwendung ein. Allein eine Werbeanzeige für eine Kodak-Taschenkamera, welche dafür warb, dass jeder damit eigene Bilder vom Krieg machen könne, spricht Bände über alltägliche Absurditäten des Krieges. 1917 stand ein Viertel der Dornbirner Gesamtbevölkerung auf dem Kriegsfeld.
Die vierteilige Vortragsreihe ist eine Kooperation zwischen dem Liechtenstein-Institut und dem Arbeitskreis für interregionale Geschichte des mittleren Alpenraumes. Die nächsten Vortragsabende finden am 11., 18. Und 25. November statt. Weitere Informationen unter www.liechtenstein-institut.li.
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