Flug nur noch mit Handy? Ryanair streicht gedruckte Tickets
Europas größte Billigfluglinie Ryanair macht ernst: Ab Mittwoch, dem 12. November 2025, wird die klassische, ausgedruckte Bordkarte abgeschafft. Wer künftig mit der irischen Fluggesellschaft verreisen möchte, muss sein Ticket in elektronischer Form vorweisen – auf dem Smartphone, über die App oder als digitaler QR-Code.
Laut Ryanair sei dieser Schritt Teil eines umfassenden Digitalisierungsprozesses. Das Unternehmen will damit nicht nur effizienter werden, sondern auch Müll vermeiden: Über 300 Tonnen Papierabfall sollen laut eigenen Angaben jährlich eingespart werden.
Kritik aus Großbritannien – was ist mit technikfernen Reisenden?
Trotz aller Fortschrittsrhetorik stößt die Maßnahme nicht überall auf Begeisterung. Besonders auf der Insel regte sich bereits im Vorfeld Widerstand. Kritikerinnen und Kritiker befürchten, dass insbesondere ältere oder technikferne Menschen durch die neue Regelung benachteiligt werden könnten.
Auch der deutsche Verbraucherzentrale Bundesverband warnt vor einem Ausschluss bestimmter Gruppen. "Mobilität darf nicht an technische Fertigkeiten oder den Zugang zu digitalen Geräten geknüpft sein", betont André Duderstaedt, Experte für Fluggastrechte. Sollte etwa Menschen mit Behinderung der Zugang zum Flugzeug erschwert werden, könnten diese sich rechtlich auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz berufen.
Ryanair will Vorreiterin werden
Die Airline selbst sieht sich als Vorreiterin eines papierlosen Reisezeitalters. Während andere große Fluglinien wie Lufthansa, Condor oder Easyjet den Kundinnen und Kunden weiterhin die Wahl zwischen digitaler und gedruckter Bordkarte lassen, geht Ryanair einen Schritt weiter – und schließt analoge Optionen künftig weitgehend aus.
Ursprünglich sollte die Umstellung bereits im Mai 2025 erfolgen. Doch Ryanair verschob den Start bewusst in den ruhigen Herbst. Mit etwa 13.000.000 Passagieren im November rechnet die Airline mit einem deutlich geringeren Andrang als im verkehrsreichen Frühling. Ein idealer Zeitpunkt also, um mögliche Startschwierigkeiten besser abzufangen. Im laufenden Geschäftsjahr erwartet Ryanair dennoch ein neues Allzeithoch: Rund 207.000.000 Reisende sollen mit dem Billigflieger unterwegs sein.
Ohne App geht (fast) nichts mehr
Dreh- und Angelpunkt der neuen Bordkartenstrategie ist die hauseigene Smartphone-App "myRyanair". Nur über diese können Reisende ihre digitale Bordkarte generieren – auch wenn sie das Ticket über Drittanbieter gebucht haben. Wer keine digitale Bordkarte vorweisen kann, wird weder durch die Sicherheitskontrolle noch ins Flugzeug gelassen.
Laut Unternehmensangaben nutzen bereits mehr als 80 Prozent der Fluggäste das mobile Angebot. Ryanair-Chef Michael O’Leary ist überzeugt, dass der Großteil der restlichen Passagiere ohnehin ein Smartphone mitführt – es bislang aber nicht für den Boarding-Prozess genutzt hat.
Eine Ausnahme gibt es dennoch: In Gruppen kann ein Hauptbucher die Bordkarten für alle Reisenden auf seinem Gerät anzeigen oder sie an andere Smartphones weiterleiten. Komplett ausgeschlossen sind also auch Nicht-Smartphone-Nutzer nicht.
Hilfe am Flughafen – aber nur für Eingecheckte
Wer sein Gerät zu Hause vergessen hat oder wessen Handy-Akku versagt, muss nicht gleich um seinen Flug bangen – sofern der Online-Check-in zuvor erledigt wurde. "Nach dem Einchecken haben wir Ihre Sequenznummer. Wir bringen Sie an Bord", versicherte O’Leary im Gespräch mit dem britischen "Independent". Passagieren ohne digitale Fähigkeiten rät ein Ryanair-Sprecher, sich im Vorfeld Hilfe aus dem privaten Umfeld zu holen.
Letzte Chance Schalter – mit hohem Preis
Wer allerdings den Check-in komplett versäumt, muss tief in die Tasche greifen. Für eine Bordkarte am Flughafenschalter verlangt Ryanair künftig bis zu 55 Euro bzw. Pfund pro Strecke und Person – je nach Abflugland. In Österreich liegt die Gebühr bei 40 Euro. Damit will die Airline den Anreiz zur digitalen Abwicklung erhöhen.
Immerhin: Die bislang erhobene Zusatzgebühr von 20 Euro für das Neuausdrucken einer bereits erstellten Bordkarte fällt künftig weg.
Fazit: Wer nicht digital will, zahlt drauf
Komplett papierlos wird Ryanair auch nach der Umstellung nicht sein – doch der Trend ist klar. Der analoge Weg bleibt teuer, unbequem und mit Hürden verbunden. Der Verbraucherzentrale zufolge setzt sich damit ein bereits bekanntes Prinzip fort, das auch bei Bahnreisen und Online-Zahlungen zunehmend zum Standard wird: "Nicht digital bedeutet teurer."
(VOL.AT)
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