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Flug MH17: Boeing laut Ermittlern von zahlreichen Objekten durchsiebt

Flug MH17: 298 Menschen kamen ums Leben.
Flug MH17: 298 Menschen kamen ums Leben. ©EPA
Rund zwei Monate nach dem Absturz der Passagiermaschine der Malaysia Airlines (Flug MH17) haben niederländische Experten am Dienstag einen ersten Ermittlungsbericht vorgelegt. Darin kommen sie zur Erkenntnis, dass das Flugzeug von "mehreren Objekten mit hoher Energie" durchsiebt wurde und bereits in der Luft zerschellte. Wodurch dies geschah, blieb vorerst unklar.
MH17: Trauer in den Niederlanden
Wrackteile des Flugzeugs

Der Absturz der Boeing 777-200 sei “wahrscheinlich auf strukturelle Schäden zurückzuführen, die von einer großen Zahl an Objekten verursacht wurden, die das Flugzeug mit hoher Geschwindigkeit von außen durchdrangen”, heißt es in dem in Den Haag vorgelegten Bericht.

Raketenbeschuss noch nicht nachgewiesen

Die Schlussfolgerungen der Ermittler, Objekte hätten den Flugzeugrumpf von außen durchbohrt, stützen die These, das Flugzeug sei abgeschossen worden. Womit dies geschehen ist – eine Rakete der Separatisten, wie vom Westen vermutet, oder ein Kampfflugzeug der ukrainischen Armee, wie von den Separatisten und von Russland behauptet – geht aus dem Bericht nicht hervor.

Fünf wichtige Untersuchungsergebnisse zum Absturz

Die wichtigsten Ergebnisse des niederländischen Sicherheitsrates im Überblick:

  • Es gibt keine Hinweise auf technisches Versagen oder Pilotenfehler.
  • Eine große Zahl von Objekten durchlöcherte mit großer Wucht die Boeing von außen, daraufhin brach sie noch in der Luft auseinander.
  • Flug MH17 befand sich im zugelassenen Luftraum und auf dem zugewiesenen Kurs.
  • Der Flug verlief normal und es gab keinen Notruf der Besatzung.
  • Zur Uhrzeit der Katastrophe am 17. Juli um 13.20 Uhr befanden sich drei weitere zivile Maschinen im Luftraum über Donezk. Der kürzeste Abstand zu Flug MH17 war 30 Kilometer.

Beginn langwieriger Arbeit

Um genau zu bestimmen, was den Absturz verursachte, müssten weitere Details erforscht werden, berichtete die niederländische Zeitung “de Volkskrant” (Online). Ähnlich äußerte sich der russische Experte Oleg Stortschewoj. “Der Bericht ist erst der Beginn einer langwierigen Arbeit. Die objektive Untersuchung muss fortgesetzt werden”, sagte Stortschewoj der Agentur Interfax. “Leider ist viel Zeit verstrichen – es wird kompliziert sein, alle Ursachen zu ermitteln”, so Stortschewoj, der den Report als wenig aussagekräftig bezeichnete. Die Leichen der Passagiere wären lange ohne Untersuchung an der Absturzstelle gelegen, und die Wrackteile seien in der ukrainischen Kampfzone möglicherweise in Mitleidenschaft gezogen worden.

Kaum Zugang zu Wrackteilen

Tatsächlich hatten die Experten des niederländischen Sicherheitsrates (VOO) kaum Zugang zu den Wrackteilen vor Ort. Bei ihrer Auswertung mussten sie sich auf die Auswertung von Fotos stützen, die vor Ort gemacht wurden. Die Bilder gäben jedoch eindeutige Hinweise darauf, dass der Flugzeugrumpf von außen durchbohrt wurde. Radar-Aufzeichnungen, Stimmenrekorder und der Flugschreiber wurden ebenso ausgewertet wie der Wetterbericht. Dieses soll aber keinen Einfluss auf den Absturz von Flug MH17 gehabt haben.

Technischer Defekt ausgeschlossen

Auch technisches Versagen oder Fehler der Besatzung wurden als Grund für den Absturz ausgeschlossen. Die Flugschreiber und die Daten der Luftverkehrsleitung wiesen dem Bericht zufolge auf einen normalen Flugverlauf hin.

Separatisten: Bericht belastet Regierung in Kiew

Der Zwischenbericht zum Absturz des malaysischen Passagierflugzeugs MH17 über der Ostukraine belastet nach Ansicht der Separatisten die Regierung in Kiew. “Es ist offensichtlich, dass es eine Provokation der ukrainischen Armee war, um Russland und die Volkswehr zu diskreditieren”, sagte Separatistenführer Miroslaw Rudenko am Dienstag der Agentur Interfax zufolge.

“Es gibt eine hohe Zahl von Widersprüchen in der ukrainischen Version, und der Report bestätigt dies nur”, sagte Rudenko in Donezk. Ähnlich äußerte sich Separatistenführer Alexander Sachartschenko. “Wir verfügen nicht über die Technik, um ein solches Flugzeug abzuschießen”, behauptete er.

Flug MH17: 298 Menschen getötet

Die Boeing war am 17. Juli auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur abgestürzt, alle 298 Insassen kamen dabei ums Leben – die meisten davon waren Niederländer.

Flugroute und Absturzort. Grafik: APA
Flugroute und Absturzort. Grafik: APA ©Flugroute und Absturzort. Grafik: APA

Brüchige Waffenruhe in Ostukraine

Die am Freitag beschlossene Waffenruhe für die Krisenregion bleibt indes brüchig. Seit Beginn der Feuerpause seien bei vereinzelten Kämpfen fünf ukrainische Soldaten getötet und 33 weitere verletzt worden, erklärte ein Militärsprecher in Kiew. Zuvor hatte das Verteidigungsministerium von vier toten Soldaten gesprochen. Seit Freitag hätten die prorussischen Rebellen außerdem rund 650 gefangene ukrainische Soldaten freigelassen. Kiew bemühe sich um die Freilassung weiterer 500 Gefangener. Präsident Petro Poroschenko hatte am Vortag erklärt, die Rebellen hätten rund 1.200 Gefangene übergeben. Der Militärsprecher sagte dazu, Poroschenko habe sich auf die Gesamtzahl der Menschen bezogen, die in der Gewalt der Rebellen vermutet würden.

Russland fordert Gespräche

Moskau drang indes auf baldige Gespräche über die Zukunft der Ostukraine. Entsprechende Verhandlungen müssten rasch beginnen, forderte Außenminister Sergej Lawrow in Moskau. Die am Freitag in Weißrussland erzielte Vereinbarung sehe vor, dass über den “Status des Südostens der Ukraine” verhandelt werde. Die Separatisten gaben am Sonntag an, binnen einer Woche solle über den Status gesprochen werden.

EU verschärft Sanktionen gegen Moskau

Angesichts des Vorgehens der russischen Führung in der Ukraine-Krise verschärfte die EU am Montagabend erneut ihre Sanktionen. Sie treten allerdings erst in einigen Tagen in Kraft – dies gebe Zeit, um die Umsetzung des Friedensplanes bzw. der am Freitag vereinbarten Waffenruhe zu beurteilen, so die Begründung. Erst mit der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU werden die Strafmaßnahmen wirksam. Wann dies erfolgen werde, war zunächst unklar. Eine Sprecherin der Kommission erklärte, die EU-Staaten würden zu entscheiden haben, ob die beschlossenen Sanktionen, die in den nächsten paar Tagen in Kraft treten könnten, überhaupt veröffentlicht werden. Die EU-Botschafter der Staaten treffen am morgigen Mittwoch neuerlich in dieser Frage zusammen. Dabei geht es auch um die Einschätzung der Situation rund um Waffenstillstand und Friedensplan in der Russland-Ukraine-Krise. (APA/red)

 

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