Es ist so aufgelegt: Ausgerechnet Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp hat sich im vergangenen Sommer darüber empört, dass eine neunköpfige syrische Familie 4600 Euro Mindestsicherung pro Monat erhalte. Ausgerechnet er hat im Gemeinderatswahlkampf kritisiert, dass die Stadt Menschen hilft, „die keinen einzigen Tag in Wien gearbeitet haben“. Ausgerechnet er hat mit dem Slogan „Fleißige belohnen statt Asylmillionen“ werben lassen. Der Mann selbst verdient 11.318,40 Euro pro Monat, 14 Mal jährlich, obwohl er bloß „Nicht amtsführender Stadtrat“ ist, de facto also nichts zu tun hat.
Kann man ihm einen Vorwurf daraus machen? Die Frage ist falsch gestellt: Kann man syrischen Asylberechtigten vorwerfen, dass sie durchaus großzügig unterstützt werden? Wenn, dann liegt hier ein Systemproblem vor. Und wenn, dann hat gerade ein Oppositionsvertreter wie Nepp die Pflicht, Missstände wie jenen anzuprangern, dass sich die Stadt Wien auf Kosten der Steuerzahler insgesamt fünf „Nicht amtsführende Stadträte“ leistet. Da geht es um weit mehr als eine Million Euro pro Jahr.
Es lässt tief blicken, dass Nepp das nicht thematisiert, dass er ganz offensichtlich also kein Problem damit hat. Dass er lieber gegen kleine Leute wie eben Menschen mit Asylhintergrund vorgeht, um Stimmung zu machen.
Der Wahnsinn in Österreich ist, wie viel Geld in die Politik fließt. Dass auch ein Herbert Kickl noch nie eine Kürzung der Parteienförderung gefordert hat, obwohl sie gemessen an der Bevölkerung eine der höchsten weltweit ist. Oder dass gerade auch Freiheitliche gerne einen „Nicht amtsführenden Stadtrat“ stellen. Klar: So wird zumindest einer von ihnen gut versorgt. Ehrlich wäre es aber halt auch, dazu zu stehen.
Insgesamt gibt es fünf „Nicht amtsführende Stadträte“. Bisher handelte es sich dabei neben Nepp um die beiden Türkisen Karl Mahrer und Isabelle Jungnickel sowie die beiden Grünen Judith Pühringer und Peter Kraus. Sie nehmen an Regierungssitzungen teil, haben aber keinen Einfluss auf Beschlüsse der amtsführenden Stadträte, die von SPÖ und Neos kommen und über die Mehrheit verfügen. Verantwortung für einen bestimmten Bereich tragen sie im Unterschied zu einem (amtsführenden) Finanz- oder Gesundheitsstadtrat etwa keine. Sie sind Frühstücksdirektoren.
Würde es auch nur irgendjemandem auf Seiten von SPÖ, ÖVP, Grünen, Neos sowie Freiheitlichen, die es am meisten vorgeben, um die Steuerzahler gehen, wäre längst Schluss damit. Dann würde noch heute eine Verfassungsänderung in die Wege geleitet werden. Eine solche wäre nämlich nötig zur Abschaffung „Nicht amtsführender Stadträte“. Sie sind Teil des Proporzes, der vorschreibt, dass alle Parteien in kommunalen Regierungen zu vertreten sein haben. Was in Wien eben so umgesetzt ist, dass die Vertreter der Opposition „Nicht amtsführende“, aber fürstlich entlohnte Stadträte sind.
Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik
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