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Fischertrag am Bodensee wird immer geringer

Zu wenig Nahrung, zu viele Fressfeinde im Vorjahr
Zu wenig Nahrung, zu viele Fressfeinde im Vorjahr ©APA
Den Berufsfischern am Bodensee ist im vergangenen Jahr nach derzeitigen Schätzungen nicht einmal halb so viel Fisch ins Netz gegangen wie im Schnitt der zehn Jahre zuvor.
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Das größte Problem seien die starken Rückgänge bei Blaufelchen, sagte eine Sprecherin des Internationalen Bodensee-Fischereiverbands (IBF) im Vorfeld der Jahreshauptversammlung in Friedrichshafen am Samstag.

Zwar hätten die Fischer im vergangenen Jahr größere Mengen des Speisefischs gefangen als im bisher schlechtesten Jahr 2019. "Aber schon die ersten fünf Fangmonate im Jahr 2022 zeigen einen weiteren Rückgang des Felchen-Bestandes an", sagte die Sprecherin. "Es fährt zurzeit kaum ein Fischer zum Felchen-Fang auf den See, da es sich nicht lohnt." Die wenigen gefangenen Fische seien oft zu mager.

Stichling frisst Plankton weg

Die Gründe für den Rückgang bei den Fangmengen sind vielfältig. Zum einen führt der niedrige Phosphatgehalt des am Dreiländereck zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz gelegenen Bodensees zu weniger Zooplankton als Nahrung für die Felchen. Zum anderen frisst eine eingewanderte Fischart, der Stichling, seit einer explosionsartigen Vermehrung vor einigen Jahren nach Angaben des baden-württembergischen Landwirtschaftsministeriums immer mehr Plankton weg - und die Quagga-Muschel zieht immer mehr Nährstoffe aus dem Wasser.

Zu viele Kormorane

Nach Ansicht der Fischer tragen auch Kormorane zu dem Problem bei. Inzwischen lebten am Bodensee etwa 900 Brutpaare in mindestens acht Kolonien, sagte die IBF-Sprecherin. "Im Sommer fressen bis zu 4.000 Kormorane im See, im Winter sind es rund 1.500 Vögel." Die fräßen inzwischen mehr Fische als alle Fischer zusammen im Jahr fangen.

Seit mehr als zwanzig Jahren forderten die Fischer, die Zahl der Fisch fressenden Zugvögel zu regulieren - im Zweifelsfall auch mit Abschüssen. "Der Politik ist aber nichts Besseres eingefallen, als eine weitere Vorstudie zum Kormoran-Bestand in Auftrag zu geben", sagte die Sprecherin. Ergebnisse wurden bisher nicht veröffentlicht. "Der Vorgang ist noch in der Abstimmung", sagte ein Sprecher des baden-württembergischen Landwirtschaftsministeriums.

Fischer fühlen sich im Stich gelassen

"Wir Berufsfischer am Bodensee fühlen uns im Stich gelassen, egal bei welcher Thematik", sagte die IBF-Sprecherin. "Nährstoffe, Stichling, Quaggamuschel - es werden Studien um Studien gemacht, um die beste Lösung zu suchen. Dadurch verstreicht wertvolle Zeit ohne Handlungen." Gerade beim Kormoran gebe es die Möglichkeit, die Tiere stärker zu bejagen, um ihre Zahl zu senken. Naturschutzverbände lehnen das aber ab, weil die Vögel gesetzlich geschützt sind.

Zahl der Fischer geht zurück

Die Zukunft der Berufsfischer sehe daher "alles andere als rosig aus", sagte die Verbandssprecherin. "Wenn es so weitergeht, wird sich der Trend, dass immer mehr Fischer ihren Beruf aufgeben, fortsetzen." Derzeit hätten nur noch 63 Fischer am Bodensee ein Hochseepatent, also die Erlaubnis, in vollem Umfang der Fischerei nachzugehen. In den Achtzigerjahren seien es noch 180 gewesen.

Bis zum Jahr 2030 würden zudem mindestens 20 weitere Fischer das Pensionsalter erreichen, betonte die Sprecherin. Nachwuchs gebe es kaum. "Wer möchte aber seinen Kindern guten Gewissens raten, einen Beruf ohne Perspektive zu erlernen?" Ohne zukunftsfähige Strategien werde "man das Handwerk der Bodensee-Berufsfischer in nicht allzu langer Zeit nur noch im Museum betrachten können".

(APA)

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