In ihrer aktuellen Ausstellung im Kunsthaus Bregenz (20. Oktober bis 6. Jänner 2019) stehen ihre filmischen Werke, aber auch zwei Kreidezeichnungen im Mittelpunkt. “Wer diese Ausstellung versäumt, macht einen großen Fehler”, so Kunsthaus-Direktor Thomas D. Trummer.
Trummer sprach bei der Presseführung am Donnerstag von einer “großartigen Ausstellung” und machte aus seinem Faible für Dean kein Geheimnis: “Sie ist eine Künstlerin, die ich mein Leben lang verfolge.” Die Britin hat bereits 2003/04 im Kunsthaus Bregenz in einer Gemeinschaftsausstellung Werke präsentiert, nun steht ihr das Kunsthaus erstmals exklusiv zur Verfügung.
Monumentale Kreidezeichnungen
Im Erdgeschoß werden die Besucher mit zwei monumentalen Kreidezeichnungen konfrontiert. “The Montafon Letter” (sieben mal vier Meter groß) entstand 2017 und hat ein historisches Lawinendrama in der Vorarlberger Talschaft Montafon im Jahr 1689 als Grundlage, ein Originalbrief schildert die Ereignisse. Damals wurden 130 Menschen getötet, ein Pfarrer, der die Toten segnete, wurde ebenfalls von einem Schneebrett verschüttet – und soll anschließend von einer dritten Lawine wieder aus den Schneemassen befreit worden sein. Dean räumte ein, dass die Zeichnung auch eine politische Dimension habe. Wir lebten in einer Zeit “großer politischer Lawinen”, nannte sie explizit den Brexit und US-Präsident Donald Trump. So hoffe sie auf eine dritte Lawine, die uns wieder befreit.
Kunsthaus-Kurator Rudolf Sagmeister betonte, dass man “The Montafon Letter” – in amerikanischem Besitz – unbedingt in Bregenz zeigen wollte. Es handle sich um einen Glücksfall, dass es gelungen sei. Erst als Dean die Wände im Erdgeschoß des Kunsthauses gesehen habe, habe sie sich entschlossen, dem “Montafon Letter” noch eine zweite monumentale Kreidezeichnung entgegenzusetzen: “Chalk Fall” zeigt den Abbruch englischer Kreidefelsen und ist erst im vergangenen August entstanden. “Sie ist mit dem Schiff bei schlimmstem Wetter hingefahren”, verriet Sagmeister.
Hommage an die mythische Figur Antigone
Die oberen Stockwerke hingegen gehören ausnahmslos dem Film. Dean, die das Medium des fotochemischen Films zu bewahren versucht, zeigt im ersten Stock ihren jüngsten und aufwendigsten Streifen, der ebenfalls aus dem heurigen Jahr stammt und den Titel “Antigone” trägt. Uraufgeführt wurde er im Frühjahr im Burlington Garden, der neuen Ausstellungsfläche der Royal Academy in London. Zu sehen ist eine einstündige synchronisierte Projektion von zwei 35 Millimeter-Filmen. Als Hommage an die mythische Figur Antigone, Tochter des Ödipus, die ihren blinden Vater durch die Wildnis führt, entführt Dean mit ihrem Film in das Bodmin Moor in England, zum Yellowstone-Nationalpark und in die Savannen von Wyoming.
Musikstück ohne Ton
Ganz anders wurde das zweite Obergeschoß gestaltet. Unter dem Titel “Merce Cunningham performs STILLNESS…” (2008) wird auf sechs Leinwänden der damals 88-jährige Tänzer Cunningham gezeigt, der bewegungslos in einem verspiegelten Tanzsaal sitzt. Er performt dabei das bekannteste Stück seines Partners John Cage “4’33””, ein Musikstück, das ohne Ton die Stille feiert. Es ist lediglich das Rattern der Projektoren zu hören.
Im dritten Stockwerk ist das 2011 für die Turbinenhalle der Tate Modern konzipierte Werk “FILM” zu sehen. Mit alten Techniken des Films schuf Dean einen Streifen im Hochformat. Die Effekte des Films seien alle “ohne Digitalisierung” entstanden, betonte die Künstlerin. Dass der Film überhaupt entstand, ist auf eine schlaflose Nacht Deans zurückzuführen, nachdem das Studio, das jahrelang ihre Filme ausarbeitete, von heute auf morgen zusperrte, wie Dean erzählte.
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