AA

Feuertod: Hinterbliebene können Identitätsverlust erleiden

Auch für die Hinterbliebenen von Menschen, die bei einem Brand ums Leben gekommen sind, stellt das ein Problem dar, sagte der Schweizer Experte für Hinterbliebenenarbeit, Peter Fässler-Weibel, und warnt vor einem "Verlust der eigenen Identität".

Die Angehörigen sollten sich mit dem Todesverlauf und auch der Leiche konfrontieren, rät der Psychologe, der nach der Gletscherbahnkatastrophe in Kaprun die Hinterbliebenenbetreuung geleitet hat.

“Brände sind insofern eine Katastrophe, als das das letzte Hab und Gut, das den Menschen identifiziert, verloren geht”, so Fässler-Weibel. “Seine Kompetenzstücke, Bilder, Ausweise, das ureigenste, persönliche, gehen verloren.” Das ist für die Hinterbliebenen oft schwer, warnt der Experte. Ihnen drohe der Verlust der eigenen Identität, “weil sie gar nichts mehr haben, außer sich selbst.”

Den Angehörigen der Brandopfer rät er, sich mit der Todesursache auseinanderzusetzen. “Bei Bränden ist es oft so, dass es eine Rauchgasvergiftung gibt, die sehr sehr schnell wirkt, je nachdem, welche Böden, welche Materialien brennen”. Das Kohlenmonoxid lasse die Menschen sehr schnell das Bewusstsein verlieren: “Es dauert etwa 20 bis 30 Atemzüge, bis das Bewusstsein angetrübt ist und verloren geht. Der Rest ist ein physischer Akt: Das Herz schlägt so lange, bis es nicht mehr kann. Das dauert in aller Regel wenige Minuten.”

Die Hinterbliebenen sollten sich mit Fachleuten wie einem Lungenfacharzt zusammensetzen, der mit ihnen diesen “Prozess minutiös durchgeht”, so Fässler-Weibel. Anhand von Obduktionsberichten könne dieser mit ihnen nachvollziehen, wieviel Kohlenmonoxid im Blut war und ob die Person noch bei Bewußtsein war, als sie starb.

“Das heißt nicht, dass die Person nicht gelitten hat, die Zeitdauer und der Zeitraum dieser Schmerzempfindung sind aber begrenzt. Das sind ganz schwierige Basisempfindungen die den Angehörigen sehr wichtig sind”, betonte der Experte.

Ein weiteres Problem sind die oft entstellten und verkohlten Leichen. Hier sei es besonders wichtig, dass die Toten mittels DNA-Analyse einwandfrei identifiziert sind. “Es ist unumgänglich, dass der Angehörige weiß, der Angehörige ist meine Mutter.” Auch kann es mitunter hilfreich sein, sich die Leiche anzusehen, so schlimm der Anblick auch sein mag: “Neben der kognitiven Todesmeldung braucht es eine emotionale Identifiktaion. die ist sehr, sehr wichtig und relevant. Wenn sie nicht sicher sind, ob das ihr Mann oder ihre Frau war, beginnen sie irgendwann zu suchen, auch unterbewusst.”

Zwar gebe es auch Angehörige, die sehr gut mit einem solchen Verlust zurecht kommen, wer aber massive Probleme hat, sollte schnell Hilfe suchen. “Man soll das nach Möglichkeit nicht auf später schieben. Später ist die Höflichkeitsform von nie.” Und: “Je schneller man Hilfe sucht, desto schneller kommt man raus.”

  • VOL.AT
  • Brandkatastrophe in Egg
  • Feuertod: Hinterbliebene können Identitätsverlust erleiden