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Fall Elisabeth F.: "Verständlich, dass Kinder heile Welt spielten"

Das perfekte Doppelleben, eine heile Welt nach Außen hin und niemand hat etwas mitbekommen. Wie so etwas gehen kann? Gerichtssachverständige und Psychoanalytikerin Sonja Padlesak sah darin einen Auftrag, den die Kinder zu erfüllen hatten.

“Sie haben nach außen hin zeigen müssen, dass eh alles passt. Kinder sind abhängig von ihren Eltern, sich gegen eine bedrohliche Vaterfigur zu wehren, das geht nicht. Von daher ist es auch verständlich, dass die Tochter so lange keinen Ausweg gefunden hat”, so die Psychologin weiter.

Dass der Mann ein Doppelleben in einer “Beziehung” mit der Ehefrau und gleichzeitig mit der Tochter führte, sei nicht so einzigartig. “So etwas passiert ja leider öfters, dass ein Mann sein eigenes Kind missbraucht und die Mutter sagt, sie habe nichts mitbekommen”, erläuterte Padlesak.

Was in Amstetten passiert ist, sei aber weltweit ein Einzelfall. Von Schizophrenie könne man bei dem 73-jährigen mutmaßlichen Täter aber nicht reden. “Schizophrene Menschen wären viel zu labil das Ganze über so lange Zeit durchzuziehen”, erklärte die Psychoanalytikerin. Im Fall dieses Mannes seien viele Leugnungsmechanismen am Werk. Dieser Mensch habe von sich selbst extreme Realitätsverzerrungen darüber, was richtig und falsch sei. “Man bezeichnet das auch als kognitive Verzerrung”, erklärte die Psychoanalytikerin. “Dieser Mensch muss ein extrem erhöhtes Ich haben und eine sehr egozentrische, narzisstische Persönlichkeit sein, die denkt um sie kreise das ganze Universum.”

Zwei schwer abnorme Täter binnen kurzer Zeit in einem kleinen Land wie Österreich, von niemand bemerkt und als unauffällig beschrieben: Muss man Angst vor dem eigenen Nachbarn haben, dass er unbemerkt ähnliches im Schilde führen könnte? Parallelen zum Fall Kampusch und dem Täter Priklopil würde die Expertin nur bedingt ziehen. “Ich würde diese Fälle – auch wenn es Ähnlichkeiten gibt – nicht in einen Topf werfen. Den Schluss, nun vor dem unauffälligen Nachbarn Angst haben zu müssen, würde ich keinesfalls ziehen”, erklärte Sonja Padlesak im Gespräch mit der APA.

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