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Faktor Wlazny

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Gastkommentar von Johannes Huber. Hans Peter Doskozil hat schon recht, wenn er seine Genossen in Wien vor dem Chef der Bierpartei warnt. Aber nicht nur sie müssen sich fürchten.

Die Aussage, dass Dominik Wlazny, alias Marco Pogo, der neue Grüne sei, empört Grüne: Der Mann habe doch ganz und gar nichts mit Öko zu tun, meinen sie. Als würden sie nur wegen Umwelt- und Klimaschutz gewählt werden. Das ist ein Irrtum. Es geht um viel mehr: Soziales, Menschenrechte, Korruptionsbekämpfung, Weltoffenheit etc. Da wird ihnen Wlazny gefährlich, weil es für sie immer schwieriger wird, damit zu punkten. In Wien sind sie kaum noch wahrnehmbar und auf Bundesebene haben sie, in den Mühlen des Regierungsgeschäfts befindlich, den Kontakt zu den Leuten verloren. Dort trifft sie wachsende Unzufriedenheit über den Umgang der Politik mit all den Krisen.

Dominik Wlazny ist insofern ein neuer Grüner, als er – wie sie einst – von links kommend jung, leidenschaftlich und frisch eine Alternative zu etablierten Parteien und deren Vertretern verkörpert. Bei der Bundespräsidenten-Wahl hat er in einem ähnlichen Teich gefischt wie sie es bei Nationalrats- und Gemeinderatswahlen zu tun pflegen und bei Unter-30-Jährigen immerhin 20 Prozent erreicht. Zumindest ebenso alarmierend ist für sie, dass ihr Ex-Chef Alexander Van der Bellen in genau dieser Gruppe verloren hat gegenüber 2016 und diesmal nur klar gewonnen hat, weil ihn über 70 Prozent der ab 60-Jährigen unterstützt haben laut Wahltagsbefragung des Sozialforschungsinstituts SORA.

Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil warnt aber auch seine Genossen in Wien, sich warm anzuziehen: Die Bierpartei von Wlazny werde bei der nächsten Landtagswahl sicher ein Faktor sein, meint er. Das hat was und ist kein Widerspruch zur Sache mit den Grünen. Im Gegenteil: Wie sie der SPÖ über Jahre hinweg in eher zentrumsnahen Bezirken Stimmen „weggenommen“ haben, könnte das in ihrer Nachfolge die Bierpartei mit Wlazny oder eine andere, ähnlich gestrickte One-Man- oder One-Woman-Show tun.

Wobei der Punkt eben ist, dass es hier nicht um die Bierpartei oder Wlazny geht, der nach außen hin sichtbar allein für diese steht: Er füllt nur ein Vakuum, das sich in diesem Land auftut, weil Parteien und deren Vertreter für mehr und mehr Menschen „unten durch“ sind.  Links der Mitte bietet dieses Vakuum allen eine Chance, die sich engagieren wollen und über gewisse Fähigkeiten verfügen.

Ein solches Vakuum existiert auch rechts der Mitte: Die allgemeine Unzufriedenheit trifft die FPÖ genauso. Ihr Chef, Herbert Kickl, verfügt über die schlechtesten Vertrauenswerte überhaupt Ganze. 77 Prozent misstrauen ihm, so eine APA/OGM-Erhebung vom Sommer. In der Coronapandemie hat ihm die impfgegnerische Liste MFG wehgetan, bei der Bundespräsidentenwahl haben nun Tassilo Wallentin und Gerald Grosz seinem Kandidaten Walter Rosenkranz zugesetzt.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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