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Fahrer will von nichts gewusst haben

„Ich dachte, der alte Mann sei mit meinem Bruder und dem anderen Kollegen befreundet.“ Auch der Bruder sei unschuldig. Der Prozess am Landesgericht Feldkirch hat begonnen.
Brutaler Raub vor Gericht

Von Christiane Eckert / VOL.AT

Heute hat am Landesgericht Feldkirch der Prozess gegen die rumänischen Bettler begonnen, die in Alberschwende brutal einen Pensionisten zusammenschlugen.

Die Staatsanwältin hält ihr Eröffnungsplädoyer und schildert nochmals den brutalen Überfall auf den damals 65-jährigen Pensionisten in Alberschwende Anfang Dezember 2018. Wie der vor dem Fernseher Eingeschlafene sofort von den Tätern geprügelt und getreten wurde, obwohl er sofort sein weniges Geld heraus rückte. Wie die Täter den Mann knebelten und so zurichteten, dass er zwei Mal operiert werden musste. Die Männer rissen das Telefonkabel des Festnetzes heraus, so musste das Opfer, als es aus der Bewusstlosigkeit erwachte, zu Fuß zu seinem Nachbarn gehen, um Hilfe zu holen.

Auch in Rumänien straffällig geworden

Der Nachbar erkannte den Rentner nur an der Kleidung, das Gesicht war dermaßen zugeschwollen, dass der Anrainer das Opfer nicht erkannt hätte. Der Angeklagte, der als Fahrer fungierte bestreitet, dass er wusste, was im Haus drinnen passierte. Im Vorfeld hatten die zwei unmittelbaren Täter ihre Rolle abgeschwächt.

Während die Männer in Haft sitzen, wurden zwei der drei Täter in Rumänien nochmals wegen anderer Straftaten in ihrer Heimat verurteilt. Der bereits vierfach vorbestrafte Erstangeklagte fasste in Rumänien in Abwesenheit ein Jahr und acht Monate aus. Der bereits elffach vorbestrafte Zweitangeklagte bekam vier Jahre und drei Monate. Diese rumänischen Urteile sind bereits rechtskräftig. Ein europäischer Haftbefehl liegt vor. Diese Unterlagen sind dem Landesgericht Feldkirch erst gestern zugegangen.

Der Fahrer - VOL.AT / Christiane Eckert

Übel zugerichtet

Bereits bei der Einvernahme des Erstbeschuldigten, des Fahrers, wird deutlich, dass das alte Spiel, welches mehrere Angeklagte in der Regel spielen, auch hier stattfindet. Der Fahrer behauptet, er habe keine Ahnung gehabt, was die beiden vorhatten.

Die Musik war laut, er konnte nicht hören, was die anderen zwei sprachen, außerdem seien sie so betrunken gewesen, dass sie kaum zu verstehen gewesen seien. Er habe also keine Ahnung von dem brutalen Vorhaben gehabt. Dass man um zehn Uhr nachts zu dem alten Mann fuhr um angeblich zu betteln, habe ihn nicht gewundert. „Ich dachte, der alte Mann sei mit meinem Bruder und dem anderen Kollegen befreundet“, so die Angaben des Erstangeklagten.

Hin und herschieben

Auch der Bruder sei unschuldig. Der Fahrer sagt, sein Bruder habe auf der Fahrt nach Rumänien gesagt, dass der Dritte im Bunde so brutal zugeschlagen habe. Er selbst habe den alten Mann nicht angerührt. So geht es hin und her, jeder behauptet, erst dazu gestoßen zu sein, als der Kollege das Opfer bereits schwer verletzt hatte. Beide unmittelbaren Täter haben den Pensionisten angeblich bereits „blutüberströmt“ vorgefunden.  Man wird sehen, was der Schöffensenat von diesen Versionen hält.

Der zweite Angeklagte - VOL.AT / Christiane Eckert

Widersprüche über Widersprüche

Der mutmaßliche Haupttäter stand als Dritter Rede und Antwort. Doch sein Verantwortungsbewusstsein ist besonders abenteuerlich. Mehrmals weist Richterin Sonja Nachbaur darauf hin, dass es die Sache nicht besser macht, wenn man Dinge abstreitet.

„Ich hatte Angst, als mein Kollege den alten Mann schlug. Das war nicht meine Sache. Er war ein guter Mann und kannte meine Kinder und meine Frau und er war immer sehr großzügig“, scheint der 33-Jährige erschüttert. „1000 Mal entschuldige ich mich dafür, was passiert ist“.

„Nachdem mein Kollege den Mann so zugerichtet hatte, setzte ich das Opfer auf einen Stuhl, hielt es fest und wusch dem Mann das Blut ab“, so der rumänische Bettler. Der eigenen Aussage nach war er nur zur falschen Zeit am falschen Ort.

Nach der Einvernahme des Drittangeklagten stand die Einvernahme des Opfers auf dem Verhandlungsplan.

Opfer am Wort

Während der Einvernahme des Opfers werden die Angeklagten weggebracht, um einen nochmaligen Kontakt zu vermeiden.

Der 66-jährige Mann hat verletzungsbedingt nur noch schwache Erinnerungen an jene Nacht. Der Pensionist hat mittlerweile seine Kühe verkauft und will nicht mehr zurück in sein Haus. Zwei Mal wurde der Mann bereits operiert, doch die eingesetzten Platten heilen schlecht. Eventuell steht im September noch eine dritte OP ins Haus. Die Aussagen der Angeklagten kann er weder bestätigen noch dementieren. „Ich hatte die Augen mit Blut verklebt, ich habe nichts gesehen und bin immer wieder bewusstlos geworden“, so das Opfer.

Die von Opferanwalt Stefan Denifl beantragten 10.000 Euro Schmerzengeld erkennen zwei der Täter an, doch bezahlen werden sie das Geld mit großer Wahrscheinlichkeit nie.

Schöffensenat berät

Zur Zeit berät der Schöffensenat über die Zukunft der drei Angeklagten. Die Verteidiger der zwei Haupttäter argumentierten in ihren Schlussplädoyers, dass es keinen Sinn ergeben hat, den alten Mann niederzuschlagen. Er sei ja spendabel gewesen, somit – zu verstehen sei dies nicht. Die Alkoholisierung habe bestimmt eine Rolle gespielt, zudem sei die Situation einfach entgleist, so die Mutmaßung der Anwälte.

Opferanwalt Stefan Denifl sieht die Sache anders. „Das Opfer gab den Männern sofort 80 Euro, dennoch wurde er malträtiert und liegen gelassen“. Über den Zweck des Fotos, das der eine Täter von dem blutüberströmten Mann machte, kann man nur spekulieren. Denifl glaubt, dass es eventuell zum Herumprahlen oder zum Einschüchtern verwendet werden sollte.

Schlusswort

In ihren letzten Worten vor der Urteilsberatung betonen die Männer, dass sie niemals so etwas Brutales machen wollten. Dass sie ebenfalls Großeltern hätten und dass sie nicht ins Gefängnis wollen, weil sie ansonsten ihre Kinder in ihrer Heimat nicht aufwachsen sehen. Der Strafrahmen reicht zwar bis zu 15 Jahre. Da zwei der Männer aber kürzlich rechtskräftig in Rumänien bereits verurteilt wurden, kommt heute „nur“ eine Zusatzstrafe in Betracht. Das heißt, die in Rumänien gesetzte Straftat und der Alberschwende-Raub sind als Gesamtpaket zu beurteilen und es ist eine Gesamtstrafe für beide zu finden.

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