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Zwölf US-Soldaten unter Dutzenden Toten bei Anschlag

Bei einem Abschlag beim Flughafen von Kabul sind am Donnerstag mehrere Menschen getötet worden.
Bei einem Abschlag beim Flughafen von Kabul sind am Donnerstag mehrere Menschen getötet worden. ©AP
Bei einem Anschlag beim Flughafen von Kabul sind am Donnerstag zahlreiche Menschen getötet worden. Die BBC berichtete unter Berufung auf einen Offiziellen aus dem Gesundheitswesen von insgesamt 60 Toten.
Afghanistan: Rauch nennt ÖVP-Haltung "Schande"
USA befürchteten IS-Anschlag am Flughafen Kabul

Update 22.37 Uhr:
Zeugen zufolge ist die afghanische Hauptstadt Kabul am frühen Freitagmorgen (Ortszeit) erneut von einer starken Explosion erschüttert worden. Zwei Anwohner berichten aus Kabul von dem Geräusch einer schweren Explosion. Diese habe sich in einer Gegend drei bis vier Kilometer von Flughafen entfernt ereignet. Taliban-Sprecher Zabihullah Mujahid erklärte, die laute Explosion in Kabul gehe darauf zurück, dass die US-Truppen Munition sprengen. (APA)

US-Präsident Biden will sich in Kürze äußern

US-Präsident Joe Biden will sich noch am Donnerstag (17.00 Ortszeit, 23.00 MESZ) zu den tödlichen Anschlägen vor dem Kabuler Flughafen äußern. Dies teilte das Weiße Haus mit.

Terrormiliz "IS" reklamierte Anschlag für sich

Unter den Toten sind nach Angaben der US-Regierung zwölf amerikanische Soldaten. Der in Afghanistan aktive Ableger der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) reklamierte den Anschlag für sich.

Bereits zuvor hatten die USA den sogenannten IS-Khorasan für den Anschlag verantwortlich gemacht. Das US-Militär geht nicht davon aus, dass die militant-islamistischen Taliban ihre Finger im Spiel hatten. Auch die Taliban wollten, dass die US-Truppen bis zum 31. August das Land verließen, sagte Frank McKenzie, Chef des für die Region zuständigen Central Command der USA so McKenzie. Solange man dieses gemeinsame Ziel habe, sei die Zusammenarbeit mit den Taliban bisher sehr nützlich gewesen.

BBC berichtet von 60 Toten

Die BBC berichtete unter Berufung auf einen Offiziellen aus dem Gesundheitswesen von insgesamt 60 Toten. Der US-General Kenneth McKenzie, der das US-Zentralkommando Centcom führt, bestätigte am Donnerstag in einer Videoschaltung mit Journalisten im Pentagon, dass zwölf US-Soldaten getötet wurden. 15 US-Soldaten seien verletzt worden.

Der Angriff sei von mindestens zwei Selbstmordattentätern ausgeführt worden, so McKenzie. Nach den Detonationen hätten eine Reihe von IS-Kämpfern das Feuer auf Zivilisten und Soldaten eröffnet. Es sei mit weiteren Anschlägen der Extremistengruppe zu rechnen. Die USA würden jedoch dessen ungeachtet den Evakuierungseinsatz zu Ende führen. In Afghanistan dürften sich noch etwa 1.000 US-Bürger aufhalten, sagte McKenzie.

Zwei Explosionen in der Nähe des Flughafens

Insgesamt wurden zahlreiche Menschen bei dem Doppelanschlag getötet - die Taliban sprachen von 13 Todesopfern. Ersten Erkenntnissen nach gab es am Donnerstag zwei Explosionen in der Nähe des Flughafens. Eine ereignete sich an einem der Flughafentore, eine weitere bei einem nahe gelegen Hotel. Es gab Befürchtungen, dass die Zahl der Todesopfer noch signifikant ansteigt. Auf Videos waren Dutzende Opfer zu sehen.


©APA

Die nun getöteten US-Soldaten sind die ersten amerikanischen Soldaten, die seit dem Abkommen der USA mit den Taliban im Februar 2020 gewaltsam in Afghanistan ums Leben kamen.

UN-Generalsekretär António Guterres lud angesichts der chaotischen Situation und der angespannten Sicherheitslage in Afghanistan die Vetomächte zu einem Krisentreffen ein. Diplomatenkreisen zufolge sollen die Botschafter der USA, Chinas, Russlands, Großbritanniens und Frankreichs am Montag in New York mit dem UN-Chef zusammenkommen, um sich über die Lage auszutauschen.

Rauch steigt nach einer Explosion nahe des Flughafens in Kabul auf. ©AP

Die US-Regierung ging davon aus, dass die Extremisten-Gruppe IS-Khorassan, der afghanische Ableger des Islamischen Staats, hinter dem Angriff am Kabuler Flughafen steckt. Das sagte ein Insider, der mit Unterrichtungen des Kongresses vertraut war. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sagte, Terroristen hätten es auf Menschen abgesehen, die vor den Flughafentoren gewartet haben.

Ein Vertreter der Taliban verurteilte Angriff

Ein Vertreter der Taliban verurteilte den Angriff am Flughafen. "Angriffe auf unschuldige Zivilisten sind Terrorakte", sagt ein Vertreter der Islamisten dem türkischen TV-Sender Habertürk. Dass solche Angriffe stattfänden, liege an der Anwesenheit ausländischer Truppen.

Vor dem Flughafen hat es nach ersten Erkenntnissen zwei Explosionen gegeben - eine an einem der Flughafentore und eine bei einem nahe gelegenen Hotel. Ein auf Twitter geteiltes Bild, das offenbar vom Inneren des Flughafengeländes aufgenommen wurde, zeigte eine große Rauchwolke. Der lokale Fernsehsender ToloNews veröffentlichte auf Twitter Bilder, auf denen zu sehen ist, wie Verletzte in Schubkarren transportiert werden. Ein Augenzeuge erzählte dem TV-Sender, die Explosion sei sehr stark gewesen. Manche Menschen seien ins Wasser - an einem Gate ist ein langer Wassergraben - und mehrere ausländische Soldaten zu Boden gefallen. Er habe auch Tote gesehen.

Der gut vernetzte afghanische Journalist Bilal Sarwari schrieb auf Twitter, ein Selbstmordattentäter habe sich in einer großen Menschenmenge in die Luft gesprengt. Mindestens ein weiterer Angreifer habe danach das Feuer eröffnet. Sarwari berief sich auf mehrere Augenzeugen in dem Gebiet.

Nach der Explosion hätten US-Soldaten an einem anderen Flughafengate Tränengas eingesetzt, um die Menschen auseinander zu treiben, sagte ein Bewohner Kabuls, der an diesem Gate war. Er schätzte, zu dem Zeitpunkt seien dort 2.000 bis 4.000 Menschen gestanden. Mehrere Frauen und Mädchen seien durch das Tränengas verletzt worden.

Deutschland, Italien, Großbritannien und die Türkei erklärten, es seien keine Soldaten aus ihren Ländern unter den Opfern. Es gebe keine Hinweise, dass bei dem Anschlag am Donnerstag Österreicher zu Schaden gekommen seien, teilte das Außenministerium der APA auf Anfrage mit.

Evakuierungen werden immer schwieriger

Angesichts der Terrorgefahr und den zu Ende gehenden Evakuierungsflügen wird eine Evakuierung der verbliebenen mehreren Dutzend Österreichern aus Afghanistan immer schwieriger. Die Bemühungen, Österreicher und Personen mit österreichischer Aufenthaltserlaubnis bei der Ausreise zu unterstützen, liefen mit Hochdruck weiter, sagte Außenministeriumssprecherin Gabriele Juen am Donnerstag. Die Krisenteams des Außenministeriums würden in den Nachbarländern ihre Bemühungen fortsetzen, die Österreicher vor Ort bestmöglich zu unterstützen und auch an den Grenzen zu den Nachbarländern bei einer möglichen Ausreise über den Landweg helfen.

89 Österreicher aus Afghanistan gebracht

89 Österreicher wurden bisher aus Afghanistan gebracht. Allerdings organisiert Österreich keine eigenen Evakuierungsflüge, sondern bat andere Länder - darunter Deutschland -, die betroffenen Personen mitzunehmen.

Sicherheitslage hat sich zugespitzt

Die Sicherheitslage rund um den Flughafen hatte sich in den vergangenen Stunden noch einmal deutlich zugespitzt. Mehrere Länder hatten vor einer Terrorgefahr gewarnt. Die US-Botschaft hatte US-Bürger, die sich am Abbey Gate, East Gate oder North Gate aufhielten, in der Nacht zu Donnerstag dazu aufgerufen, das Gebiet "sofort" zu verlassen. Großbritanniens Staatssekretär im Verteidigungsministerium, James Heappey, sprach noch am Donnerstagmorgen von der Drohung eines "ernsthaften, unmittelbaren, tödlichen Angriffs" binnen Stunden auf den Flughafen oder die von westlichen Truppen genutzten Zentren.

Einige internationale Partner hatten die USA zu einer Verlängerung des Einsatzes aufgefordert, um noch mehr Zeit für die Evakuierungen zu haben. Der Militäreinsatz ist von den US-Truppen abhängig. Taliban-Kämpfer sollen an ihren Kontrollstellen im Umfeld des Flughafens bereits mehrere Attentäter der Terrormiliz IS abgefangen und getötet haben, heißt es aus Militärkreisen.

(APA)

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