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Experte: Wie geht man mit "bösen" Hunden um?

"Böse Hunderassen" gibt es laut dem Experten keine.
"Böse Hunderassen" gibt es laut dem Experten keine. ©pixabay.com
Hunde die bellen, beißen nicht. Das Sprichwort ist nicht ganz auf die Hundeerziehung anzuwenden. Es gibt nämlich keine "guten" und "bösen" Hunde. Schlussendlich hängt das aggressive Verhalten der Vierbeiner zum größten Teil von Herrchen oder Frauchen ab.

Meist sind es tragische Fälle wie durch Bisse schwer verletzte Kinder, die das Thema immer wieder in den Vordergrund rücken: Gibt es "gute" und "böse" Hunde, und wie sollen Menschen mit den vermeintlich "bösen" Exemplaren umgehen? Jochen Stadler erläutert in seinem Buch, warum diese Fragen eigentlich in erster Linie den Menschen selbst betreffen und Verbote bestimmter Rassen keine Lösung sind.

Menschen müssen Signale verstehen

"Der tut nix, der will nur spielen", sagen manche Hundebesitzer über ihren pelzigen besten Freund. Doch unbedachte Aktionen, etwa eines Kindes, können unter Umständen gefährlich werden. Beißt ein Hund "ohne Vorwarnung" zu, ist die Bestürzung groß: Die Menschen schimpfen Hunde Bestien und fordern Verbote bestimmter - "gefährlicher" - Rassen. Dabei gibt das Tier dem Menschen vor seiner Handlung eine Reihe von Signalen, wie Hundeexperte Stadler erläutert. Der Mensch sollte sich dieser allerdings bewusst sein und sie deuten können, wenn er sich einem Hund nähert oder ihn sogar berührt. Für Hunde sei es der letzte Ausweg, einen Menschen zu verletzten, wenn sämtliche Warnungen missachtet wurden.

Mit kleinen Kindern etwa sollten Hunde, auch wenn sich beide kennen, nie allein gelassen werden. Anlass, das Buch zu schreiben war für Stadler der Fall des 17 Monate alten Waris, der in Wien nach einer Hundeattacke starb. "Ich fand es schlimm, wie unsachlich die Diskussion darüber geführt wurde", sagte er im Gespräch mit der APA.

Es gibt keine "bösen Kampfhunde"

Ob Hunde beißen oder aggressiv sind, sei jedenfalls keine Frage der Rasse, betont der Autor. Wissenschafter hätten längst gezeigt, dass es "böse Kampfhunde" genauso wenig gibt wie "Zuschnellfahrautos", heißt es im Buch. Anhand aktueller Daten erläutert Stadler, dass ein Verbot bestimmter Rassen nicht zu einer Verringerung der Bissvorfälle führe. So werde etwa bereits von Forschern aus Dänemark - wo seit 2010 das strengste Rassenhundegesetz Europas herrscht - vermeldet, dass dieses nichts zu einer Verbesserung geführt habe. In Wien bedeute es seit kurzem das Todesurteil für einen Hund, falls dieser einen Menschen beißt, kritisiert Stadler die restriktive Anlassgesetzgebung und plädiert für eine auf Forschung basierte Auseinandersetzung. "Law-and-order"-Politik habe mancherorts sogar zu mehr Zwischenfällen geführt.

Risiko an Besitzer gekoppelt

Wenn überhaupt, sei das Hundebissrisiko nicht mit Rassen, sondern eher mit den Besitzern gekoppelt. Ist das Frauerl oder Herrl z.B. schwer alkoholisiert und führt dabei seinen Hund, behandelt es den Vierbeiner nicht wie gewohnt - was wiederum das Tier unruhig mache. Werde etwa die Schutz- oder Wachhundeausbildung mittendrin abgebrochen, führe das zu Unsicherheit beim Tier und sei sehr gefährlich, so Stadler. Das liege in den Händen der Hundebesitzer, die mit diesem Buch auch einen Appell für mehr - auch theoretischer - Beschäftigung mit ihren Tieren in Händen halten. In Situationen, in denen Primaten gerne kuscheln, trifft dies auf Kaniden beispielsweise nicht zu.

Stadler gelingt eine sehr umfangreiche Thematisierung des nicht immer einfachen, aber bereichernden Zusammenlebens von Mensch und Hund inklusive Abriss der Jahrtausende alten gemeinsamen Geschichte. Der Autor berichtet über Neues aus der Verhaltensforschung, richtiges Hundetraining und Merkmale guter Züchter. Verständlich analysiert und oft witzig beschrieben, wird das Anliegen des Autors, etwas zum gegenseitigen Verständnis und guten Zusammenleben der beiden Spezies beizutragen, mehr als deutlich. Unterlegt mit einer Vielzahl aktueller Forschungsergebnisse und Daten informativ für alle, die sich mit dem Thema abseits von Populismus beschäftigen möchten.

(APA/red)

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